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Bildung! Für wen?!?

Der „Fachkräftemangel“ ist ein Produkt des kapitalistischen Bildungssystems

„Fachkräftemangel!“ Die bürgerliche Presse ist voller Meldungen: Es fehlt an gut ausgebildetem Personal, vor allem im Ingenieurs- und Technikerwesen. Laut der Industrie- und Handelskammer haben selbst die Firmen des verarbeitenden Gewerbes Schwierigkeiten, Arbeitsstellen mit ausgebildetem Personal zu belegen.

Zur Lösung des Problems werden Forderungen der Wirtschaft (IHK , BDA usw.) laut, den Arbeitsmarkt stärker für ausländische FacharbeiterInnen zu öffnen.

Natürlich haben ausländische FacharbeiterInnen das Recht, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Doch sind ArbeiterInnen, die nur nur im Auftrag eines „Arbeitsgebers“ einreisen dürfen, leichter auszubeuten.

Zu beachten ist die Entwicklung, dass Fachkräfte vermehrt ihre Arbeit aufgegeben und ins Ausland verlagern. Diese Tendenz ist auf die schlechten Bedingungen am Arbeitsplatz zurückzuführen. Anstatt die Bedingungen zu verbessern, sollen nun Fachkräfte aus dem Ausland diese schlechten Jobs übernehmen.

Und die Lösung?

Der Grund des Mangels an FacharbeiterInnen – das marode Bildungssystem – wird in der Diskussion völlig ausgeblendet. Studiengebühren zum Beispiel verstoßen gegen die Bildungsfreiheit, schaffen einen finanziellen Zwang und sichern die Ungleichheit.

AbiturientInnen, die nicht von wohlhabenden Schichten profitieren oder direkt aus deren Reihen stammen, haben größte Not, das allgemeine Recht auf ein Studium wahrzunehmen. Es besteht eine Ungleichheit, die sich darin äußert, dass sozial schwächere StudentInnen arbeiten müssen, um ihr Studium zu finanzieren, womit ihr Focus vom Studium abweichen muss.

Viele nehmen die Strapazen gar nicht erst auf sich und lehnen einen Studiengang daher kategorisch ab, was durch die sinkende Zahl der StudienanfängerInnen des letzten halben Jahres belegt wird.

Hochschulen auch?

Doch nicht nur die Hochschulen versagen, auch das allgemeine dreigliedrige Schulsystem schafft Ungleichheit. Die bewusste Abgrenzung und Spaltung, die einer kategorischen Einteilung zwischen Hauptschule, Realschule und Gymnasium obliegt, spricht für ein kapitalistisches Bildungssystem.

Nicht nur, dass der Besuch einer der Stufen von der sozialen Stellung abhängig ist, auch die zunehmenden finanziellen Ansprüche der Schulen (z.B. Geld für Lehrmaterialien) sorgen für Ungerechtigkeit. So ist die Übertragung des sozialen Status auf den Schulischen unumgänglich. Daher werden Hauptschulen zum Sammelbecken der sozial Schwächeren, während das Gymnasium nur selten von ärmeren SchülerInnen besucht wird. Die Bildungsgleichheit ist somit nicht gewährt.

Die Gesellschaft bestimmt somit den Verlauf des Werdegangs. Es wird allen SchülerInnen eingeredet, mensch könne es zu etwas bringen und es zur jeweils höheren „Bildungsstufe“ schaffen. Trotzdem hat mensch stets mit Abstufungen zu rechnen und die gesellschaftliche Situation ermöglicht nur selten so einen aufwendigen Bildungsgang.

Wer die Hauptschule besucht, hat auf dem Arbeitsmarkt perspektivisch kaum Chancen. Mit einem Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz zu finden, ist wohl leider nicht mehr die Regel. So ist es kein Wunder, dass diese SchülerInnen keine Hoffnungen mehr auf eine berufliche Zukunft oder Weiterbildung haben und sich mit ihrer Situation mehr oder weniger zufrieden geben.

Nach der schulischen „Ausbildung“ wären sie nämlich gezwungen, als ungelernte Arbeitskräfte den am meist versprechenden Job anzunehmen. Ihre Arbeit könnte jedeR verrichten und ist daher fast nichts mehr wert. Also wird man bewusst zum Subjekt der kapitalistischen Ausbeutung, die auf solche „minderwertigen“, ungelernten Kräfte angewiesen ist und ohne diese nicht existieren könnte.

Woher kommt das?

Dieses Wirtschaftssystem braucht auch eine Vielzahl an Arbeitslosen, um den Druck auf die Arbeitenden zu erhöhen. So nehmen auch ausgebildete ArbeiterInnen einen Job, der nicht ihrer Qualifikation entspricht, an, aus Angst vor der drohenden Ersetzung, die aufgrund der Arbeitslosenanzahl kein größeres Problem wäre.

Das System braucht also ungelernte Arbeitskräfte und Arbeitslose, um existieren zu können. Es ist kein Zufall, dass das Schulsystem durch Abstufung solche benötigten Typen hervorbringt. Aber auch die einzelnen SchülerInnen der drei Schularten werden bewusst gespalten. Jeder Schüler, jede Schülerin des jeweiligen Schulfeldes entwickelt durch die Einstufung einen Status, mit dem sie sich von SchülerInnen der anderen Stufen trennen.

Deshalb gibt es in dieser Klassengesellschaft keine Möglichkeit, eine einheitliche Schule für alle zu schaffen – obwohl die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems vor mindestens hundert Jahren hätte stattfinden müssen.

Realschule Plus?

Auch das Konzept der „Realschule plus“, das in absehbarer Zeit in Rheinland-Pfalz die Hauptschule ablösen soll, ist nicht mal ansatzweise eine Lösung der Probleme. Hier wird es eine Übertragung der Hauptschule und ihre Auslegung auf die Realschule geben. Abstufungen und Spaltungen zwischen Realschüler­Innen und HauptschülerInnen wird es dort genauso geben.

Eine Lösung der wahren Probleme ist im Kapitalismus nicht durchzuführen. Von daher ist die revolutionäre Perspektive auch in Betracht des Schulwesens notwendig.

Doch wir können die Auswirkungen des Kapitalismus im Schulsystem bekämpfen. Die Möglichkeit hat jedeR SchülerIn – durch Organisation gewinnt der/die Einzelne an Stärke und Kraft! Wenn wir alle gemeinsam für unsere Rechte kämpfen und uns mit den Protesten der ArbeiterInnen vereinen, können wir die Perspektive einer anderen Schule und einer anderen Gesellschaft verwirklichen.

Denn eine Gesamtschule, die für Chancengleichheit steht, kann es nur in einer anderen Gesellschaft geben.

//von Jaro, Revo Berlin //REVOLUTION Nr. 26

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