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< vorherige | wire #2 | nächste > Am 18. Mai wird der neue Präsident Argentiniens gewählt. Mehr als 25 Millionen WählerInnen werden entscheiden, ob Néstor Kirchner oder Carlos Menem das Land in den nächsten Jahren regiert. Und was für eine Wahl! Kirchner ist eine Marionette des aktuellen Präsidenten Duhalde und will den Duhaldismus fortsetzten. Das bedeutet viel Gerede von Fortschritt und Wohlstand, aber harte Polizeirepression, fehlende Sozialhilfe, weitere Privatisierungen, Treue zum Internationalen Währungsfonds, usw. Menem war schon in den 90er Jahren Präsident. Er hat das neoliberale Programm in Argentinien eingeführt: alle wichtigen staatlichen Unternehmen privatisiert, Millionen Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit gedrängt und Auslandsschulden in Milliardenhöhe angehäuft, die niemals zurückgezahlt werden können und das Land bis heute an den Imperialismus festketten – und dabei wurden er und seine Freunde sehr reich! Menem hat die Grundlagen für die aktuelle Katastrophe geschaffen; jetzt will er mehr Sparmassnahmen und härtere Repression gegen die "Chaoten und Marxisten". Er will alles öffentliche Eigentum, das nicht niet- und nagelfest ist, an ausländische Konzerne verkaufen. Also wollen die Argentinier einen korrupten Privatisierer oder einen anderen korrupten Privatisierer? Jeder Bürger Argentiniens, von Buenos Aires bis zum Tierra del Fuego, weiss sehr gut: Unter dem Kapitalismus hat man keine Wahl! Es ist egal ob der "linke" oder der "rechte" Kandidat gewinnt – die Arbeitslosigkeit, die Repression und der Hunger werden bleiben. Das ist die Logik des "freien" Markts. Millionen von argentinischen ArbeiterInnen sind für das Kapital überflüssig. Sie können ihre Lebensmittel aus den Mülltonnen herausholen, Kugelschreiber an ausländische Touristen in der U-Bahn verkaufen oder einfach auf der Straße sterben. Nur mit einer Wirtschaft, in der die Produktion für die Bedürfnisse der Bevölkerung und nicht für die Profite einiger Konzerne organisiert wäre, könnte es Arbeit und Essen für alle Argentinier geben. Deshalb steht Argentinien vor einer ganz anderen Wahl, als welcher kriminelle Politiker jetzt im Präsidentenpalast wohnen darf: entweder die ArbeiterInnen und die Armen organisieren sich und stürzen den Kapitalismus oder sie sind zu einem Leben in Unsicherheit und Elend verurteilt; entweder eine Revolution oder die endlose Fortsetzung des neoliberalen Terrors; entweder eine Arbeiterrepublik oder die nackte Diktatur des IWF; oder wie Rosa Luxemburg bereits vor 100 Jahren schrieb: entweder Sozialismus oder Barbarei!
Ein typisches Bild aus Buenos Aires: eine riesige Kaufhalle, in der Tonnenweise Nährungsmittel lagern; daneben eine obdachlose Familie, die ihr Essen aus Müllcontainern rausfischen muss; und dazwischen ein Polizist, mit Kampfhelm und Pumpgun bewaffnet, der schiessen soll, falls die Armen versuchen, ans Essen ranzukommen. Die argentinischen Konzerne würden die Leute lieber sterben lassen, als ihre Profite zu gefährden – das ist die kapitalistiche Ethik. Solche krassen Widersprüche lassen sich nicht ewig ertragen. Irgendwann kocht der gesellschaftliche Topf über. In Argentinien passierte das Ende Dezember 2001. Die Armen hatten genug vom Hunger und gingen "proletarisch einkaufen" – d.h. sie nahmen einfach, was sie zum Überleben brauchten. Die Regierung rief den Ausnahmezustand aus, um diese "Verbrecher" aufzuhalten. Als el Presidente diese Maßnahme im Fernsehen ankündigte, gingen Hunderttausende Menschen auf die Strassen von Buenos Aires und riefen ¡Que se vayan todos! (Sie müssen alle gehen!). Denn es war allen klar, dass die echten Verbrecher nicht etwa die Plünderer in den Supermärkten waren, sondern die Politiker im Kongress und die Kapitalisten in den Banken. Es folgte der massive Aufstand, der als "Argentinazo" bekannt geworden ist. Nach einer Straßenschlacht im Zentrum der Hauptstadt musste der damalige Präsident De la Rua in einem Hubschrauber vom Dach seines Palasts fliehen – und in den folgenden zwei Wochen wurden drei weitere Regierungen durch Massenproteste gestürzt. Seitdem spürt man die Revolution in der Luft. Einfache Leute gründeten Asambleas Populares (Volksversammlungen), bis es allein in Buenos Aires über 500 gab. ArbeiterInnen besetzten ihre Betriebe und setzten die Produktion unter Kontrolle demokratischer Räte fort. Piqueteros (militante Arbeitslose) blockierten wichtige Verkehrsrouten, manchmal monatelang, um ihre Forderungen nach einem minimalen Existenzgeld durchzusetzen. Doch obwohl diese Bewegung so massiv war, hat sie es nicht geschafft, das gesamte System zu zerschlagen und eine Alternative aufzubauen. Alles war zu spontan und zu chaotisch. Wenn die ArbeiterInnen und die Armen des Landes siegen wollen, müssen sie sich gut organisieren. Sie brauchen einen Generalstab der Revolution, der den Kampf aller Unterdrückten koordinieren und leiten könnte – sie brauchen eine revolutionäre Partei.
