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Flora Tristan Am 7. April 1803 wurde Flora Tristan als Tochter eines peruanischen Adligen und einer Französin aus dem Kleinbürgertum in Paris geboren. Zunächst in im Wohlstand aufwachsend, wurden sie und ihre Mutter durch den plötzlichen Tod des Vaters 1807 in bitterste Armut gestürzt, da die Heirat der Eltern nicht standesamtlich bestätigt und jeder Anspruch auf Erbschaft damit verspielt war. Aufgrund des Elends der Kleinfamilie wurde Tristan von ihrer Mutter im Alter von lediglich 15 Jahren zu einer Vernunftehe mit dem Lithographen André Chazal gedrängt, der ihr den Wiederaufstieg in höhere gesellschaftliche Kreise ermöglichen sollte. Der Plan schlug aber gründlich fehl: Als „Bastardin“ erlebte sie demütigendste Diskriminierung, musste 13 Stunden am Tag in der Werkstatt ihres Mannes arbeiten und seinen Alkoholismus sowie Schläge erdulden. Als er sie dann aufgrund seiner Spielschulden zur Prostitution zwingen wollte, reichte es ihr: Zusammen mit ihren zwei kleinen Kindern, schwanger mit dem dritten, musste sie fliehen. Als „Besitztum ihres Mannes“ stand die mutige junge Frau nun jedoch vor immensen Problemen, denen sie unerschrocken begegnete: Finanziell schlug sie sich mit verschiedensten Jobs durch, u.a. in der Schweiz und in England. Sie schrieb an die französische Deputiertenkammer und suchte um eine Aufhebung des Scheidungsverbots, sie reiste nach Peru und besuchte die Verwandten ihres Vaters, um die ihr zustehende Erbschaft zu erhalten. Beides wurde abgelehnt, doch über ihre Reise veröffentlichte sie zwei Bücher, 1835 und 1837. Erzürnt über das unmoralische Gebaren seiner Frau stellte Chazal sie nach monatelanger Verfolgung und schoss sie auf offener Straße nieder. Tristan kam mit dem Leben davon, aber die Kugel steckte tief in ihrem Körper und sollte ihr lebenslange Schmerzen bereiten. Befreit von ihrem despotischen Ehemann, der zu Zwangsarbeit verurteilt wurde, konnte Tristan nun ihr Leben voll und ganz in den Dienst ihrer fortschrittlichen Anschauungen stellen: Sie recherchierte in Slums, Fabriken, Gefängnissen, reiste nach England und schrieb ihre Erfahrungen nieder. Die schon vorher im Geist des utopischen Sozialismus überzeugte Revolutionärin erarbeitete sich so eine starke Wut gegen jede Unterdrückung, was ihr den Spitznamen „Madame la Colère“ (etwa: Frau Cholerikerin) einbrachte. Diese intensive Zeit brachte ihr die Erkenntnis, dass die Befreiung der Arbeiterinnen und Arbeiter nur durch die Organisation derselben geschehen kann, und so entsteht 1843 ihr wohl wichtigstes Werk: „L‘Union Ouvrière“, die Arbeiterunion. In diesem Buch schlägt sie vor, „Arbeiterpaläste“ einzurichten, um eine nationale, eventuell auch irgendwann eine internationale, Vereinigung der Arbeiterklasse aufzubauen und dem Ziel der Revolution näherzukommen. Große Aufmerksamkeit sollte bei diesem Prozess den Arbeiterinnen zukommen, denn Tristan teilte die Ansichten von frühen FrauenrechtlerInnen wie Olympe de Gouges und Mary Wallstonecraft, die bereits die absolute Gleichwertigkeit von Männern und Frauen forderten und die Emanzipation einer Gesellschaft stets an der Emanzipation ihrer Frauen festmachten. Ihre Forderungen trugen dabei einen kommunistischen Charakter und wurden später sowohl von Karl Marx als auch Friedrich Engels in deren Werken aufgegriffen – selbstredend ohne Quellenangabe. Tristan verband als eine der Ersten revolutionären Sozialismus mit Feminismus, und stellte fest, dass das eine ohne das andere unmöglich ist. Nach der Veröffentlichung ihres Buches nahm sie auch aktiv an dessen Verbreitung teil und trat 1844 eine „Tour de France“ an, in der sie Schriften verteilte, Reden hielt und diskutierte. Ihre Erfolge waren beeindruckend: Sie wurde von ArbeiterInnen, aber auch von LiteratInnen und PoetInnen begeistert empfangen. Nach ihren Besuchen begannen ArbeiterInnen, sich zu organisieren. Die Oberschichten, also die UnterdrückerInnen, reagierten empfindlich auf sie: Hotels wiesen sie ab und die Polizei stellte ihr Fallen. Während dieser Reise erkrankte sie schwer und erlag schließlich – sei es dem Typhus, sei es den Nachwirkungen der verhängnisvollen Kugel in ihrem Körper geschuldet – im November 1844 ihrem Leiden. Ein Zug von ArbeiterInnen, LiteratInnen und AnwältInnen trug sie zu Grabe. Post mortem wurde ihr letztes Buch veröffentlicht: „Die Emanzipation der Frau oder Das Testament einer Paria“, ein letztes Vermächtnis einer unerschrockenen, zielstrebigen Frau, die für Arbeiterinnen und Arbeiter gleichermaßen kämpfte und furchtlos den Weg zur Revolution beschritt. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts entstand eine sozialistische Frauenbewegung, die den Kampf gegen die Unterdrückung der Frau mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verband – aber Flora Tristan leistete wichtige Vorarbeit in diesem Sinne. //von Paula, Revo Dresden //REVOLUTION Nr. 30 |
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