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Libanon in Schutt und Asche

Die Invasion im Libanon dauerte 30 Tage und forderte 1.300 Tote – und ist nicht mal vorbei

Über einen Monat dauerte der Nahostkrieg zwischen Israel und der radikal-islamischen Hisbollah bis zur vorläufigen Waffenruhe. Der Krieg in den Palästinensergebieten gehen weiter. Laut israelischer Regierung geht es in beiden Fällen darum, die Hisbollah bzw. die HAMAS zu zerschlagen, doch wenn man sich den Kriegsalltag einmal anschaut, wird schnell deutlich, dass es um ganz andere Ziele geht. Mit dem Vorwand, man wolle einen entführten israelischen Soldaten befreien, drangen israelische Truppen in die palästinensischen Autonomiegebiete ein und verhafteten rund 2/3 der gewählten Minister der HAMAS, der Israel die Schuld an der Entführung zuschieben wollte. Tatsache ist jedoch, dass die HAMAS nicht an der Geißelnahme mitwirkte und sich auch so an den mit Israel vereinbarten Waffenstillstand festhielt.

Im Gegenteil, nur knapp 24 Stunden vor dem israelischen Angriff auf die PalästinenserInnen hatte die HAMAS den Staat Israel indirekt anerkannt und eine Zwei-Staaten-Lösung gutgeheißen.

Was ist die Hisbollah?

„Partei Gottes”, schiitisch, agiert vor allem im Südlibanon.

Stellt zwei Minister in der libanesischen Regierung.

Seit ihrer Gründung nach der israelischen Invasion 1982 eine Organisation des militärischen Widerstandes, hat aber auch immense Sozialprogramme.

Was ist die Hamas?

„Islamische Widerstandsbewegung”, sunnitisch, agiert vor allem im Gaza-Streifen aber auch in der Westbank.

Stellt die „Regierung“ in den palästinensischen Gebieten.

Nach ihrer Entstehung 1987 erst eine ausschließlich wohltätige Organisation, sie wurde später auch im Widerstand gegen die Besatzung aktiv.

In den palästinensischen Gebieten liegen enorme Wasservorräte, die Israel nicht an einen eigenständigen palästinensischen Staat abgeben kann. Ein solcher palästinensischer Staat würde die absolute Vormachtstellung Israels in der Region in Frage stellen, deshalb wird jeder Friedensprozess durch die andauernde Besatzung und den Bau von israelischen Siedlungen sabotiert.

Bei dieser Sabotage geht es nicht darum, die HAMAS zu zerschlagen, sondern darum, die Zivilbevölkerung zu demoralisieren und weitere palästinensische Gebiete im Zuge des „Kampfes gegen den Terror” zu annektieren.

So zerstörten die israelischen Streitkräfte (IDF) in einer ihrer ersten Kampfhandlungen das wichtigste Elektrizitätswerk der Region und sorgten so für einen 6-8 Monate dauernden Stromausfall, in dessen Folge die elektrischen Wasserpumpen ausfielen und auch in der Treibstoffförderung erhebliche Defizite entstanden. Eine direkte Folge dieser Kollektivbestrafung, der israelischen Angriffe auf die für Zivilisten lebensnotwenigen Einrichtungen, sind Engpässe bei der Nahrungsmittel- und Medikamentenversorgung. Die Funktionsunfähigkeit der Kühlschränke hat zur Folge, dass die wenigen verbliebenen Nahrungsmittel nicht haltbar gemacht werden können.

Auch im Libanon sieht es nicht wesentlich anders aus. Ähnlich wie im Gazastreifen nutzte der israelische Staat eine Soldatenentführung, diesmal von der Hisbollah, als Vorwand, um den Libanon „20, 30 oder gar 50 Jahre zurückzubomben”, wie es ein hoher Militäroffizier ausdrückte. Die Äußerungen erinnern an eine Aussage eines ehemaligen US-Offiziers, der im Vietnamkrieg sagte, man wolle den Vietnam in die Steinzeit zurückbomben. Auch die Begründung, man habe die libanesische Hisbollah angegriffen, weil diese Raketen auf Israel abgeschossen hätte, ist eine glatte Lüge, denn dieser Raketenbeschuss setzte erst nach Beginn der israelischen Bombardements ein. Vorher beschränkte sich die Hisbollah ausschließlich auf militärische Ziele, die israelische Armee, die Teile des Südlibanons besetzt.

