Die Geschichte Jihad Atitis, Shahid (Selbstmordattentäter)

Jihad Atiti, der jüngste Sohn seiner Familie, war 18 Jahre alt, als er die Grenze des Balata-Flüchtlingslagers am Stadtrand von Nablus verließ, um als lebende Bombe den Krieg gegen die PalästinenserInnen nach Israel zu tragen. Dies ist seine Geschichte, wie sie uns sein Bruder Ala erzählt hat, der jetzt selbst ins Fadenkreuz des israelischen Geheimdienstes geraten ist.

Kurz bevor die israelische Armee vor einigen Monaten wieder in Nablus einmarschiert war, eröffneten israelische Soldaten das Feuer auf mehrere Teenager in den Straßen des Balata-Lagers. Ein Freund Jihads wurde verwundet, doch die israelische Armee ließ nicht zu, dass man den Verwundeten ins Krankenhaus brachte. Jihad lief auf die Straße, um seinen Freund in Sicherheit zu bringen. Dabei feuerten die Soldaten auch auf ihn und trafen ihn in die rechte Seite. Die Wunde war sehr groß, er musste operiert werden. Zum Glück waren keine lebenswichtigen Organe verletzt worden.

Ein Monat später: Am 1. Mai stürmte die Armee das Haus der Atitis, trieb die Familie in einem Raum zusammen, verwüstete das Haus und stahl ihre Ersparnisse. Danach sprengten die Soldaten eine Wand im Haus, um es den Bulldozern leichter zu machen, das Haus, in dem sich immer noch die Atitis befanden, zu zerstören. Gerade als die Bulldozer begannen, das Gebäude nieder zu reißen, tauchte ein Al Jazira-Fernsehteam auf, worauf sich die Armee zurückzog.

Wieder ein Monat später: die israelische Armee rückt in Balata ein und beschießt aus Apache-Hubschraubern die EinwohnerInnen. Am 9. April wurden Munir, einer von Jihads älteren Brüdern, und sein 13 Jahre alter Sohn Saleh direkt vor ihrer Haustür von einem Panzer beschossen. Dabei wurde Munir am Rückgrat verletzt; jetzt lernt er gerade wieder, mühsam zu laufen. Saleh befindet sich in einem deutschen Krankenhaus, wo man versucht, ihm die Schrapnellsplitter aus dem Hals und der Nase zu entfernen.

Am 28. April fiel die israelische Armee erneut in Balata ein. Dieses Mal wurden alle Männer zwischen 15 und 50 gezwungen, sich auszuziehen und sie wurden in einem demütigendem Schaulauf, mit verbundenen Augen sowie mit auf den Rücken gefesselten Händen, durch das Lager geführt. Sie wurden ins Gefängnis gebracht, wo man sie tagelang verhörte, weiter demütigte und folterte. Während die Männer im Knast waren, sprengte die Armee Löcher in alle Häuser, damit sie sich zwischen den Häusern bewegen konnten, ohne die Straßen zu benutzen.

Jihad wurde noch einmal verletzt, als er an einer friedlichen Straßenblockade teilnahm. Er stand auf einem Auto und schwenkte die palästinensiche Fahne, als ein israelischer Soldat ihm ins Bein schoss. Er fiel vom Wagen und schlug mit dem Kopf auf, was sein Sehvermögen von da an beeinträchtigte.

Sein bester Freund und Cousin, Mahmoud, und zwei weitere Freunde wurden am 22. Mai ermordet, als sie das Grab eines Freundes besuchten. Die Armee feuerte acht Panzergranaten ab, welche jeweils mit fünfhundert Nägeln gefüllt waren. Alle drei wurden getötet. Sie alle waren gleich mehrmals getroffen worden. Jihad rannte zum Friedhof und fand Mahmouds zerfetzte Leiche. Er versuchte, ihn aufzuheben, aber seine Hand rutschte durch ein Loch, das die Granate in Mahmoud gerissen hatte.

Vier Tage später ging Jihad in ein Open-Air Cafe außerhalb Tel Avivs und zündete einen Sprengstoffgürtel, den er unter seinem T-Shirt trug. Er tötete sich selbst, zwei Israelis und verletzte 50 weitere. Die israelische Armee weigert sich bis heute, Jihads sterbliche Überreste seiner Familie zu übergeben. Sie haben außerdem noch eine über 25-jährige Gefängnisstrafe verhängt – über seine Leiche.