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Die SAV beim Charité-Streik

Eine Bilanz der Intervention der revolutionären Linken

Verschiedene Organisationen der revolutionären Linken haben den Streik bei der Charité aktiv unterstützt, doch weder irgendeine revolutionäre Gruppe noch alle revolutionären Gruppen zusammen konnten den Verlauf des Streiks erheblich beeinflussen. Wir von RIO konnten mit unseren bescheidenen Mitteln nicht kontinuierlich intervenieren. Doch wir waren immer wieder beim Streik dabei und haben viele Gespräche geführt. Wir bemühen uns auch weiterhin, Solidarität zu organisieren,zum B eispiel an den Universitäten [1].

Die revolutionäre Linke muss eine Bilanz der eigenen Intervention(en) ziehen. Die meisten Gruppen teilen das Ziel, eine revolutionäre ArbeiterInnenpartei aufzubauen, doch zwischen den verschiedenen Gruppen bestehen erhebliche Differenzen über theoretische, strategische und taktische Fragen. Diese Differenzen schlagen sich auch in Streiks in unterschiedlicher, praktischer Politik nieder.

Wir werden uns auf die trotzkistische Sozialistische Alternative (SAV) konzentrieren, nicht nur weil es sich um die größte trotzkistische Organisation in Berlin handelt (die auch die größte Präsenz beim Streik hatte) sondern vor allem auch deswegen, weil das SAV-Mitglied Carsten Becker ver.di-Betriebsgruppenvorsitzender und auch Streikleiter bei der Charité war. So hat ein Trotzkist höchstpersönlich für die "Aussetzung" des Streiks plädiert, wofür er von nicht wenigen KollegInnen scharf kritisiert wurde.

Dass die SAV fünf Tage gebraucht hat, um irgendwie auf diese Entwicklung zu reagieren, macht deutlich, dass es innerhalb ihrer Organisation Unzufriedenheit darüber gab. Als Antwort auf die Einladung zu einer solidarischen Debatte, die ein führender SAV-Genosse in einem Beitrag zur Bilanz formulierte [2], möchten wir drei Aspekte der SAV-Politik beim Streik hervorheben, die wir kritisch sehen, um abschließend einige Gedanken über unsere Differenzen im Bezug auf Arbeitskämpfe zu formulieren.

1) Hoffnungen in die Linkspartei

Die SAV arbeitet in der Linkspartei, womit wir uns an anderer Stelle kritisch auseinandergesetzt haben [3]. Die Linkspartei ist eine unmittelbare Gegnerin in diesem Arbeitskampf, weshalb auch Menschen mit "DIE LINKE"-Fahnen mehrmals von Streikenden beschimpft wurden. Logischerweise trat die SAV also nur als SAV und nicht als Teil der Linkspartei auf. Aber in ihrem ersten Flugblatt schrieben sie, an die Streikenden gerichtet: "Der Zeitpunkt kurz vor den Abgeordnetenhauswahlen ist günstig, um weiteren Druck aufzubauen. Das gilt besonders für DIE LINKE, an deren Basis viele Mitglieder mit Euren Forderungen sympathisieren." [4] Dabei geben die SAV-GenossInnen zu, dass es unmöglich ist, die Linkspartei in ihrer Gesamtheit zu einem grundlegenden Kurswechsel zu bewegen. Das liegt daran, dass die Linkspartei eine reformistische, d.h. bürgerliche Partei unter Führung eines bürokratischen Apparats ist, dessen Ziel die Übernahme der Regierung und die Verwaltung des kapitalistischen Systems ist. Eine bürgerliche Partei kann nicht in eine revolutionäre verwandelt werden. Wir denken, dass die grundlegendste Aufgabe einer revolutionären Organisation darin besteht, "das laut zu sagen, was ist" (Rosa Luxemburg). Das heißt in diesem Fall, nicht die Illusion zu füttern, dass die Linkspartei einlenken oder gar ihren Klassencharakter ändern würde.

