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Kampf dem Adultismus!

Jugendunterdrückung ist neben Rassismus und Sexismus eine wichtige Form der Unterdrückung im Kapitalismus

Adultismus – ein Begriff, der den Wenigsten bekannt ist, jedoch kamen sicher schon alle im Laufe ihres Lebens mit Adultismus in Berührung. Wenn jemand jüngere Menschen aufgrund ihres Alters diskriminiert – meist „Erwachsene“ ihre oder andere Kinder – nennt mensch diese Form der Herabsetzung Adultismus.

Adultismus ist so allgegenwärtig und wir haben ihn so verinnerlicht, dass uns die Benachteiligung und Unterdrückung von Jüngeren gar nicht als solche erscheint. Wie selbstverständlich gehen wir im Umgang mit Jüngeren davon aus, dass wir über deren Köpfe hinweg, über diese entscheiden dürfen. Schliesslich sind wir die vermeintlich Erfahreneren, Reiferen, Kompetenteren, Stärkeren, Intelligenteren, Vernünftigeren usw.

In der Annahme, dass wir Jüngere unterdrücken dürfen, werden wir vom (kapitalistischen) Staat, seinen Institutionen und Gesetzen unterstützt. Auch die Tradition (welche natürlich nicht losgelöst von der jeweiligen Produktionsweise, vor welcher sie erscheint, zu betrachten ist!) stützt die Ungleichbehandlung von Jüngeren durch Ältere. Adultismus erfüllt eine ganz wichtige Funktion für jeden Klassenstaat: Sie bereitet den geistigen Nährboden vor, für jegliche Art von Diskriminierung, und ist somit eine wichtige Stütze des Systems. So wird Unterdrückung schon von Kindesbeinen an als selbstverständlich und oft sogar als unveränderlich wahrgenommen. Dieser Irrglaube macht es den Herrschenden einfacher, ihre Herrschaft zu legitimieren, die Beherrschten zu spalten, zu kommandieren und „ruhig zu halten“.

Die Verhaltensweisen

In jedem Bereich unserer Gesellschaft sind adultistische Verhaltensweisen und Haltungen wahrzunehmen:

Wörter wie „kindisch“ und „kindlich“ sind negativ besetzt. Wer diese Wörter benutzt, meint in der Regel nicht das „normale“ Verhalten, welches ein „normales“ Kind an den Tag legt, sondern ein unpassendes und dummes Verhalten. Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass viele junge Menschen es nicht mögen, wenn sie „Kinder“ genannt werden.

Jungen Menschen wird jegliche Entscheidungsfähigkeit, Selbstorganisation und Mitbestimmung in der Regel versagt. „Erwachsene “ bestimmen, was getan wird – wer nicht spurt, wird bestraft. In der Schule und der Ausbildung gibt es für SchülerInnen und Lehrlinge keine Möglichkeiten, mitzubestimmen, was sie lernen, ob sie Hausaufgaben machen sollen, wie sie lernen, wie sie bewertet werden usw.

Hinterfragen junge Menschen etwas, werden die Fragen abgewiesen: „Das ist einfach so“, „Das kannst Du eh nicht verstehen“, „Dafür bist Du noch zu jung“... Es wird gar nicht erst versucht, Erklärungen zu finden und dem/der Fragenden eine Antwort zu geben.

Versuchen junge Menschen „ihren eigenen Weg zu gehen“, fernab gesellschaftlicher Konventionen, wird dies nicht selten als „eine vorübergehende Phase“ oder „eine pubertäre Rebellion“ bezeichnet.

Das bürgerliche Recht diskriminiert junge Menschen ganz klar und zwingt sie zur Abhängigkeit von ihren Eltern. Junge Menschen haben kein Recht auf Mitsprache in ihrem Leben und im Staat, auf ein Mindesteinkommen und Selbstbestimmung im Allgemeinen.

Selbst unter den jungen Menschen herrscht adultistische Diskriminierung vor (z.B. zwingen ältere Kinder Jüngeren ihren Willen auf, dies oft mit dem Einsatz ihrer höheren Körperkraft...). Aber auch Erwachsene leiden oft unter Adultismus (z.B. werden jüngere MitarbeiterInnen von Älteren nicht ernst genommen...).

Wenn sich aber ein junger Mensch selbst ernst nimmt und versucht, sich seriös mit seiner Umwelt auseinander zu setzen, hört dieser nicht selten Sätze wie diese: „Nimm es nicht so ernst“, „Tu nicht so erwachsen“, „Denkst Du, das Du so wichtig bist“, „Was kannst Du schon daran ändern“ usw.

Die Auswirkungen

Die Auswirkungen und Folgen von Adultismus sind vielfältig und tiefschichtig.

Junge Menschen, denen man immer wieder klar zu verstehen gibt, dass ihre Meinung nicht gefragt ist, die man nicht ernst nimmt, die nur Befehlen gehorchen müssen, und das von klein auf – sie lernen, dass sie keine Macht und andere das Sagen haben. Das wird soweit verinnerlicht, dass dieser Missstand als normal angesehen wird. Das führt später zu einer bedingungslosen Anerkennung von Autoritäten.

