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Politische Unehrlichkeit der "Neuen Linken" „Die gewundene Mittelstellung läuft, wie immer, auf eine Zweideutigkeit, ja auf eine politische Unehrlichkeit hinaus.“ – Rosa Luxemburg: Parteitag der Unabhängigen SP, 1918 (1) Am 25. März blickten breit grinsende Politikerfressen ins Blitzlichtgewitter der Pressefotografen. An jenem Sonntag ging der „Doppelparteitag“ in Dortmund zu Ende – WASG und Linkspartei.PDS tagten direkt nebeneinander. Gysi, Lafontaine und Co. freuten sich über ihren Erfolg, denn ein wichtiger Schritt in Richtung Fusion war gemacht worden. Die Urabstimmung unter den Mitgliedern beider Parteien endete am 18. Mai mit großen Mehrheiten für die Fusion. Es fehlt nur noch der Vereinigungskongress am 16. Juni als letzte Hürde auf dem Weg zur neuen Partei „DIE LINKE“. Schon recht kurze Zeit nach der Gründung der „Partei für soziale Gerechtigkeit – die Wahlalternative“ 2005 wurde sehr laut über eine Fusion nachgedacht. Kein Wunder, denn die Vorstände beider Parteien haben ein großes Interesse an einem Zusammenschluss. Die linkeren GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen, die die WASG führen, sehnen sich nach der „guten alten“ SPD zurück. Sie wollen Parlamentssitze und Posten erringen, eine möglichst starke 60er-Jahre-Sozialdemokratie aufbauen. Die WASG-Führung erblickt in der liberal-reformistischen L.PDS eine Gleichgesinnte mit einer unvergleichlich höheren Mitgliederzahl und einer – wenn auch schwindenden – Stammwählerschaft. Die L.PDS-Führung hat das Problem, dass die überwiegende Mehrheit ihrer Mitglieder und ihrer WählerInnen in den früheren DDR-Gebieten lebt. Außerdem musste sie sich etwas einfallen lassen, denn die altersschwache PDS – fast 60% der Mitglieder sind über 65 Jahre alt – hat wegen ihren Regierungsbeteiligungen keine Wähler- oder Mitgliederzuwächse zu verzeichnen. Die WASG ist für den L.PDS-Vorstand die Chance, dem „Ost-Ghetto“ und dem SED-Image zu entfliehen. Die Fusion ist daher vor allem das Projekt der reformistischen Führungen. Der Zusammenschluss geht vor allem gegen die Basis der ehemaligen Protestpartei WASG. „In den letzten Monaten sind Hunderte KritikerInnen einer bedingungslosen Fusion mit der Linkspartei.PDS aus der WASG ausgetreten. ... Tausende WASG-Mitglieder haben ... die Zahlung ihrer Mitgliedsbeiträge eingestellt. Nun sollen vor der entscheidenden Urabstimmung 3500 Mitglieder mit Beitragsrückständen aus den Listen gestrichen werden.“ (linkezeitung.de 25.2.2007) Ausschlussverfahren wurden eingeleitet, z.B. gegen das NRW-Landesvorstandsmitglied Edith Bartelmus-Scholich. Die Aktivistin des „Netzwerkes Linke Opposition“ (NLO) sollte ausgeschlossen werden, u.a. wegen folgender Forderung des NLO: „Den Erhalt der WASG oder den Aufbau einer eigenständigen linken politischen Kraft, die unverbrüchlich auf der Seite der Beschäftigten steht.“ Genau das wird nämlich „DIE LINKE“ nicht tun. Sie steht fest zu Kapitalismus, also dem Markt und dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. PDS-Superman Gregor Gysi hatte bereits 1996 ausdrücklich erklärt, dass demokratischer Sozialismus das Privateigentum an den Produktionsmitteln einschließt und dass die Interessen der Eigentümer zu schützen seien. Und sein sozialdemokratischer WASG-Genosse Oskar Lafontaine hatte 2005 verkündet, er arbeite nur mit der PDS zusammen, weil diese sich „zu Demokratie, zu freiem Unternehmertum und zu Gewinnen“ bekennt. Auf dem Doppelparteitag wurde das reformistische Glaubensbekenntnis durch Angelika Gramkow wiederholt, die im Namen des Vorstandes den kapitalistischen Markt als „Vorraussetzung einer produktiven Wirtschaft“ bezeichnete (!). Die Profitlogik ist laut dem auf dem Parteitag beschlossenen „Eckpunktepapier“ „wichtig für Innovation und betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit“. Als Lösung der durch die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse verursachten Probleme wird die bekannte sozialdemokratisch erprobte Formel „gesellschaftliche Schranken und Regeln“ genannt. Und in diesem Stil ging es auf dem Doppelparteitag auch weiter: „DIE LINKE“ ist nur unter den gegebenen Umständen gegen Militäreinsätze, sie will nicht das öffentliche Eigentum schützen, sondern