2) Vertrauen in die Streikleitung

In anderen Arbeitskämpfen fordert die SAV die Bildung von demokratisch gewählten Streikkomitees [5]. In der Regel werden Arbeitskämpfe durch eine Gewerkschaftsbürokratie geführt, also eine privilegierte Kaste. Diese verdient deutlich mehr als die Gewerkschaftsmitglieder, die sie eigentlich vertreten sollte und hat deswegen auch eigene Interessen. Die Forderung nach Streikkomitees entspricht der trotzkistischen Methode [6], auf die sich die SAV genauso wie RIO beruft. Wir fordern, dass die Streikenden ihren Streik selbst kontrollieren, damit die ArbeiterInnen Erfahrung mit der selbstständigen Organisierung gewinnen und die Bürokratie nicht ohne Weiteres den Streik ausverkaufen kann. Das Ziel dabei ist es, durch diese Kampferfahrungen die fortschrittlichsten Sektoren der ArbeiterInnenklasse (die Avantgarde) um ein revolutionäres Programm zu sammeln. Leider war die SAV-Intervention beim Charité-Streik nicht darauf ausgerichtet. So hieß es lediglich in ihrem Flugblatt: Das Streikplenum "sollte nicht nur genutzt werden, um alle KollegInnen zu informieren und Transparenz über den Streikablauf herzustellen (was bisher schon sehr gut funktioniert), sondern auch dazu, dass sich KollegInnen einbringen in die Debatte, wie es weitergehen soll und ein wirklicher Austausch stattfindet. " [7] Doch abgesehen davon, dass viele KollegInnen sich nicht gut informiert fühlten, ist "Austausch" längst keine Entscheidungsfindung. Und sich von der bürokratischen Führung des Streiks mehr "Transparenz" zu wünschen, stellt die Bürokratie an sich nicht in Frage. Vor der Möglichkeit eines Ausverkaufs durch die Gewerkschaftsbürokratie, wie wir ihn in unzähligen anderen Arbeitskämpfen leider erleben mussten (etwa beim BVG-Streik in Berlin im Jahr 2008, als die ver.di-Bürokratie bewies, dass sie Streiks gegen den Willen der großen Mehrheit ihrer Mitglieder abzubrechen bereit ist), haben die SAV-GenossInnen leider gar nicht gewarnt.

3) "Aussetzung" des Streiks

Die "Aussetzung" des Streiks am 6. Mai wurde, wie wir im anderen Artikel beschrieben haben, von vielen KollegInnen als eine "Verarschung" durch die ver.di-Führung empfunden. SAV-GenossInnen bestreiten auch gar nicht, dass ver.di-BürokratInnen gezielt, und auch mit sehr unsauberen Methoden, für die Aussetzung des Streiks agitiert haben (durch Einschüchterungsversuche und falsche Behauptungen, z.B. dass es eine gesetzliche Friedenspflicht während der Verhandlungen gäbe). Leider fanden die SAV-GenossInnen diese Vorgänge in ihrer Bilanz überhaupt nicht erwähnenswert. Dass "unter den KollegInnen (…) eine Unsicherheit existierte" ist absolut richtig [8]. Doch dabei müsste auch erwähnt werden, dass die Gewerkschaftsbürokratie diese Unsicherheit schürte und regelrecht Angst verbreitete. Dass viele KollegInnen durch die Erpressungsversuche der Geschäftsführung verängstigt wurden, ist logisch – aber dass die Gewerkschaftsführung sich diese Erpressungsversuche zu eigen gemacht hat, weniger. Bevor man den KollegInnen erzählte, dass eine Fortsetzung des Streiks auf jeden Fall die Medien gegen die Belegschaft aufbringen würden, hätte man zumindest die Frage diskutieren lassen müssen, wie man die Unterstützung von anderen ArbeiterInnen, Jugendlichen usw. trotz der bürgerlichen Presse gewinnen könnte. Auch die Feststellung der SAV, dass während des Streiks zu wenige Diskussionen unter den Streikenden stattfanden, ist unbestreitbar – aber das wirft nur die Frage auf, warum die Streikleitung nicht von Anfang an auf solche Diskussionen gedrängt hatte – oder durch wen diese verhindert wurden.

Schlussfolgerung

Die GenossInnen der SAV müssen sehr ernsthaft darüber nachdenken, was dazu geführt hat, dass ihre Organisation – bei allem Verständnis für die Unsicherheit von manchen KollegInnen – sich auf die Seite der GewerkschaftsbürokratInnen und damit gegen die entschlossensten und kämpferischsten KollegInnen stellte. Ein solcher Fehler fällt nicht vom Himmel. Wir sehen ihn vielmehr im Rahmen einer Strategie innerhalb der ArbeiterInnenbewegung, die wir insgesamt kritisch bewerten.

