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Die Geschichte der Roma-Unterdrückung

//von Kuldip (REVO UK) //REVOLUTION Nr. 5

Als die slowakischen Medien über den Fall Mário Bango berichtet haben, gab es eine große Hetzkampagne gegen die beiden Brüder, die als „Diebe“ und vor allem „dreckige Zigeuner“ gebrandmarkt wurden.

Doch das ist kein Einzelfall. Die „Zigeuner“ – in Wirklichkeit heißen sie Roma – werden seit Jahrhunderten in Osteuropa unterdrückt und verfolgt. Heute werden sie von slowakischen Neonazis angegriffen und von der britischen Boulevardpresse beschimpft.

Der folgende Artikel zur Geschichte der Roma-Unterdrückung stammt aus der britischen Zeitung REVOLUTION Nr. 63.

 

Die Roma kamen ursprünglich aus Indien und sind mit der Ausweitung des Osmanischen Reiches allmählich nach Westen gezogen. Im 14. Jahrhundert sind sie in Südosteuropa angekommen und einzelne Gruppen sind bis zum 15. Jahrhundert weiter in die westlichen Teile Europas gezogen. Historisch waren sie ein „wanderndes“ Volk, und haben ihren Lebensunterhalt als Schmied, Kleinhändler oder Zeitarbeiter verdient.

Mit dem beginnenden Verfall der feudalen Gesellschaft wurden die Roma nicht integriert, sondern einer systematischen Diskriminierung ausgesetzt – vor allem unter der katholischen Inquisition, die massive Pogrome gegen sie angestiftet hat.

Sie waren gezwungen, als Paria am Rande der Gesellschaft zu leben. Klassenunterschiede innerhalb der Romagemeinschaften waren minimal, da alle einen niedrigen gesellschaftlichen Status hatten. Sie wurden von den meisten Berufen ausgeschlossen und ihre Sprache und Traditionen wurden verboten. In dem heutigen Rumänien wurden die Roma bis 1864 in Sklaverei gehalten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind die meisten Roma sesshaft geworden. Das änderte jedoch nichts an ihrer gesellschaftlichen Diskriminierung und Ausgrenzung. Im Gegenteil. Sie verschärfte sich mit der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus. Ihren barbarischen Höhepunkt erlangte die Unterdrückung unter der nationalsozialistischen Diktatur. Die Roma fielen dem Völkermord zum Opfer, was sie “Porrajmos” (das Verschlingen) nannten. Es wird geschätzt, dass zwischen 500.000 und 1.500.000 Roma von den Nazis ermordet wurden. Doch dieser Völkermord ist kaum bekannt. Während dem Nürnberger Prozess wurde es nicht mal erwähnt.

Stalinismus nach dem Krieg

Die stalinistische Herrschaft in Osteuropa nach dem Krieg hatte massive Auswirkungen auf die Roma. Sie wurden zum ersten Mal in eine moderne Wirtschaft integriert, da die großen Industrialisierungskampagnen eine große Arbeiterklasse benötigten. Eine Roma-Arbeiterklasse bildete sich heraus; eine kleine Schicht von Intellektuellen ist vorgetreten und es gab eine allgemeine Verbesserung der wirtschaftlichen Stellung der Roma.

Trotzdem bedeutete dies nicht das Ende der sozialen Unterdrückung – die slawische Bevölkerung als ganze behielt eine tief chauvinistische und rassistische Einstellung gegenüber der Roma. Die stalinistisch herrschende Kaste machte keinen ernsthaften Versuch, dies zu überwinden.

Die Roma lebten als Bürger zweiter Klasse: innerhalb der Arbeiterklasse bekamen sie die am schlechtesten bezahlten Jobs. Eine Studie in Ungarn im Jahre 1970 zeigte, dass nur 11 der Roma-Arbeiter qualifizierte Facharbeiter waren. Der Rest war in der Landwirtschaft beschäftigt; auch in der Slowakei waren 90% der erwerbstätigen Roma angelernte oder ungelernte ArbeiterInnen.

Die Kinder der Romafamilien wurden in „Sonderschulen“ geschickt, weil sie für „rückständig“ gehalten wurden. Sie wurden als “sozial schwierig” oder „intellektuell unterentwickelt“ eingeschätzt. In Ungarn, am Ende der 80er, Jahre waren 37% aller Kinder auf den Sonderschulen Roma, obwohl sie nur 5% der Gesamtbevölkerung ausmachten. In Bulgarien hießen die Schulen für Roma explizit „Schulen für Kinder mit unterentwickelter Lebensart und Kultur“.

