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Gewerkschaft für SchwarzfahrerInnen

Stockholmer SchwarzfahrerInnen haben eine Versicherung, die Bußgelder bezahlt. Ein Interview mit der Kampagne „Planka“, was soviel wie „Schwarzfahren“ heißt.

In Stockholm kann man eine Versicherung kaufen für den Fall, daß man beim Schwarzfahren erwischt wird. Wie hat das Projekt angefangen?

Es war im Anschluß an den „heißen Sommer“ im Jahr 2001. Damals gab es eine riesige Mobilisierung gegen den EU-Gipfel in Göteborg und auch viel Repression durch die Polizei. Danach haben viele AktivistInnen darüber nachgedacht, wo sie ihre Energie künftig investieren wollen. Im Herbst jenes Jahres wurde in Stockholm der Preis für die Monatskarte von 450 auf 500 Kronen (48 auf 53 Euro) angehoben. Da das für viele Jugendliche damals schon zu teuer war, überlegten wir, was man dagegen tun kann. Das Schwarzfahren war ohnehin schon weit verbreitet.

Wir gründeten also „Planka“ und organisierten Proteste: Massenschwarzfahren oder Demonstrationen in den U-Bahn-Zugängen. Wir richteten sogar ein Frühwarnsystem ein, mit dem wir per SMS vor Kontrollen in den Bahnhöfen warnten. Aber die Aktionen erreichten eigentlich nur politische AktivistInnen. Was die Kampagne am Laufen hielt, war dann die „Ticketkasse“.

Wie funktioniert das?

Jedes Mitglied zahlt 100 Kronen (etwa zehn Euro) im Monat ein. Falls es beim Schwarzfahren erwischt wird, schickt es den Strafzettel (in Höhe von 1200 Kronen) an uns – wir bezahlen ihn dann. Wie bei einer normalen Versicherung gibt es auch bei uns eine Selbstbeteiligung, das sind jeweils 100 Kronen. Unter dem Strich ist das für den einzelnen weit günstiger als die 690 Kronen, die heute für eine Monatskarte in Stockholm fällig sind.

Wie viele Menschen beteiligen sich?

Die Zahlen gehen rauf und runter. Momentan zahlen etwa 500 Menschen ihre Beiträge, es waren aber schon fast 1000. Die Verwaltungsarbeit wird abwechselnd durch Freiwillige erledigt –nach sieben Jahren haben wir die Routine ziemlich gut drauf. Geld, das übrig bleibt, wird für politische Zwecke ausgegeben, z.B. für den Kauf von Monatskarten für sogenannte Illegale.

Aber gehen die Verkehrsbetriebe nicht offensiv gegen „Planka“ vor?

„Planka“ bewegt sich mit seinen Aktionen in einer juristischen Grauzone. Die WächterInnen mit den gelben Westen an den Eingangsschaltern können manchmal ziemlich aggressiv sein, aber dürfen niemanden festnehmen. Sie werden in der Regel ignoriert.

Finden viele Kontrollen in den Zügen statt?

Die Betriebe setzen vor allem auf die „gelben Westen“ an den Eingängen, um die Leute einzuschüchtern. Jeder muß an ihnen vorbeilaufen, aber wie gesagt, sie können nichts machen.

Was sind Eure Forderungen?

Wir wollen das Konzept der Finanzierung durch Fahrkarten in Frage stellen. Denn selten wird gefragt, wieviel dieses System kostet, mit seinen Fahrkarten, Eingangsschaltern und Überwachungspersonal. Zum Beispiel kostet einer von diesen neuen Eingangsschaltern mit Glastüren 110000 Kronen. Diese neue Technik sollte Schwarzfahren eigentlich unmöglich machen, aber sie ist leicht zu umgehen. Jetzt müssen daher auch an diesen Türen WächterInnen eingesetzt werden.

Durch all das wird der öffentliche Verkehr immer teurer. Wir aber sagen: öffentlicher Verkehr muß ein Recht für alle sein. Man muß ja auch kein Ticket kaufen, um den Bürgersteig benutzen zu können.

//Interview: Wladek Flakin //REVOLUTION Nr. 30 //längere Version auf Indymedia

 

www.planka.nu

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