Wir sind der Meinung, dass jede revolutionär-sozialistische Organisation das strategische Ziel verfolgen muss, sich innerhalb der ArbeiterInnenbewegung zu verankern. (Unser Eindruck ist, dass sie SAV im Vergleich zu ihrer Größe relativ wenig Verankerung hat.) Dabei können Kandidaturen für Gewerkschafts- oder Betriebsratsposten eine sinnvolle Ergänzung zum Aufbau von revolutionären Basisgruppen sein. Aber:

"Der Anpassungsdruck in solchen Posten darf nicht unterschätzt werden. Einerseits können die tagtägliche Kleinstarbeit, Papierkram und organisatorischer Aufwand soviel Platz einnehmen, dass die revolutionäre Politik schlicht verdrängt wird. Andererseits können die materiellen Vorteile wie Arbeitsplatzsicherheit, zusätzliche Vergütung und ähnliches auch dazu verleiten, sich lieber an die 'Realpolitik' zu halten, um den Posten nicht zu verlieren." [9]

Dagegen sehen wir eine Strategie bei der SAV, die darauf abzielt, möglichst viele Betriebsrats- und Gewerkschaftsposten zu erobern, ohne die notwendige Vorarbeit – den Aufbau von revolutionären Basisgruppen in den Betrieben – geleistet zu haben. Ein/e Trotzkist/in im Betrieb kann als der/die nette, linke und kämpferische (aber eben nicht revolutionäre) Kolleg/in gewählt werden – er/sie kann jedoch von dieser Position aus kaum revolutionäre Politik betreiben. Unserer Meinung nach zeigt die Erfahrung, dass man keine revolutionäre Basisgruppe "von oben" aufbauen kann. Auch wenn linke FunktionärInnen in ruhigen Phasen des Klassenkampfes sehr kämpferisch wirken, so wird ihre linke StellvertreterInnenpolitik in zugespitzten Situationen doch schnell von der Dynamik der Basis überholt.

Das ist auch kein persönlicher Vorwurf an TrotzkistInnen mit solchen Posten: Keine Einzelperson kann dem materiellen Druck der reformistischen Apparate – sowohl dem "ich habe soviel zu tun", als auch dem "ich verdiene jetzt ein bisschen mehr" – standhalten, wenn es nicht einen mindestens genauso starken Druck von einer revolutionären Basisgruppe und von einer revolutionären Organisation gibt, die ihre Arbeit aufs Genauste kontrolliert.

Das Ziel ist nicht die Übernahme der Gewerkschaftsapparate, sondern der Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung und einer revolutionären Fraktion in den Gewerkschaften, um die Gewerkschaftsbürokratie zu stürzen und die Gewerkschaften demokratisch und klassenkämpferisch zu gestalten. Das bedeutet eben auch, dass die Beziehungen zu den BürokratInnen – auch zu den "linken" – in der Regel nicht besonders gut sind. Denn die Radikalisierungstendenzen bei Kämpfen zu fördern, führt immer zu Auseinandersetzungen mit der Bürokratie. Doch eine Politik im Interesse der ArbeiterInnenklasse kann letztendlich nur gegen die gesamte Gewerkschaftsbürokratie durchgesetzt werden.

Dieses Problem sehen wir in einem größeren Ausmaß bei anderen Sektionen ihrer internationalen Strömung: So hat zum Beispiel die Socialist Party in Großbritannien sogar die Mehrheit im Vorstand einer großen Gewerkschaft (PCS), ohne dass diese Gewerkschaft sich politisch großartig von anderen Gewerkschaften unterscheidet, die keine Mehrheit von RevolutionärInnen im Vorstand haben.

Streiks bieten Möglichkeiten, um die ArbeiterInnen an der Basis zu politisieren und gegenüber ihrer Bürokratie zu organisieren. Doch von der Intervention der SAV bleibt leider wenig bis nichts hängen: Sie sind nicht für die Bildung von demokratischen und klassenkämpferischen Basisstrukturen eingetreten. So wird man nun beim nächsten Kampf auch nicht auf solche Strukturen – nicht mal auf eine Erfahrung mit solchen Strukturen – zurückgreifen können.

Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass die Mitglieder der SAV viel mehr über die Politik ihrer Organisation bei der Charité, ihre strategische Ausrichtung und die Gefahren von solchen Posten reflektieren müssen. Wir gehen davon aus, dass wir – trotz des momentan Aufschwungs der deutschen Wirtschaft – in der kommenden Periode wesentlich härtere Klassenauseinandersetzungen erleben werden. Um diese Kämpfe führen zu können, müssen wir aus jedem Kampf die politischen Lehren ziehen und mit diesen Lehren einen revolutionären Flügel in der ArbeiterInnenbewegung aufbauen. Wir glauben leider nicht, dass die Arbeit der SAV an der Charité einen wirklichen Schritt in diese Richtung darstellt.