Und dazu kommt, dass ihre Existenz als eigene ethnische Minderheit geleugnet wurde. In der Tschechoslowakei wurden sie nur eine „sozial rückständige Schicht der slowakischen Nation“ betrachtet. In Rumänien wurde das Wort für Roma – „Tigan“ – aus der Öffentlichkeit verbannt.

Romanes („Zigeunersprache“)

Als Folge mussten sie unter einer systematischen Diskrimierung gegen ihre Kultur und Sprache leiden. Keine Schulbücher auf Romanes wurden zugelassen und die Sprache wurde nicht in den Schulen unterrichtet. Trotz dieser staatlichen Unterdrückung sprechen heute noch 60% der Roma in Rumänien Romanes als ihre erste Sprache, und mehr als 20% in Ungarn. In der Slowakei sprechen 80% Romanes, allerdings nicht unbedingt als erste Sprache.

Diese grundsätzliche Verweigerung ihrer Rechte hat verhindert, dass die Roma sich integrieren konnten und demzufolge hielten die massiven Diskriminierungen und der Rassismus gegen die Roma in allen Teilen Osteuropas an.

Aufgrund ihrer Stellung im Billigjobsektor und ihres niedriden Bildungsniveaus wurden sie von dem Zusammenbruch des Stalinismus 1989 und der Restauration des Kapitalismus besonders hart getroffen. Viele Industriebetriebe und Landwirtschaftsgenossenschaften wurden geschlossen und die Arbeitslosigkeit unter den Roma ist schnell gestiegen.

In der Slowakei sind 90% der 400.000 Roma ohne Arbeit – in einigen Gebieten im Osten des Landes sind es „99% und noch was“. In Ungarn ist die Arbeitslosenquote unter den Roma 60-80% und in Tschechien 70-90%.

Die Roma-Arbeiterklasse ist effektiv verelendet. Laut Schätzungen der Weltbank ist in Ungarn der Anteil der Personen, die unter der Armutsgrenze leben, unter den Roma 4-5mal so hoch als unter der restlichen Bevölkerung. In der Slowakei sind 31.6% der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, Roma, obwohl sie nur 8.8% der Gesamtbevölkerung stellen. Ihre Lebenserwartung ist auch wesentlich kürzer – 55 Jahre bei Männern und 59 bei Frauen, also sie sterben durchschnittlich 12 bis 15 Jahren früher als SlowakInnen.

Wie das heute aussieht

Eine der wenigen Errungenschaften nach 1989 ist die offizielle Anerkennung ihrer Sprache und Literatur. Jetzt kann man an der Universität Prag Romanes studieren und Bücher gibt es auch.

An der allgemeinen Diskriminierung ändert das nicht viel. Nur wenige Roma-Kinder besuchen den Kindergarten – wegen Armut oder Feindseligkeit der Behörden. Die Praxis, Roma in „Sonderschulen“ zu schicken, besteht weiter.

Eine Folge dieser rassistischen Diskriminierung ist ein niedriges Bildungsniveau. Wenige Roma haben einen Schulabschluss und der ohnedies schon hohe Anteil an Analphabeten nimmt zu. In Bulgarien steigt der Anteil der Kinder, die nicht lesen und schreiben können, von 29% 1991 auf 46% im Jahr 2001.

Von den 8 Millionen Roma in Europa leben etwa 6 Millionen im Osten. Sie sind in keiner bestimmten Region konzentriert. Jahrhunderte der Unterdrückung haben verhindert, dass sie sich in die Gesellschaft integrieren konnten. Heute sind sie eindeutig eine rassistisch unterdrückte Minderheit.

Der Kapitalismus braucht „Außenseiter“ als Sündenböcke. In Osteuropa haben die Roma diese Funktion: sie werden als faule Nichtstuer beschimpft, als Krankheitsträger und eine Last auf die Gesellschaft. Diese Beschimpfungen finden ein Echo in der Festung Europas – die rechten Medien benutzen die selben Vorurteile gegen Roma, die hier leben möchten.

REVOLUTION kämpft gegen die Lügen über die Roma in den Medien. Wir kämpfen für die volle Befreiung aller unterdrückten Völker und sehen dies als untrennbar vom Kampf für den Sozialismus.

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