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Welche Forderungen?

Eine Debatten über die Forderungen der Schulstreikbewegung

Der bundesweite Schulstreik steht in einem Monat an. Auf Kongressen, auf Bündnistreffen und in Internetforen laufen Diskussionen darüber, welche Forderungen die Bewegung aufstellen sollte. Die Frage der Forderungen ist in der aktuellen Situation besonders wichtig, da die Bundesregierung das Thema Bildung für sich entdeckt hat und jetzt ebenfalls „Bildung für alle!” ruft. Mit unseren Forderungen dürfen wir der Regierung nicht hinterherrennen, da wir ganz andere Ziele verfolgen.

Also wie gehen wir vor? Manche sagen, es sollen nur reformistische Forderungen erhoben werden, um eine breite Bewegung zu ermöglichen; andere sagen, eine antikapitalistische Grundhaltung soll in jedem Aufruf klar werden. Wir wollen, durch eine Auseinandersetzung mit den Forderungen von SAV (die eher für die erste Position stehen) und ARAB (eher für die zweite), einige Bemerkungen dazu machen, welche Forderungen die revolutionäre Linke in die SchülerInnenbewegung einbringen sollte.


eine Forderung vom Berliner Schulstreik im Mai 2008

Die Autonomen

Für die Antifascistische Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB) muss alles sehr antikapitalistisch sein – für den SchülerInnenkongress haben die GenossInnen einen Referenten vom „Gegenstandpunkt” geholt, der in einem 70minutigen Vortrag erklärte, dass Forderungen nach besserer Bildung ohne eine antikapitalistische Perspektive reaktionär und abzulehnen seien. Die ARAB pocht in diesem Sinne immer auf ANTIKAPITALISMUS mit großen Buchstaben. So heißt es in einem Beitrag aus dem Umfeld der ARAB, die radikale Linke müsse „sich hier in die Organisierung und Mobilisierung [einbringen,] um eine deutliche Kritik am kapitalistischen System in der Bewegung zu verankern”. Aber heißt das, dass die antikapitalistische Kritik einfach neben den reformistischen Forderungen steht? Anscheinend schon, denn die einzigen Forderungen in einem Aufruf aus dem Umfeld von ARAB sind: „Für eine revolutionäre Jugendbewegung! Gegen die Gesamtscheiße – Kapitalismus abschaffen!” Mensch hat nichts dagegen, aber... Das läuft leider auf eine reformistische Praxis mit linksradikalen Phrasen hinaus, denn die unmittelbaren Forderungen bleiben die Gleichen wie bei „Bildungsblockaden einreißen!”.

Wir glauben, dass wir eine „deutliche Kritik am kapitalistischen System” schon in den Forderungs- und Praxisvorschlägen für die Schülerbewegung zum Ausdruck bringen können – wir glauben, dass wir zumindest ansatzweise sagen können, was eine revolutionäre Jugendbewegung machen würde, wenn wir sie erstmal hätten. Deswegen sollen wir Forderungen entwickeln, die die Kämpfe und die Organisierung der SchülerInnen vorantreiben – die auch einen Weg zu größeren Kämpfen und letztendlich zur Weltrevolution aufzeigen.

Wie wir das in unserem Grundsatzprogramm beschreiben: „Wir nehmen die Forderungen der Kämpfe im „Hier und Jetzt” auf und verbinden sie mit der Perspektive einer gesellschaftlichen Umwälzung. In jedem Kampf sollen Forderungen erhoben und Strukturen geschaffen werden, die die Massen in die politische Auseinandersetzung hineinziehen, Verbindungen zu anderen Kämpfen herstellen und den Rahmen des Kapitalismus in Frage stellen. Auf diese Art können wir eine Brücke bauen: zwischen den Kämpfen von heute gegen die Auswirkungen des Kapitalismus und dem revolutionären Kampf gegen das System selbst."

Das sind Ansätze für die berühmten Übergangsforderungen, von den die TrotzkistInnen immer erzählen. Solche Forderungen sollen Beiträge zu laufenden Kämpfen darstellen, die für alle Kämpfende annehmbar sind, aber gleichzeitig eine viel weitergehe Dynamik beinhalten. Z.B. die Forderung nach Streikkomitees und Basisstrukturen an jeder Schule ist unerlässlich für einen erfolgreichen Streik. Aber die Forderung, dass solche Strukturen die Kontrolle über die Schule erkämpfen sollen, stellt das ganze bürgerliche Bildungssystem in Frage.