Dass RevolutionärInnen auch ganz anders in Arbeitskämpfe intervenieren können – und damit auch die Kämpfe zu beeindruckenden Erfolgen führen können – zeigen in unseren Augen zwei kleine Beispiele: Zum Einen der Kampf bei Telepizza in Saragossa/Spanien [10], bei dem politisch motivierte Entlassungen zurückgeschlagen werden konnten. Und zum Anderen der Kampf bei Zanon in Neuquén/Argentinien [11], als Schließungspläne durch Besetzung und Produktion unter ArbeiterInnenkontrolle verhindert wurden. Beide Beispiele waren nur durch die Rolle von revolutionären Gruppen, die in der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale zusammengeschlossen sind, möglich.

//von Wladek Flakin und Markus Oliver, RIO Berlin, 1. Juni 2011

 

Nachtrag: Die PSG beim Charité-Streik

Die eher opportunistische Intervention der SAV fand beim Charité-Streik jedoch auch ihren ultralinken Gegenpol. Die – sich ebenfalls als trotzkistisch definierende – Partei für soziale Gleichheit, mit der wir uns an anderer Stelle bereits ausführlicher auseinandergesetzt haben [12], sandte mehrere Male ihre Mitglieder mitsamt Flugblättern aus.

Bei den PSG-Flugblättern fiel vor allem eine mangelnde Sensibilität für die Forderungen der Beschäftigten auf: So hieß es, eine Lohnerhöhung von 300 Euro „wäre (…) allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ [13] Eine provokante Metapher – doch während ein „Tropfen auf den heißen Stein“ also sofort evapoieren würde, entfalten 300 Euro auf dem monatlichen Gehaltszettel einer/s bisher chronisch unterbezahlten/r Pflegers/in eine merklich bedeutendere Wirkung. Würde sich die PSG auf die trotzkistische Methode der Übergangsforderungen beziehen, so müsste sie eigentlich wissen, dass es gilt, die alltäglichen Forderungen der ArbeiterInnen mit einer systemsprengenden Perspektive zu verbinden – z.B. die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen mit der Forderung nach ArbeiterInnenkontrolle zu verknüpfen –, statt den Alltagsforderungen ultralinke Phrasen entgegenzusetzen.

Die selbe, scheinradikale Selbstentfremdung vom Kampf zeigte die PSG auch in der Frage des Streiks selbst. Während mehrere andere, kommunistische Gruppen in der Tatsache des Streiks eine wertvolle Chance auf Intervention sahen, dominierte bei der PSG – wiedereinmal – ihre Feindschaft zu den Gewerkschaften. So wurde ver.di verurteilt, weil „nur 2.000 der etwa 10.000 nicht-ärztlichen Beschäftigten am Streik beteiligt“ waren. Nun, zum Einen ist die Organisation eines Streiks durchaus eine komplexere Angelegenheit, als die Mobilisierung willkürlicher Mengen von ArbeiterInnen per Knopfdruck. Zum Anderen müssen auch während eines Streiks die Notdienste eines Krankenhauses aufrecht erhalten werden.

Während ver.di pauschal abgelehnt wurde, blieb der „Marburger Bund“ im gleichen Flugblatt verschont. Dieser ist eine „Spartengewerkschaft“, die die bei sich organisierten ÄrztInnen effektiv von den Kämpfen anderer, „niedrigerer“ Beschäftigten trennt. Natürlich trug die Verzichtpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wesentlich zur Entstehung bzw. Stärkung von Spartengewerkschaften wie der Marburger Bund, Cockpit oder die GDL bei. Eine solche Kritik am Marburger Bund wäre jedoch gerade jetzt angebracht gewesen, da es wohl unbestritten eine der existenziellen Pflichten der kommunistischen Bewegung ist, mit ganzer Kraft für die Einheit der ArbeiterInnenklasse zu kämpfen. Das Ausbleiben der Kritik mag seine Begründung auch in der sozialen Zusammensetzung der PSG finden, die eine größere Nähe zu ÄrztInnen als zu PflegerInnen ermöglicht – daher vielleicht dann auch das Unverständnis für die Bedeutung von 300 Euro Lohnerhöhung.

