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Terrorist auf Vorrat

Mit der Vorratsdatenspeicherung nimmt die Überwachung in der BRD massiv zu

Verfolgt mensch die aktuellen, politischen Ereignisse – insbesondere mit Blick auf die Innenpolitik unseres Innenministers Wolfgang Schäuble – so fühlen sich einige sicherlich an die Zeiten des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR erinnert.

Wer jetzt denkt, die Überwachungsmaßnahmen der als „Stasi“ bezeichneten Organisation seien das Non-plus-ultra der Überwachung gewesen, dem sei gesagt dass Mielke & Co einen Überwachungsapparat wie er bereits heute in unserer BRD existiert und momentan unter dem Banner der „Terrorismusabwehr“ weiterhin ausgebaut wird, sich nie hätten erträumen lassen.

Allerdings muss der Fairness halber erwähnt werden, dass die seit längerer Zeit heiß diskutierte Idee der so genannten Vorratsdatenspeicherung (VDS) zur Abwechslung nicht seitens unseres Überwachungsministers Schäuble initiiert wurde, sondern von einem Beschluss der EU ausging, welcher in der BRD durch Schäuble und seine Kollegen nur noch weiter perfektioniert wurde.

Doch worum handelt es sich eigentlich bei der Vorratsdatenspeicherung?

Dieses, wohl mit Absicht irreführend gewählte Wort fasst die gesetzliche Pflicht von Telekommunikationsbetreibern zusammen, bestimmte Telekommunikationsdaten der TeilnehmerInnen für sechs Monate zu speichern und auf Anfrage Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen.

Was wird gespeichert?

Gespeichert werden soll, wer wann und mit wem telefoniert, gesimst oder gemailt hat und wann welche Verbindungen über das Internet aufgebaut wurden. Dabei werden bei Telefongesprächen über das Festnetztelefon die Zeit des Anrufes, sowie voller Name und volle Anschrift, sowohl des Anrufers, als auch des Angerufenen für sechs Monate in einer Datenbank festgehalten. Bei einem Telefongespräch über das Mobiltelefon greift der Überwachungsapparat noch tiefer in die Privatsphäre ein, – denn es wird zusätzlich gespeichert von wo der Anruf getätigt wurde.

Doch nicht nur die analogen Kommunikationswege fallen der Überwachung zum Opfer – auch das von Schäuble als „Fernuniversität und Trainingscamp für Terroristen“ bezeichnete Internet bleibt nicht verschont. So werden nicht nur Telefonate, sondern auch E-Mail-Kontakte und alle sonstigen Verbindungen, welche über das Internet hergestellt werden in den Datenbanken gespeichert.

Wer eine E-Mail versendet landet mit der benutzen E-Mail-Adresse, sowie der E-Mail-Adresse des Empfängers ebenso in einer Datenbank, wie jeder der sich ganz normal im Internet bewegt und beispielsweise gewöhnliche Webseiten aufruft – dabei wird die eigene, so genannte IP-Adresse (eine Art identifikationsnummer um den entsprechenden Computer in einem Netzwerk eindeutig zu identifizieren) sowie die IP-Adresse des entsprechend aufgerufenen Dienstes (z.B. eine bestimmte Webseite) gespeichert.

Die Vorratsdatenspeicherung ist bereits beschlossene Sache – trotz einiger Proteste, unter anderem in Berlin, Bielefeld und Frankfurt, sowie den immer wiederkehrenden Einwänden von Datenschützern konnte die Vorratsdatenspeicherung nicht verhindert werden.

Im Moment wird von der Bundesregierung nur noch die Debatte geführt, ob die Telekommunikationsunternehmen bis zum 1. Januar 2008, oder erst bis Mitte 2008 verpflichtet werden sollen, ihre eigenen Kunden zu Opfern der staatlichen Überwachung zu machen.

Wo ist das Problem?

Die Vorratsdatenspeicherung wird seitens der Politiker mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus begründet. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass alle Bürger unter einen Generalverdacht gestellt werden, was wiederum gegen die in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgehaltene Unschuldsvermutung spricht.

Des Weiteren sind Fehlinterpretationen der Daten bereits vorprogrammiert. Denn wenn man der Interpretation der Innenminister zum Terrorismus folgt, so sind schnell alle Islamistischen Gruppen und jene die Kontakt zu Menschen haben, welche Kontakt zu solchen Gruppen haben, Terroristen. Was dabei herauskommt, wenn aufgrund von Daten geurteilt wird, wird am Fall Murat Kurnaz schnell deutlich.

Da bei Handygesprächen ebenfalls der Ort, von dem aus das Gespräch gestartet wurde, gespeichert wird, lassen sich bei vielen Telefonaten schnell Bewegungsprofile des entsprechenden Handybesitzers erstellen – etwas, das bisher nur sehr schwierig von Ermittlungsbehörden über richterliche Beschlüsse erlaubt wurde, ist somit nun sehr einfach möglich.

Dies sind nur einige der zahlreichen Missstände, welche zusammen mit der Vorratsdatenspeicherung Einzug halten.

Da die bürgerlichen Medien kaum bis gar nicht über die aktuellen Entwicklungen hin zum orwellschen Überwachungs-Staat berichten, ist auch die Vorratsdatenspeicherung zu den wenigsten Menschen vorgedrungen, und das, obwohl diese jede und jeden betrifft. Daher ist die Aufklärung der Bevölkerung über diese Entwicklung von großer Bedeutung, – denn niemand wird gegen etwas handeln, von dem er oder sie keine Kenntnis hat.

//von Falco, Berlin //REVOLUTION Nr. 25

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