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Für eine unabhängige Jugendorganisation!

 

"Wir sind für die vollständige Selbständigkeit der Jugendverbände" - Lenin

Wir leben in Zeiten, in denen die traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung sich im Niedergang befinden. Sozialdemokratische und stalinistische Parteien verlieren immer mehr an Einfluss unter den ArbeiterInnen – dieser Mangel an Organisierung bedeutet, dass die Klasse immer weniger in der Lage ist, ihre historischen Errungenschaften zu verteidigen. Es bedeutet aber gleichzeitig auch, dass der Reformismus immer weniger in der Lage ist, aufkeimende Kämpfe zurückzuhalten.

In diesen Zeiten bekommt die Jugendbewegung eine Schlüsselrolle. In den letzten zehn Jahren haben wir immer wieder Massenbewegungen gesehen, die von Jugendlichen angespornt oder sogar angeführt wurden. Im letzten halben Jahr in Frankreich und Chile haben radikale Schülerproteste Bewegungen entfachtet, die in Generalstreiks gipfelten. In Europa und den USA haben Hunderttausende junge AktivistInnen auf Gipfelstürmen und Sozialforen die antikapitalistische Bewegung aufgebaut.

Aber diesen Bewegungen fehlen eigene, aus der Bewegung selbst hervorgegangene und von ihr kontrollierte Führungen. Die Frage nach dem "Wohin?" wird also zwangsläufig von reformistischen oder rein bürgerlichen Parteien bestimmt, von denen der Drang nach Massenprotesten in die Richtung christlicher Reformbewegungen (Anti-G8 in Schottland) oder nutzloser Quatschveranstaltungen (ESF in London) gelenkt wird. In dieser Situation müssen RevolutionärInnen die jungen AktivistInnen dazu aufrufen, die Führung ihrer Bewegungen in die eigene Hände zu nehmen, in dem sie sich organisieren, in dem sie eine eigenständige, revolutionäre Jugendorganisation bilden.

Die Losung für die Unabhängigkeit der revolutionär-kommunistischen Jugendorganisation hat in diesem Kontext einen doppelten Sinne: erstens soll sie dazu dienen, sich nach links bewegende Jugendliche von den reformistischen Organisationen zu brechen und ihre spontane Radikalität in eine revolutionäre Richtung zu lenken. Zweitens sollen junge AktivistInnen durch den Aufbau und die Konsolidierung ihrer eigenen Organisation die notwendigen Fähigkeiten erwerben, um in der breiteren Bewegung zu intervenieren.

Die Losung der Jugend-Internationale, als Schritt zur Schaffung einer revolutionären Arbeiterinternationale, ist in jeder Situation richtig, auch wenn wir von der Schaffung einer solchen weltweiten Massenorganisation weit entfernt sind. Aber diese Losung wird nur greifbar, wenn wir mit unserer eigenen Praxis eine möglichst unabhängige Jugendorganisation aufbauen. Durch unsere eigene Aktivität können wir beweisen, dass Jugendliche in der Lage sind, sich selbstständig zu organiseren.

 

"Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Aber praktisch gibt es einen" - Jan L.A. van de Snepscheut

Auf der Ebene der reinen Theorie gibt es vermutlich in unserer Organisation weniger Differenzen. Doch die anhaltende Krise in REVOLUTION basiert darauf, dass die Praxis der LFI-Fraktion in Revo diesen Grundsätze sehr oft widerspricht. Einige Beispiele:

- Das LFI-IS hat das Statut für REVOLUTION ausgearbeitet und beschlossen
- Das LFI-IS hat den ersten demokratisch-zentralistisch gefassten Beschluss der Konferenz in Wien 2005 nachträglich aufgehoben, ohne jemals das RIC oder dei Delegierten dieser Konferenz zu informieren
- Das LFI-IS hat das Bilanzdokument für die zweiten Konferenz von REVOLUTION geschrieben, und wie bereits auf der ersten Konferenz waren die LFI-Mitglieder (13 von 18 Delegierten) gezwungen, für dieses Dokument zu stimmen
- Die LFI-Fraktion bekommt bei allen internationalen Konferenzen genaue Vorgaben

Wie kann man angesichts solcher Vorgänge von REVOLUTION als einer unabhängigen Organisation sprechen? Wir müssten eindeutig von einer unterordneten Organisation sprechen. Für uns macht es keinen Unterschied, ob das LFI-IS direkt oder durch ein Untergremium, z.B. ein vollständig von ihm kontrolliertes RIC, handelt. Wir lehnen diese Unterordnung sowohl theoretisch als auch praktisch komplett ab.

