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¡Viva Zapata!

Sechzehn Jahre nach dem Aufstand in Chiapas

Als am 1. Januar 1994 die EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional; zu deutsch: Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) ihren Aufstand für die Autonomie der indigenen Völker in der südmexikanischen Provinz Chiapas begann, schaute die gesamte globale Linke gebannt auf den pfeiferauchenden und mit einer schwarzen Sturmhaube vermummten Subcomandante Marcos und lauschte seinen philosophischen Statements. Von einer neuen Welt sprach er, von „Antimacht“ und vom Ziel, den Staat nicht anzugreifen, sondern durch alternative Strukturen überflüssig zu machen.

Heute, über 16 Jahre und mehrere sogenannte „intergalaktische Treffen“ später, hört man nicht mehr allzu viel über die ZapatistInnen, die sich von Jahr zu Jahr mehr in den Urwald zurückgezogen haben, um den immer wiederkehrenden Angriffen von Armee und rechtsgerichteten Milizen zu entgehen. Nur Kaffee aus Chiapas in vielen Fair-Trade-Läden erinnert noch an die einstigen HoffnungsträgerInnen einer neuen linken Bewegung.

Sicherlich ist es der zapatistischen Bewegung in den Jahren nach ihrem Aufstand, als das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) in Kraft trat, immer wieder gelungen, die Massen zu mobilisieren. Keineswegs nur die indigene Bevölkerung in den ländlichen Gebieten, sondern auch StudentInnen und ArbeiterInnen in den Städten. Diese Unterstützung, die anfangs tatsächlich enormes Potenzial mit sich brachte, schwand aber von Jahr zu Jahr, denn die Perspektivlosigkeit der Zapatistas war nicht zu übersehen. Obwohl die wichtigste strategische Parole der ZapatistInnen lautete: „die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen“, war die geballte Macht des kapitalistischen Staates, also die Polizei und die Armee, doch jeden Tag zu spüren. Sie konnte also nicht einfach durch philosophische Konstrukte weggedacht werden. Abgesehen davon stellten die EZLN – dadurch, dass sie Gesetze erließen und diese mit bewaffneten Streitkräften durchsetzten – ganz klar eine politische Macht dar, auch wenn sie das nicht so nennen wollte.

Von einer neuen Welt war also die Rede, von der Selbstbestimmung der indigenen Völker – geändert hat sich jedoch sehr wenig. Die angestrebte Freiheit für indigene Gemeinschaften, bessere Lebensbedingungen und eine vermehrte Auslebung der Traditionen mag für die Situation in Chiapas wohl teilweise zutreffen. Doch auch diese Verbesserungen werden tagtäglich angegriffen.

Global gesehen hat sich noch weniger geändert: immer noch besitzen unglaublich wenige Menschen unglaublich viel, immer noch sind die arbeitenden Massen unterdrückt. Die schönen Ziele der EZLN verpufften keineswegs einfach in der Wirkungslosigkeit, vielmehr wurden sie durch die gesamte Macht des Kapitalismus regelrecht zerschlagen. Die in der Linken so umjubelte Idee, nicht die bestehende Ordnung anzugreifen, sondern einzig Alternativen zu schaffen führte zum Scheitern.

Freilich darf man nicht vergessen, dass die Forderung nach Selbstbestimmung der indigenen Menschen bedingungslos zu unterstützen ist. Doch uns geht es nicht darum, die bestehende Misere durch „gute Regierung“ etwas angenehmer zu machen, sondern durch eine Entwicklung der bitterarmen Gegend den Menschen dort ein angenehmeres Leben zu ermöglichen – und daran hat die mexikanische Bourgeoisie bisher wenig Interesse gezeigt.

Vor allem ist uns klar, dass indigene Gemeinden kaum eine Chance gegen den mexikanischen Staatsapparat haben – dazu braucht es eine vereinigte Bewegung mit allen Menschen, die die mexikanische Gesellschaft Tag für Tag am Laufen halten.

Die ArbeiterInnen (und auch die Studierenden und armen Jugendlichen) Mexikos haben in den letzten Jahren gezeigt, dass es ihnen nicht an Kampfkraft mangelt: Streiks der ElektrikerInnen und der BergarbeiterInnen, der einjährige Streik an der größten Universität UNAM, der Aufstand in der südlichen Provinz Oaxaca sind nur die bekanntesten Beispiele. Die ArbeiterInnenklasse ist die Kraft, die mit einer sozialistischen Revolution alle Menschen in Chiapas, in Mexiko, und auch weltweit aus der Misere herausführen könnte.

//von Albert Olter und Julian Neufeld, RIO, St. Gallen //REVOLUTION Nr. 39

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