Das Selbstvertrauen wird soweit zerstört, dass junge Menschen ihre Bedürfnisse nicht mehr ernst nehmen. Das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, in ihr Urteilsvermögen und den Erfolg ihrer eigenen Initiativen haben viele junge Menschen verloren. Das führt oft zu einer Resignation und Passivität. Oft zeigt sich das in der typischen „Null-Bock-auf-gar-nichts-Haltung“ heutiger Jugendlicher.

Auch leidet darunter das Selbstwertgefühl enorm. So sehr, das sich manche Jugendliche als so minder erachten, dass sie ihre Meinung und Bedürfnisse gar nicht mehr offen und ehrlich äussern.

Die erlebte Unterdrückung wird auf andere oder sich selbst abgegeben. Während einige resignieren, werden andere aggressiv. Einige rebellieren gegen ihre UnterdrückerInnen, andere beginnen andere, vermeintlich Schwächere, zu unterdrücken und noch andere wiederum legen selbstzerstörerische Tendenzen an den Tag. Viele versuchen ihren Frust mit Drogen zu betäuben und sich so den Alltag erträglicher zu gestalten.

Um mit dem Adultismus klar zu kommen (das heisst hier: akzeptieren), müssen junge Menschen ihren Gerechtigkeitssinn und ihre Vernunft ausschalten. Die Folge davon ist oft ein „Abtreten“ an andere, diese Richtig-oder-Falsch-Entscheidungen für sie zu treffen, oder eine blinde Übernahme von gesellschaftlichen Wertvorstellungen.

Diskriminierung von anderen und einem selbst wird als normal erachtet. Da ist es kein grosser Schritt bis zur Akzeptanz von Sexismus, Rassismus, Faschismus, und anderen Formen der Diskriminierung und Unterdrückung.

Lehren und Lernen

Es geht bei der Auseinandersetzung mit Adultismus nicht darum, jegliche „erzieherische Massnahme“ in Abrede zu stellen. Schliesslich ist es für uns (über-)lebenswichtig, Dinge von erfahreneren Menschen zu lernen. Dies rührt daher, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt (noch) nicht genug Informationen haben, Zusammenhänge (noch) nicht verstehen und gewisse Gefahren (noch) nicht wahrnehmen können.

Doch dieses Lehren und Lernen sollte auf gleichberechtigter, respektvoller, miteinbeziehender und freiwilliger Basis verlaufen – nicht in Form von Kommandos, von nicht-gewählten und nicht-hinterfragbaren „FührerInnen“, und dem blindem, unkritischen Gehorsam. Auch geht es nicht an, in den jungen Menschen „kleine Erwachsene“ zu sehen und sie wie solche zu behandeln. Es geht in erster Linie darum, diese Menschen ernst zunehmen – in ihrer Entwicklung und Bedürfnissen – statt sie zu bevormunden.

Eine Erwachsenenfeindlichkeit aufgrund der Auseinandersetzung mit dem Adultismus ist aber kontraproduktiv. Eher sollte diese Auseinandersetzung bei jungen Menschen dazu führen, die eigene Kritik- und Selbstkritk­fähigkeit zu stärken. Diese Eigenschaften liefern die Basis zur Entwicklung eigener Ideen und Initiativen.

Niemand wird als AdultistIn geboren – die gesellschaftlichen Zwänge und Gegebenheiten führen zur Entwicklung von adultistischen Denkweisen. Und genau darin liegt die Chance und Perspektive, dass wir diesen Misstand beheben können.

Revolutionäre Perspektive

Wir von REVOLUTION bekämpfen das derzeitige Gesellschaftssystem, den Kapitalismus, mit all seinen Auswüchsen. Dazu gehört natürlich auch der Adultismus, welcher in unseren Augen ganz klar zur Systemerhaltung beiträgt.

Es reicht nicht aus, den Adultismus losgelöst vom System zu betrachten und separat auslöschen zu wollen. Dies wird nicht funktionieren, solange die Klassengesellschaft, die den Adultismus hervorbringt, fortbesteht. Aus der Kenntnis über die besonderen Formen der Unterdrückung, welche die Jugend im Kapitalismus ausgesetzt ist, und aus der Überzeugung heraus, dass Jugendliche sich sehr wohl selber organisieren und bilden können, sind wir eine unabhängige Jugendorganisation. Wir lehnen die gleichberechtigte Zusammenarbeit mit Erwachsenen und deren solidarische Unterstützung nicht ab, lassen Uns aber auch nicht bevormunden.

Unser Kampf hat das Ziel, eine Gesellschaft zu errichten, in welcher sich jede/r nach seinen Fähigkeiten einbringen kann und das erhält, was zur Deckung seiner/ihrer Bedürfnisse nötig ist; eine Gesellschaft worin die freie Entwicklung eines/r jedem/r einzelnen die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist; eine Gesellschaft, welche Diskriminierung, Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen nicht nötig hat; wir kämpfen für eine Gesellschaft, in welcher der Mensch und nicht der Profit im Mittelpunkt steht – Wir kämpfen für den Kommunismus!

//von Yves, Revo St. Gallen //REVOLUTION Nr. 29

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