Immerhin stellt die LFI theoretisch fest, dass laut Lenin und Trotzki Jugendorganisationen "frei von jeglicher Bevormundung und Dominanz sein sollen". Ihre Praxis stellt jedoch – trotz der Leugnung dass solche Vorgänge stattfinden - eine Art der Jugendunterdrückung dar. Es ist schlicht Bevormundung.

Dazu kommt, dass die LFI ihre größeren finanziellen Ressourcen benutzt, um die Zusammensetzung von Revo-Konferenzen zu bestimmen. Wie nennt man es nochmal, wenn Erwachsene ihre finanziellen Privilegien benutzen, um Jugendliche zu beeinflussen? Trotzki nannte das Erpressung.

War die LFI früher, angelehnt an Lenin, offiziell für die "vollständige Selbständigkeit der Jugendverbände", verfehlt sie diese Position in der Praxis komplett und passt ihre Theorie Stück für Stück der eigenen Unfähigkeit mit Jugendlichen und neuen Ideen umzugehen, an. So verändern sich auch die Termini der LFI immer mehr von „vollständiger Selbständigkeit" in Richtung „organisatorischer Unabhängigkeit", "struktureller Unabhängigkeit" bis hin zu Forderungen nach politischer Unterordnung (manchmal mit dem Begriff der "politischen Solidarität" getarnt, die ja in unserem Statut von der LFI verankert wurde). Diese Positionen passen ganz gut in eine stalinistische oder maoistische Partei, haben aber mit den Positionen der Kommunistischen Internationale oder der LFI selbst wenig gemein.

 

"Die Wahrheit ist immer revolutionär" - Trotzki

Wir können weder die vom LFI-IS gemachten Beschlüsse noch die von ihm inszenierte Konferenz anerkennen. Hier geht es nicht so sehr um die einzelnen Entscheidungen – zum Beispiel sind wir auch der Meinung, dass eine große internationale Mobilisierung gegen die G8 in Heiligendamm dringend erforderlich ist - sondern um die Art, wie diese Entscheidungen getroffen werden: von den Strukturen der LFI, mit den Strukturen in Revo als Gummistempel.

Hieß es früher, es gäbe keine LFI-Fraktion in Revo, hören wir nun meist, es gäbe schon eine Fraktion aber keine "Geheimfraktion". Wenn wir sie aber dennoch "geheim" nennen, beziehen wir uns nicht auf ihre Mitglieder (welches Revo-Mitglied zur „Liga“ gehört ist zwar nicht immer ganz klar, lässt sich aber dennoch recht einfach herausfinden), sondern auf die Praxis der LFI. Sie fasst Beschlüsse. die für ihre Mitglieder in Revo bindend sind und die daher jegliche Diskussion auf der Konferenz und innerhalb des RIC ad absurdum führen. Nicht die besseren Argumente und Ideen zur Weiterentwicklung von REVOLUTION setzen sich durch, sondern aufgrund der Mehrheit immer die vorher festgelegten LFI-Positionen.

Damit verkennt und verleugnet die LFI sowohl den Charakter, als auch die Aufgabe einer Jugendorganisation, die nicht darin besteht, alte Weisheiten (so richtig, die auch sein mögen) stur zu wiederholen, sondern sich selbst und die gesamte Bewegung weiterzuentwickeln. Dabei ist ein selbstgemachter Fehler, aus dem man lernen kann, hundert mal nützlicher als eine "richtige" Entscheidung, die von außen aufgezwungen wird.

Diese Praxis läuft seit mehreren Jahren und ist keineswegs eine "Ausnahme" für "besondere Umstände". Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass diese Praxis irgendwann aufhören wird, da die LFI Jugendlichen per se die Fähigkeit abspricht, eigene Perspektiven und Aktionsmöglichkeiten auf dem Boden des Marxismus zu entwickeln. Vom paternalistischen Standpunkt des „wir wissen es sowieso besser“ ist sie gezwungen, den Weg, den sie als den besten auserkoren hat, durch undemokratische Mittel wie Geheimfraktionen durchzusetzen.

Deshalb sehen wir keinen Sinn, eine Minderheit in einem LFI-Gremium zu stellen, wo wir gegen die Beschlüsse des IS protestieren, aber nicht das Geringste mitbestimmen können.