Die SAVlerInnen

ABER! Ist das nicht ein Propagandatrick? Als wollten wir die SchülerInnen in einen revolutionären Kampf hineinziehen, ohne das sie das merken? Jein. Die großen Organisationen mit trotzkistischem Selbstverständnis wie Linksruck/Marx21 und SAV machen das tatsächlich so: sie stellen Forderungen auf, die im Rahmen des Kapitalismus nicht umsetzbar sind. (In der Regel heißt das konkret, dass mensch die reformistischen Forderungen aufgreift und dann verdoppelt bis verzehnfacht.) Sie wissen, dass sie nicht umsetzbar sind - aber sie sagen das nicht, und zwar in der Hoffnung, dass die Menschen dafür kämpfen, dabei an die Grenzen des Systems stoßen und sich dadurch radikalisieren.

Die SAV-GenossInnen reden ständig davon, dass mensch eine „Brücke bauen” müsse: eine Brücke zwischen dem Bewusstsein der Massen und dem marxistischen Programm. Doch wir würden entgegenhalten, dass mensch keine Brücke bauen kann, wenn mensch auf einem Ufer steht und einfach losbaut – mensch muss genau zeigen können, wo das andere Ufer liegt. Konkret heißt das, dass das Ziel der sozialistischen Weltrevolution (und alles, was dazu gehört: Aufstände und Arbeiterräte und wirklich alles!) klar benannt werden muss. Nicht unbedingt in jedem Aufruf – auch wir wollen nicht, dass die Weltrevolution auf jedem Schulstreik-Flyer gefordert wird! – aber schon in der öffentlichen Arbeit einer revolutionären Organisation.

Wir müssen jede konkrete Forderung, die den Alltag der SchülerInnen verbessert, unterstützen, auch wenn diese nicht systemsprengend sind. Doch solche Forderungen müssen wir anderen kombinieren, die über kleine Verbesserungen hinausgehen. Und vor allem müssen wir sagen, dass auch kleine Verbesserungen nur über Kämpfe zu erreichen sind. Dabei kümmert es uns nicht, ob unsere Forderungen “realistisch” sind. Wir machen keine Vorschläge an die Bourgeoisie, wie sie ihr Bildungssystem am besten gestalten soll. Unsere Forderungen sollen möglichst viele SchülerInnen dazu bewegen, selbst für ihre Rechte zu kämpfen.

Also?

Zum Schluss: Wir glauben, dass es einen Mittelweg zwischen den abstrakt-antikapitalistischen Phrasen der ARABs und den radikal-reformistischen Forderungen der SAVlerInnen gibt. Wir glauben, dass die radikale Linke solche Übergangsforderungen in die Bewegung hineintragen soll. (Wir hätten das auch versucht, wenn die Diskussion zur Abschlusserklärung des SchülerInnenkongress nicht durch die Grabenkämpfe zwischen SAV und der diffusen Anti-SAV-Front aus LSV, SDAJ, GAM, Antifa usw. gesprengt worden wäre!) Das wären Forderungen über die Notwendigkeit der Organisierung der SchülerInnen vor Ort sowie international, über die Notwendigkeit der “SchülerInnen- und LehrerInnen-Kontrolle” in der Schule usw. Dabei soll ein SchülerInnenbündnis keine feste ideologische Grundlage haben – auch nicht eine marxistische – weil es in erster Linie um Aktionen geht, und dann auch um die Forderungen, die notwendig sind, um diese Aktionen zu entfalten.

Die hier formulierte Kritik an den GenossInnen von SAV und ARAB ist nicht als Angriff gemeint – da wir die Arbeit beider Gruppen in der Schulstreikbewegung sehr hoch schätzen – sondern als Beitrag zur Debatte über Forderungen, der sich notwendigerweise mit den Beiträgen anderer Gruppen auseinandersetzen muss.

//von Wladek, Mitglied der unabhängigen Jugendorganisation REVOLUTION
//PS: Dieser Text wurde in der Gruppe diskutiert, aber nicht abgestimmt.

 

Bericht vom SchülerInnenkongress

Nachbereitung des SchülerInnenkongresses

Flyer von Revo zum Bildungsstreik

alle Infos über Bildungsproteste

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