Seitdem der führende Kader ihrer internationalen Strömung (ICFI) selbst Kapitalist geworden ist, hat die PSG die geduldige Arbeit in den Massengewerkschaften – die historische Politik der Vierten Internationale – zu Gunsten von phrasenhaltigen Aufrufen zum Austritt aus den Gewerkschaften aufgegeben. So erklären die PSG-GenossInnen die Gewerkschaften für tot – wobei sie im Kontext des Charité-Streiks zugeben müssen, dass „zahlreiche Streikende, insbesondere jüngere Arbeiter, nicht in der Gewerkschaft organisiert oder ihr erst vor kurzem beigetreten“ sind [14]. Es sind genau 700 solcher ArbeiterInnen – 700 Gründe zum Überdenken der eigenen Dogmen.

Solche ultralinken Fehler sind in der Geschichte der kommunistischen Bewegung weder neu, noch folgenlos. So verpassten in der Weimarer Republik die frühe KPD oder auch die KAPD so manche, politisch entscheidende Chance. Durch ihre radikale Feindschaft gegenüber den damaligen Gewerkschaften entfernten sie sich nicht nur (zum Vorteil der Reaktion) von den Millionen gewerkschaftlich organisierter ArbeiterInnen, sondern auch von den Grundzügen marxistischer Politik. Schließlich gelangten sie über ihre anti-Gewerkschaftshaltung zu der Ansicht, dass es von Vorteil sei, wenn die von der Gewerkschaft geführten Arbeitskämpfe scheitern würden.

Schließlich schlägt sich diese Haltung der PSG auch in der Hilflosigkeit nieder, sich mit der widersprüchlichen Politik der SAV ernstlich auseinanderzusetzen. Während wir bei der SAV eine zentristische – also eine zwischen reformistisch und revolutionär schwankende – Politik sehen, sieht die PSG in der SAV eine Verschwörung der Bourgeoisie, um die ArbeiterInnenklasse zu verwirren. Das entspricht leider den charakteristischsten Traditionen ihrer Strömung, die so manchen politischen „Feind“ (ob selbst trotzkistisch oder nicht) als einen Geheimdienstkomplott „entlarvte“ – während sie selbst Geld von den Geheimdiensten nationalistischer Regime der arabischen Welt kassierten (so z.B. von dem von Gaddafi).

Die Intervention der PSG-Mitglieder beim Charité-Streik blieb also – leider – von absehbarem Misserfolg gezeichnet. So konnten sie die von ihnen selbst aufgeworfene Frage – “Wie kann der Kampf an der Charité erfolgreich geführt werden?” – nicht ansatzweise beantworten, wie von mehreren KollegInnen angemerkt wurde. Einziges Ergebnis ihrer Agitation ist damit wohl ein weiteres negativ-Beispiel für ultralinke Politik, dass entscheidende Lehren der kommunistischen Bewegung aktualisiert und hoffentlich – wenigstens einige – PSG-Mitglieder zur längst überfälligen Reflexion der eigenen Politik anregt.

//von Wladek Flakin und Markus Oliver, RIO Berlin, 1. Juni 2011

 

Siehe auch:

Reportage vom Streik an der Charité

 

Fußnoten

[1] http://www.revolution.de.com/revolution/1105/charite/index.html

[2] http://www.sav-online.de/?sid=4244

[3] Siehe zum Beispiel: http://www.revolution.de.com/revolution/1009/situation/index4.html oder: http://www.revolution.de.com/revolution/1001/ll-demo/bericht.html

[4] SAV-Flugblatt vom 29. April 2011

[5] Siehe zum Beispiel: http://www.sozialismus.info/?sid=1564

[6] siehe das Übergangsprogramm, http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1938/uebergang/ueberg1.htm#fkk

[7] SAV-Flugblatt vom 5. Mai 2011

[8] SAV-Flugblatt vom 10. Mai 2011

[9] Thesen zu Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, http://www.revolution.de.com/revolution/1005/konferenz/gewerkschaftsarbeit.html

[10] http://de.indymedia.org/2010/11/294633.shtml

[11] http://www.revolution.de.com/broschueren/zanon/index.html

[12] Siehe zum Beispiel: http://www.onesolutionrevolution.org/?p=701&language=de oder: http://www.revolution.de.com/revolution/0909/wahlen/linkeparteien.html#psg

[13] Flugblatt vom 3. Mai 2011, http://www.wsws.org/de/2011/mai2011/char-m03.shtml

[14] http://www.wsws.org/de/2011/mai2011/char-m04.shtml, eigene Hervorhebung

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