Wir haben bereits vor drei Monaten geschrieben: "Aus formell demokratischer Sicht ist an dem ganzen Vorgang nichts auszusetzen. In einer demokratischen Organisation darf die Mehrheit machen, was die Mehrheit will. Doch damit bleibt die Frage, wozu man dann eine internationale Konferenz überhaupt braucht."

Aber eigentlich passt diese Praxis nicht in irgendeine Demokratiekonzeption: IS-Instruktionen und -Beschlüsse nach der Wahl der Delegierten in Revo vergeben, und wir haben ganz konkret gesehen, dass LFI-Delegierte leugnen, dass sie nach IS-Instruktionen handeln werden, und außerdem nicht den Positionen verpflichtet sind, die sie selbst in ihrer Gruppe unterstützt haben, sondern den Positionen des IS.

Das aktuelle RIC, zu hundert Prozent aus LFI-Mitgliedern bestehend, aber nicht einmal von hundert Prozent der stimmberechtigten Delegierten gewählt, ist eine Farce und entbehrt jeder Legitimität. Unseres Wissens hat sich noch kein unabhängiges Mitglied auftreiben lassen, das die fraktionellen Beschlüsse der LFI auf der letzten Konferenz, z.B. den Ausschluss von Revo Australien, unterstützt. In dieser Situation von einer "zuverlässigen Führung" zu sprechen ist einfach lächerlich.

 

"Unsere Tendenz ist nötig, solange eine geschlossene Mehrheitsfraktion die Organisation kontrolliert." - iRevo-Gründungserklärung

Die Gründung von iRevo war notwendig, um ein Gegengewicht zur LFI-Fraktion zu schaffen und den Unabhängigen in REVOLUTION eine Möglichkeit zu geben, sich abseits vom Micromanagement der LFI-Führung zu organisieren. Wir fordern die LFI nochmals dazu auf, mit ihrer zerstörerischen Praxis der geheimen Fraktionsarbeit Schluss zu machen. Wir fordern die LFI dazu auf, ihre Mitglieder für die Arbeit in REVO vom imperativen Mandat zu entbinden, da dieses Demokratie unmöglich macht. Es ist notwendig, dass völlige Offenheit über ihre Arbeit herrscht. Konkret: wenn die LFI ein besonders revolutionäres Statut für REVOLUTION hat, soll sie es Revo vorschlagen und von allen Mitgliedern, d.h. von LFI-Mitgliedern und Unabhängigen, frei diskutieren lassen. Dieses Statut bürokratisch aufzusetzen, in dem die LFI-Fraktion befohlen wird, dafür zu stimmen, ist nicht hinnehmbar.

Wir halten nichts von der These, dass diese strukturellen Probleme gelöst werden können, wenn es mehr Zentralismus oder mehr Mitglieder in Revo gibt. Die Probleme werden sich höchstens in größeren Rahmen reproduzieren.

Zwischen der LFI-Jugend und iRevo gibt es wichtige politische Differenzen. Doch die sogenannten Differenzen über Kampagnenarbeit halten wir für vorgeschoben: als REVO/DE auf der internationalen Konferenz darlegte, wie sie in den nächsten Monaten in die Mobilisierung für einen Schülerstreik intervenieren würden, wurden sie als "passive Propagandisten" denunziert. Die Alternative, die das LFI-RIC vorschlägt? Sie sollen in die Mobilisierung für einen Schülerstreik intervenieren! Der einzige Unterschied, der möglicherweise besteht, ist, dass REVO/DE rote Fahnen nur in die Hände solcher jungen Leute gibt, die auch wissen, warum sie diese Fahne in der Hand halten.

Unsere Differenzen bestehen in der Frage der Unabhängigkeit – in der Frage, ob die LFI Entscheidungen für Revo treffen soll; ob "unabhängige Jugendorganisation" eine Phrase ist, um linke Jugendliche anzulocken oder ob diese Jugendlichen sich selbstständig organisieren können und sollen, oder ob eine Jugendorganisation, die ohne die kontinuierliche Leitung durch einen 40jährigen Funktionär nach eigenen Angaben "einfach nicht funktionieren würde", als unabhängig, jugendlich oder überhaupt revolutionär bezeichnet werden kann.

Wir sind der festen Überzeugung, dass junge KommunistInnen sich selbstständig organisieren können und müssen. Die Forderung von unabhängigen Revos aus England, dass es zwangsläufig eine Mehrheit von nicht-LFI-Mitgliedern in allen Gremien geben muss, halten wir für prinzipiell richtig. Doch viel wichtiger in unseren Augen ist die Auflösung der LFI-Fraktion. Wie wir immer wieder aufgezeigt haben, war weder in der YSA/US in den 50ern, noch in der YPSL/US in den 30ern, noch irgendwo sonst in der Geschichte der kommunistischen Jugendbewegung die Praxis einer "Partei"-Fraktion in der Jugendbewegung üblich.