Krieg gegen die Zivilbevölkerung

Auch diesmal wurden fast ausschließlich zivile Gebäude und die Infrastruktur zerbombt. So zerstörte die israelische Luftwaffe einen Großteil des Straßennetzes und somit die Existenzgrundlage der LibanesInnen, was einem Verstoß gegen das Völkerrecht gleichkommt, doch gegen das verstieß Israel gleich mehrmals, als israelische Soldaten implodierende und Phosphorbrandbomben gezielt auf ZivilistInnen abwarfen. Auch scheute Israel nicht zurück, sogenannte Streubomben einzusetzen, Bomben, die aus mehreren kleinen Bomben bestehen, die dazu gedacht sind, große Flächen zu bombardieren. Doch auch sie sind international geächtet, da die Bomben einen sehr hohe Blindgängerrate aufweisen und die kleinen nicht explodierten Bomben wie Getränkebüchsen aussehen und deshalb besonders für Kinder attraktiv sind. Diese Bomben reißen oftmals noch Jahrzehnte nach dem Krieg Menschen in den Tod.

++ Geschichte des Libanons ++

++ 1943 ++ Unabhängigkeit des Libanons ++ Mitte der 70er bis 1990 ++ Bürgerkrieg zwischen christlichen Kräften auf der einen Seite und palästinensischen linken Kräften auf der anderen ++ 1976 ++ Syrien interveniert im Libanon auf Seiten der christlichen Milizen ++ 1978 ++ Israelische Armee invadiert bis zum Litni-Fluss / Entsendung der ersten UN-Truppen ++ 1982 ++ Israelische Invasion und Besetzung des Südlibanons / Hisbollah gegründet ++ Mai 2000 ++ Ende der israelischen Besatzung mit Ausnahme der Shebaafarmen ++ 2005 ++ Syrische Soldaten verlassen Libanon ++ 14.7.2006-15.8.2006 ++ israelische Invasion im Südlibanon und Bombenangriffe im ganzen Land ++

Insgesamt kostete der Krieg bis zur vorläufigen Waffenruhe rund 1100 ZivilistInnen auf libanesischer Seite das Leben, auf israelischer Seite waren es 40. Bei der Invasion starben 116 israelische Soldaten. Die Hisbollah beziffert ihre eigenen Verluste auf 80, die IDF spricht von 530. Die Wahrheit dürfte dazwischen zu finden sein. Damit sind etwa 4/5 der libanesischen Toten Zivilisten, bei den Israelis sind es gerade mal 1/4. Etwa ein Drittel der toten LibanesInnen sind Kinder. Zwar begleitete die israelische Armee ihre Bombardements immer mit höflichen Aufforderungen an die Zivilbevölkerung, das Kampfgebiet doch bitte schleunigst verlassen, doch auf der anderen Seite machte Israel eben dies durch die Zerstörung der Straßen unmöglich.

Ein weiterer Grund, warum nur die Wenigsten wagten, dieser Aufforderung Folge zu leisten, war die Tatsache, dass israelische Kampfjets immer wieder Flüchtlingskonvois und sogar Krankenwagen angriffen. Aus Angst, auch von der israelischen Armee unter Beschuss genommen zu werden, blieben also viele Libanes­Innen in den umkämpften Gebieten und setzten sich so dem Hunger und Durst aus, denn wie in Palästina, so wurden auch im Libanon systematisch die Elektrizitätswerke zerbombt. Trotz aller Gefahr, befanden sich zwischenzeitlich über eine Million LibanesenInnen auf der Flucht – ein Viertel der Gesamtbevölkerung!

Die Rolle der UNO

Angesichts dieser mehrfachen Verstöße gegen das Menschenrecht, hätte eigentlich die UNO eingreifen sollen Doch sie hielt sich sogar zurück, als die israelische Armee gezielt einen UN-Posten zerbombte und so vier UNO-Mitarbeiter tötete und das, obwohl der UN-Posten in den Stunden vor dem Angriff etwa 10 mal einen israelischen Verbindungsoffizier kontaktierte und ihn bat, die Angriffe einzustellen, da die Bomben dem Posten bedrohlich näher kamen. Dieser versprach jedes Mal, die Angriffe einzustellen, tat es aber bis zuletzt nicht.