nur die „öffentliche Daseinsvorsorge“ – was auch immer mensch darunter verstehen will. Sowieso soll Sozialabbau nur „nach Kräften“ verhindert werden. Bei der Ablehnung der Änderungsanträge halfen „Antragspools“; so mussten die Anträge noch nicht einmal diskutiert werden. Wenn die „Antikapitalistische Linke“, zu der unter anderem die Bundestagsabgeordneten Nele Hirsch und Ulla Jelpke gehören, in einer Stellungnahme den Parteitag ins Positive verklärt, so bleibt höchstens die Frage offen, ob diese „AntikapitalistInnen“ nur die Öffentlichkeit oder auch sich selbst übers Ohr hauen wollen. „DIE LINKE“ ist eine Verhöhnung des Antikapitalismus. Sie ist ein bürokratisches Monster, voll unter der Kontrolle der rechten Reformisten vom Schlage Gysis und Lafontaines, ein linkes Aushängeschild des kapitalistischen Systems, angepasst, prokapitalistisch, vom ersten Tage ihrer Existenz an Regierungspartei. Für politische Ehrlichkeit der linken Jugend! Was soll mensch da von einem Jugendverband halten, der sich laut Satzungsentwurf als „Jugendorganisation der Partei DIE LINKE“ begreift? Eine „Plattform für kapitalismuskritische, selbstbestimmte und rebellische Politik“ kann AntikapitalistInnen nicht reichen. In den Programmentwürfen gibt es zwar auch einen antikapitalistischen Absatz und zwischendurch immer wieder Aussagen gegen den Kapitalismus, aber in beiden Versionen des Programms sind auch andere Aussagen. Da wird bedauert, dass „Demokratiefeindliche Stimmungen gegen ,die da oben’ ... die Demokratie zunehmend erodieren“ lassen und die „Repolitisierung der Demokratie“ zum „Ausgangspunkt unseres politischen Kampfes um Emanzipation“ erklärt. Durch die Institutionen dieser "Demokratie", die auf Privateigentum an Produktionsmitteln und damit auf die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen basiert, können wir uns aber leider nicht befreien. „Wir haben uns als Jugendverband der LINKEN zusammengeschlossen, weil wir diese Gesellschaft grundlegend verändern wollen.“, heißt es – nur ist leider mit dieser marktfetischistischen „LINKEN“ vom Dortmunder Doppelparteitag keine grundlegende Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse möglich. „Unsere Politik bestimmen wir selbst ... – nicht unabhängig, aber eigenständig zur Partei der LINKEN.“ Aha (!?). Ein Zitat aus Version B des Programmentwurfs macht das Problem recht deutlich: „Eine Linke wie in der Vergangenheit, wo sich verschiedene Ansätze unversöhnlich gegenüberstanden, hat keine Zukunft. Die berühmten zwei Gräben: Reform oder Revolution bilden für uns keinen Widerspruch.“ Wirklich nicht? Die Genossin Rosa Luxemburg gab bereits vor über hundert Jahren die Antwort: "stellt man die Sozialreform zunächst als Selbstzweck auf, so führt sie nicht nur nicht zur Verwirklichung des sozialistischen Endzieles, sondern eher umgekehrt." (Rosa Luxemburg, "Sozialreform oder Revolution", 1899 (2)) Sie hatte recht, es gibt einen grunsätzlichen Widerspruch zwischen Reformismus und Revolution. Der Kampf um soziale Reformen ist enorm wichtig, jedoch muss er Teil einer revolutionären Strategie sein. Das Eintreten für Reformen ohne ein konkretes Ziel hat nichts Revolutionäres an sich. Spricht aus den versöhnlerischen Worten also nur Unverständnis oder Unkenntnis? Nein, es spricht aus ihnen die kalte Berechnung die hinter diesem „radikalen“ Jugendverband der Profitlogik-„LINKEN“ steckt. Revolutionäre Jugendliche werden in einen großen Kessel mit allerlei ReformistInnen geworfen mit denen sie sich gemeinsam organisieren sollen, gemeinsame Propaganda betreiben sollen. Das zwingt die jungen RevolutionärInnen zu Zugeständnissen, zwingt sie in die Defensive. Wir brauchen aber eine Linke, die offensiv die Notwendigkeit von konsequentem Klassenkampf und Revolution vertritt! Wir werden natürlich auch Seite an Seite mit reformistischen Linken kämpfen, aber wir müssen als eigenständige revolutionäre Kraft lautstark und aktiv gegen Kapitalismus und reformistische Illusionen Stellung beziehen! Wir können den Kapitalismus überwinden! Für eine unabhängige revolutionäre Jugendorganisation! Für eine revolutionäre Jugendinternationale! //von Jalava Ladmie, 23.5.07 //Original: LinkeZeitung Fußnoten |
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