REVOLUTION ist eine politische Jugendorganisation; das heißt, es geht nicht um den von der LFI propagierten bloßen Aktionismus, mit der LFI im Hintergrund als inoffizielle Führung und Thinktank. Wie Trotzki schon vor mehr als sechsig Jahren meinte: "Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre die Etablierung einer Arbeitsteilung innerhalb der Jugendorganisation: die junge Basis spielt mit Fahnen und Trompeten, während ausgewählte Kader sich um die Politik kümmern." Bei diesem Zitat ist es eben schwer, nicht an Revo zu denken...

Es geht vielmehr darum, Aktionsbezogenheit mit einem selbstständig entwickelten politischen Profil zu vereinigen. REVOLUTION ist eine unabhängige Organisation, die ihre Politik selbst erarbeiten, nicht einfach vorgelegt bekommen muss. Nur wenn die Mitglieder von REVOLUTION sowohl aktiv am Aufbau als auch an der inhaltlichen Ausgestaltung der Organisation beteiligt sind und sich somit mit der Organisation und ihren Zielen identifizieren können, können wir die Krise lösen.

Für uns bedeutet "Tendenz" nicht, dass wir uns jeder Entscheidung des LFI-IS unterordnen. Könnten wir dieser Praxis des Gehorsams zustimmen, dann bräuchten wir keine Tendenz. Vielmehr heißt "Tendenz", dass wir uns auf das Programm und auf das Konzept von REVOLUTION beziehen und weiterhin, genauso wie die LFI-Fraktion, Teil von REVOLUTION auf internationaler Ebene sind.

Es gibt noch keine Strukturen, die für REVOLUTION bzw. für mehr als die eine Fraktion und die drei Sektionen, die von ihr kontrolliert sind, sprechen können. Ein legitimes RIC müsste eineN VertreterIn von jeder Revo-Gruppe, einschliesslich der australischen, haben, und zwar VertreterInnen, die das Vertrauen und die Unterstützung ihrer Gruppe genießen, nicht einfach LFI-Mitglieder. Deshalb fordern wir eine komplette Neubildung des RICs, mit VertreterInnen aus den vier Sektionen, die nicht repräsentiert sind, und ohne die "vertretenden" LFI-Mitglieder, die über keinerlei Unterstützung in ihren Gruppen verfügen. Ein RIC dass nicht an die LFI gebunden ist, sondern durch Argumente für die LFI- (oder andere) Positionen gewonnen werden muss.

Eine solche Struktur kann unserer Meinung nach nur in Form eines provisorischen RICs geschaffen werden, dass alle Sektionen vertritt und von allen anerkannt wird. Doch die Einheit von REVOLUTION wird erst dann garantiert sein, so bald die LFI-Fraktion – nennen wir sie geheim oder nicht – aufgelöst wird und unsere Strukturen nicht länger durch außenstehende Organisationen kontrolliert werden.

 

"Ich hörte dich sagen, mehr leise als laut, das haben sich die Jugendlichen selbst aufgebaut" - Tocotronic

Wir arbeiten weiter unter dem Banner von REVOLUTION, dem Banner einer unabhängigen kommunistischen Jugendorganisation. Es ist bedauerlich, dass die LFI das Prinzip der organisatorischen und politischen Unabhängigkeit der Jugend über Bord geworfen hat, in der Hoffnung, schnell neue Mitglieder für ihre Propagandagruppe zu gewinnen. Es ist zu bedauern, denn wie ein Mitglied des LFI-IS vor nur einem Jahr geschrieben hat: "Jeder Versuch, ihre politische und organisatorische Unabhängigkeit einzuschränken dient nur den Interessen des Reformismus und der Reaktion." (The First Youth International)

Wir für unseren Teil werden versuchen durch theoretische Diskussion und praktische Arbeit, der LFI und der breiteren Jugendbewegung zu beweisen, dass wirkliche Unabhängigkeit unmittelbare und strategische Vorteile für die gesamte Arbeiterbewegung mit sich bringt. Bis sie das akzeptieren, können die Mitglieder der LFI-Fraktion sich gerne als SympathisantInnen der einzigen unabhängigen Kollektive in Revo, die in iRevo zusammengeschlossen sind, betrachten.

iRevo Koordinierung, 4. Oktober 2006