Als die israelische Armee nur Tage später 56 ZivilistInnen, darunter 37 Kinder, des Ortes Kana massakrierte, verhinderten die USA, der engste Verbündete Israels, eine Resolution im UN-Sicherheitsrat, die den Angriff hätte verurteilen sollen.

Offiziell hat die UNO den Auftrag, durch Einbindung aller Staaten einen dauerhaften Weltfrieden zu schaffen und zu erhalten. Wenn man ihren Auftrag betrachtet und bedenkt, wie reaktionslos sie Massaker an ZivilistInnen hinnahm, so könnte man denken, dass sie einfach versagt hat. In Wirklichkeit ist es aber die Aufgabe der UNO, als Instrument der reichsten kapitalistischen Staaten zu fungieren. Im Rahmen der UNO treffen sich die Regierungen der verschiedenen imperialistischen Staaten und für die ist Israel ein wichtiger Vorposten im Nahen Osten, deren Armee mit Milliarden-Zuschüssen finanziert wird. So wird die UNO in Zukunft die Gebietseroberungen der israelischen Armee (IDF) durch UNO-Soldaten militärisch absichern.

Zu diesem Schluss kamen wohl auch die libanesischen DemonstrantInnen, die die UN-Zentrale in Beirut stürmten und zerstörten, denn westliche Politiker, wie der deutsche Außenminister Steinmeier rufen lediglich zur „Mäßigung” auf und sprechen sich dafür aus „die Relationen zu wahren”. Doch diese Aussagen lassen sich spätestens als leere, zynische Phrasen entlarven, wenn man bedenkt, dass es europäische Staaten sind, die Israel mit Waffen versorgen. So lieferte Deutschland erst vor kurzen hochmoderne U-Boote an Israel und auch die Schlagstöcke, die israelische Sicherheitskräfte in den besetzen Gebieten auf friedliche DemonstrantInnen niedersausen lassen, stammen aus Deutschland. Genauso zynisch ist es, wenn US-Außenministerin Rice in der einen Woche Bunkerbrechende Waffen an Israel verkauft und Tage später von einer Waffenruhe spricht.

Nach über einem Monat Schweigens verabschiedete die UNO eine Resolution, die aber eher durch die Bevorzugung Israels als durch ihre Gerechtigkeit auffällt. So haben die israelischen Streitkräfte noch monatelang das Recht, sich im Libanon aufzuhalten und UN-Soldaten werden die Gebietseroberungen Israels militärisch absichern. Auch die Wiederaufbaukosten soll nicht Israel tragen, sonder die UNO, wie Schweden forderte.

Ziele Israels und der USA

Da dieser Kampf ganz offensichtlich nicht nur den Milizen der Hisbollah gilt, bleibt die Frage, was sich Israel von diesem Krieg verspricht. Seit der ersten israelischen Invasion in den Libanon und der darauffolgenden, laut UNO-Resolution unrechtmäßigen, Besetzung der Shebaafarmen im Süden des Landes, welche aufgrund ihrer immensen Wasservorkommen strategisch von großer Bedeutung sind, bekämpft die Hisbollah mit militärischen Guerillaaktionen die israelische Besatzung. Die Hisbollah entstand überhaupt erst als Verteidigungskraft der Schiiten im Süden Libanons als Antwort auf die israelischen Invasion im Jahr 1982.

Ein militärischer Erfolg über die Hisbollah hätte den Einsatz einer Marionettenregierung im Libanon als Auftakt des “neuen Osten”, wie Condoleeca Rice es formulierte, ermöglicht. Auch wäre der US-Imperialismus mit Israel in einer besseren Stellung, wenn es in den Iran-Feldzug ginge.

Ferner es auch möglich, dass Israel durch eine großangelegte Bodenoffensive Syrien provoziert und den Iran so zwingt, seine Bündnispflichten Syrien gegenüber einzulösen, indem es Stellung in einem möglichen Krieg gegen Israel bezieht. Dies würde den USA die Möglichkeit geben, sich als Retter in der Not zu präsentieren und einen seit langem geplanten Krieg gegen Syrien und den Iran zu starten. Doch Israel hat es nicht geschafft, seine Ziele zu erreichen, denn die Hisbollah leistete unerwartet starken Widerstand. Eine Fortsetzung der Invasion wäre eine Blamage für die israelische Armee geworden, so dass sie sich nun auf die Sicherung des bisher erreichten konzentrieren muss.

