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KULTURREVOLUTION

Manu Chao – La Radiolina

Im Grunde hatte die Bewegung der Globalisierungskritiker stets zwei Popstars, die sie auf MTV vertreten haben. Auf der einen Seite stand Rage Against the Machine für Straßenmilitanz, auf der anderen Seite galt Manu Chao als Mann der etwas zurückgelehnten Fraktion. Dank seiner persönlichen Geschichte scheint Mano Chao für die grenzüberschreitende Bewegung wie geschaffen. Er wurde in Paris geboren, weil seine Eltern aus Spanien fliehen mußten. Seine Mutter kam aus dem baskischen Bilbao, sein Vater aus Galizien. Seine Musik basiert auf britischem Punkrock wie auch auf Einflüssen aus Südeuropa, Nordafrika und Lateinamerika.

Mehr als irgend ein anderer europäischer Künstler stand Manu Chao für die Losung: „Eine andere Welt ist möglich“. Auf seinen Alben hört man Ansprachen vom Subcomandante Marcos, mit ihm soll Manu Chao auch schon mal in den Wäldern des mexikanischen Südens diskutiert und Gitarre gespielt haben. Für die Globalisierungskritiker hat er riesige Benefiz-Konzerte gespielt, etwa 2002 in Barcelona gegen einen Gipfel der Europäischen Union. Zehntausende Aktivisten bekamen nach einem Tag voller Barrikadenkämpfe und Tränengas in einem Park seine Lieder unter dem Lichterschild „Contra l’Europa del Capital!“ zu hören.

Die Karte kostete 30 Euro, als Manu Chao und Radio Bemba ein Konzert vor mehr als 5000 Zuschauern in der Arena in Berlin-Treptow gaben. Manu Chao gab sein typisches Programm mit Liedern auf Spanisch, Französisch, Italienisch, Englisch – der Schlagzeuger sprang auch mal ein, um auf Arabisch zu singen. Dieses Set wird nicht von Pausen gebrochen, sondern es scheint sich eine konstante Melodie durchzuziehen, wie es auch nonstop um Kämpfe, Leiden, Lieben geht, selbstverständlich um die Liebe zum Aufstand.

Gleichzeitig ist Manu Chao einer remixfreundlichsten Rockmusiker überhaupt, seine Klassiker der letzten Jahre spielte er in völlig neuen Versionen. Doch es gab nicht nur die Samples vom Subcomandante: Gegen Ende kam Fermin Muguruza, die Punklegende aus dem Baskenland, unerwartet auf die Bühne, um mit Radio Bemba „Sarri Sarri“, sein altes Loblied für einen aus dem Knast geflohenen ETArra zu singen. Auch eine kurze Ansprache über politische Gefangene in Mexiko durfte nicht fehlen, gefolgt vom obligatorischen »Freiheit für alle politischen Gefangenen!« und der Einladung zu einer entsprechenden Soliparty.

George W. Bush kann man für vieles anprangern: die imperialistischen Raubkriege, die Folterknäste und seine dummen Sprüche. Und genau das machen ja auch fast alle linken Künstler, einschließlich Manu Chao. Auch wenn die Verhältnisse brutaler werden, gibt es bei Agit-Pop-Kritikern auf Dauer wenig Überraschendes. Bei seinem Berliner Konzert wie auch auf dem neuen Album »La Radiolina« setzte Manu Chao auf Anti-Bush-Message satt: „No Guantánamo“, „Cuidado, George Bush“, „In Bagdad, there’s no democracy“ oder „Infinita tristeza viene de Washington“ („Eine unendliche Traurigkeit stammt aus Washington“). Diese Aussagen sind so richtig wie dröge. Sie könnten genauso gut von NOFX, den Dixie Chicks oder anderen stammen.

Doch in Deutschland ist Manu Chao vorrangig für seine lustigen Hippielieder wie »King of the Bongo« bekannt. Seine anarchistischen Punksongs mit der Band Mano Negra bleiben weitgehend so unbeachtet wie seine eigentlich elaborierte politische Message. So fällt oft unter den Tisch, daß er mit Liedern wie „Clandestino“ zu den prägnantesten Kritikern der Festung Europa gehört. Kaum jemand vermag sich so wie er in das Leben eines illegalen Einwanderers einzufühlen („mein Leben habe ich zwischen Ceuta und Gibraltar zurückgelassen“). Wenn er dagegen auf seinem neuen Album zu einfachen politischen Losungen wie „Politik kills!“ zurückgreift, wirkt er philosophisch etwas unterfordert.

von Wladek, Revo Berlin //REVOLUTION Nr. 26

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