Im Laufe der argentinischen Wirtschaftskrise ist es typisch geworden, dass ein Unternehmen aufhört, seine Beschäftigten zu bezahlen. Es wird weiter gearbeitet, aber mit ständig neuen Ausreden – es gibt zur Zeit kein Geld, nur ein Buchhandlungsproblem, vielleicht nächste Woche – erklären die Manager, dass sie nur ein paar Pesos oder gar nichts zahlen werden. Zanon war die größte und modernste Keramikfabrik Lateinamerikas. Herr Zanon war ein sehr einflussreicher Kapitalist mit engen Verbindungen zum De La Rua-Regime und zu den Militärdiktaturen. Dem Betrieb ging es nicht schlecht: Die Keramikfliesen wurden auf dem ganzen Kontinent verkauft und die Eigentümer erhielten Millionen Subventionen von der Provinzregierung. Doch plötzlich sollten von den 270 ArbeiterInnen mehr als 200 entlassen werden. Den ArbeiterInnen reichte es. Sie hatten schon jahrelang beobachtet, wie ihre Arbeitsbedingungen immer schlechter wurden, wie ihre Löhne immer niedriger wurden, und wie Kollegen bei Arbeitsunfällen ums Leben kamen. Es war Zeit, die Sache in die eigenen Hände zu nehmen: sie traten in Streik. Um das Geld zu bekommen, das Herr Zanon ihnen schuldete, besetzten sie die Fabrik und verkauften die Waren. Man konnte mit den Bossen keine Kompromisse eingehen. Nur unter Kontrolle der ArbeiterInnen konnte man die Produktion in der Fabrik weiterführen und die Arbeitsplätze sichern. In einer Vollversammlung hat man einen Betriebsrat gewählt, der die Leitung der Fabrik übernehmen sollte. Seit anderthalb Jahren funktioniert Zanon als ein Unternehmen ohne Besitzer, als ein rein antikapitalistisches Werk. Die Arbeiter bekommen einen fairen und einheitlichen Lohn, sie produzieren Fliesen für die Häuser, Schulen, und Krankenhäuser der Stadt und alles wird demokratisch geleitet. "Eine Fabrik ohne Arbeiter funktioniert gar nicht. Aber eine Fabrik ohne Besitzer kann sehr gut funktionieren." – Raul Godoy, Zanon-Arbeiter und Vorsitzender der Gewerkschaft Doch Zanon kann nicht als eine winzige Insel des Sozialismus in einem kapitalistischen See überleben. Dies wurde deutlich bewiesen, als Brukman, eine besetzte Textilfabrik in Buenos Aires, kurz vor den Wahlen von der Polizei geräumt wurde. Die Kapitalisten erkennen, dass solche Experimente, so klein sie auch sein mögen, für ihre Herrschaft höchst gefährlich sind. Deshalb kämpfen die Zanon-ArbeiterInnen weiter. Sie produzieren eine Zeitung und eine Radiosendung für kämpferische Gewerkschaften und haben einen landesweiten Streikfonds für alle besetzten Betriebe eingerichtet. Ihre Losungen sind: Für die Einheit aller Arbeiter und Arbeitslosen! Für die Verstaatlichung aller besetzten Betriebe unter Arbeiterkontrolle! Für eine Arbeiterrepublik! Viva la revolución!
REVOLUTION in Argentinien Wir arbeiten mit der argentinischen Jugendorganisation ¡NO PASARÁN! (SIE WERDEN NICHT DURCHKOMMEN!) eng zusammen, um die Betriebsbesetzungen und soziale Bewegungen zu unterstützen. REVOLUTION organisierte eine Veranstaltung mit zwei Arbeitern aus der besetzten Keramikfabrik Zanon auf dem Europäischen Sozialforum in Florenz. In Berlin haben wir eine Solikampagne für Zanon gemacht und über 400 Euro für den landesweiten Streikfonds eingeräumt. Ein Genosse aus Berlin war zwei Monate in Argentinien und hat viele Berichte über seine Erfahrungen geschrieben. Reports from Argentina von Dzhon Rid (auf English)
Leichen im Keller bei Mercedes DaimlerChrysler hat eine lange Geschichte der Zusammenarbeit mit Diktaturen. In Argentinien hat die Firma während der Militärdiktatur in den 70er und 80er ein Prozent ihres Umsatzes für die „Ausmerzung von Störfaktoren“ bezahlt. In anderen Worten, Mercedes Argentina bezahlte die AAA (antikommunistische Todesschwadronen), um GewerkschaftsaktivistInnen zu entführen und hinzurichten. Innerhalb von zwei Jahren wurden 17 Betriebsräte verschleppt – und nur zwei davon wurden jemals wiedergesehen. Juristische Prozesse gegen DaimlerChrysler werden zur Zeit in mehreren Ländern durchgeführt. Aber das reicht nicht aus – wir müssen große Proteste gegen diese Verbrecher organisieren und die Welt von den Morden wissen lassen. Dokumentation über den Fall von Labournet Germany |
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