Doch Israel hält sich auch die Möglichkeit einer Fortsetzung der Invasion offen. Diese drohte der israelische Staat an, wenn die Hisbollah nicht vollständig entwaffnet werde, was unmöglich ist, wie auch Israel weiß. Die Guerillakämpfer der Hisbollah haben der IDF soviele Verluste zugefügt, wie es kaum eine reguläre arabische Armee in der Vergangenheit vermochte. Ihre Auflösung würde bedeuten, dass sich der Libanon der Willkür der viertgrößten Armee der Welt, der Israels, aussetzen würde.

Die Lösung

Es ist der falsche Weg, die Lösung bei nationalistischen Bewegungen zu suchen, wie es die Hisbollah und die HAMAS sind. Doch wir unterstützen ihren legitimen Widerstand gegen die israelischen Invasoren, denn als Linke stellen wir uns auf die Seite der Opfer des Imperialismus, denn ein Sieg über die IDF würde auch eine große Inspiration für die Völker Lateinamerikas, Asiens und Afrikas bedeuten, die selbst vom Imperialismus betroffen sind.

Denn die Tatsache, dass die Hisbollah nicht zestört werden konnte, zeigt, ähnlich wie der andauernde Widerstand im Irak, dass sich arme Menschen mit Guerillataktiken gegen die modernsten Armeen der Welt wehren können.

Aber auf der anderen Seite lehnen wir den reaktionären, islamistischen Charakter von HAMAS und Hisbollah ab, der nicht selten einen ekligen Antisemitismus enthält. Um einen dauerhaften Frieden zu erreichen, darf weder ein israelischer noch ein arabischer Vernichtungskrieg gegen den jeweils anderen geführt werden. Man wird erkennen müssen, dass dieser Krieg kein Konflikt zwischen zwei Völkern oder zwei Religionen ist, sondern im Grunde ein Kampf von einer Klasse gegen die andere. Es sind die Kapitalisten, die an diesem Krieg verdienen, weil sie Waffen verkaufen können und weil sie sich Rohstoffquellen sichern.

KeinE ProletarierIn hat Interesse an diesem Krieg, denn im Gegensatz zu den Mächtigen, mussen die ProletarierInnen um ihr Hab und Gut und um ihr Leben bangen. Auch müssen wir verstehen, dass sich die reaktionären Kräfte auf beiden Seiten, wie der israelische Likud-Block und die Kadima und die arabische Hisbollah und Hamas, sich gegenseitig den Nährstoff geben. Jede israelische Nagelbombe, die Löcher in palästinensische Kinder reißt, wird der Hamas neuen Zulauf bescheren, die wiederum durch ihre Selbstmordattentate auf israelische Zivilisten die Menschen in deren Arme treibt, die Bomben auf Kinder schmeißen und systematisch Wohnhäuser mit Bulldozern dem Erdboden gleich machen.

Um den Nahostkonflikt dauerhaft zu lösen, ist deshalb eine proletarische Revolution notwendig, um die Spaltung in Nationen und Klassen aufzuheben, damit Juden/Jüdinnen und AraberInnen friedlich zusammenleben können. Um diese Revolution zu ermöglichen, ist es wichtig internationalistische, sozialistische Strömungen zu unterstützen und aufzubauen.

Es wird nicht einfach werden die israelischen ArbeiterInnen von „ihrem” Staate zu brechen, unter dem sie den arabischen Nachbarn gegenüber große Privilegien genießen. Doch es gibt bereits erste Ansätze, wie z.Bsp. Anti-Kriegsdemos in Israel selbst, auf denen sich Antikriegsproteste auch in Proteste gegen das System, das Kriege schafft, steigern können und müssen.

von Bartholomäus aus Bernau //REVOLUTION Nr. 19

 

Flugblatt für die Demo am 12. August von REVOLUTION

Bericht von der Demo am 12. August auf Indymedia

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