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Schulstreik-Stimmung

Überall in der BRD streiken SchülerInnen – zuletzt in Potsdam

Nachdem bereits in Berlin und Dresden tausende SchülerInnen gestreikt hatten, gingen am 12. Dezember auch Brandenburger Jugendliche gegen die Bildungspolitik der Landesregierung auf die Straße. Konkreter Anlass war die Reform des Schulgesetztes, die in derselben Woche in Potsdam verabschiedet werden sollte.

Die Novelle gestattet Schulen unter anderem, SchülerInnen ohne deren Einwilligung für „wissenschaftliche Zwecke“ mit Videokameras zu überwachen und zukünftig in und an Schulgebäuden kommerzielle Werbung zuzulassen. Durch die Einführung von Eignungstests und Mindestnotenwerten für die Aufnahme aufs Gymnasium sowie durch die zusätzliche Eröffnung von Begabtenklassen wird die frühzeitige soziale Selektion der SchülerInnen verstärkt.

Durch die Potsdamer Innenstadt

Obwohl diese Einschnitte die SchülerInnen in ganz Brandenburg betreffen werden, wurde hauptsächlich in der näheren Umgebung Potsdams zum Streik mobilisiert. Diesem Umstand ist es wohl zu verdanken, dass aus anderen Gebieten nur wenige Jugendliche anreisten und sich insgesamt nur knappe eintausend Schülerinnen (darunter aber längst nicht nur GymnasiastInnen) auf dem Alten Markt in Potsdam einfanden.

Neben den Organisatoren von Solid waren auch AktivistInnen der Berliner Schülerinitiative „Bildungsblockaden einreißen“ vertreten. Natürlich hatten auch unorganisierte SchülerInnen Transparente mitgebracht. Zu Lesen waren Sprüche wie „Antifa-Jugend statt preußischer Tugend“, „Lernfabriken abschalten!“ oder „Reiche Eltern für Alle!“

Bereits gegen 11.30 Uhr formierte sich der Demozug, um unter einigem Polizeiaufgebot durch die Innenstadt zur ersten Zwischenstation, dem Einstein-Gymnasium, zu laufen. Dort wurden beim Eintreffen der DemonstrantInnen und des Lautis zwar sämtliche Fenster von den SchülerInnen aufgerissen, aber im gleichen Moment auch alle Ausgänge von der Schulleitung verriegelt. Nach einer halben Stunde Sprechchöre, Musik und weiteren Reden setzten dann die DemonstrantInnen ihren Rundweg durch die Innenstadt fort.

Bei den nächsten Zwischenkundgebungen war bereits ein deutlicher Teilnehmerschwund zu vermerken. Wer vor allem wegen des unterrichtsfreien Tages mitgekommen war, hatte sich längst zum Weihnachtsmarkt abgesetzt und selbst vielen ernsthaften DemonstrantInnen ging nach 2 Stunden langsam die Puste aus. So schafften es nur noch knappe 200 SchülerInnen bis zur Abschlusskundgebung vor dem Bildungsministerium, das außerhalb der Innenstadt liegt.

Bundesweit und international

Es ist schon einigermaßen erstaunend, wenn man betrachtet, an wie vielen Orten in der BRD es in den letzten Monaten Schulstreiks gab: Am 13. September gab es in Berlin einen Streik, an dem sich fast 10.000 SchülerInnen beteiligten. Gleichzeitig streikten auch in Frankfurt am Main und Heidelberg mehrere hundert SchülerInnen und in Dresden gingen auch an die tausend junge Menschen gegen ein neues Bildungsgesetz der sächsischen Landesregierung auf die Straße. Darüber hinaus gab es in Chile große Schulstreiks, durch die letztendlich ein reaktionäres Schulgesetz von 1990 gekippt wurde und auch an den Protesten in Frankreich gegen das „CPE“-Gesetz beteiligten sich viele SchülerInnen.

Hinzu kommt, dass diese ganzen Aktionen nicht etwa von Parteien oder Gewerkschaften organisiert wurden, sondern auf Grund der Eigeninitiative der SchülerInnen zu Stande kamen, die oft noch von den Schülervertretungen blockiert wurden und gegen Repressionen seitens der Schulleitungen kämpfen mussten.

Während sich die Gewerkschaften zurücklehnten und den Protesten wohlwollend zuschauten und sich die Regierungslinken positiv auf den Protest der SchülerInnen bezogen, um dann am nächsten Tag weiter zu kürzen, haben die SchülerInnen sich selbst und anderen gezeigt, dass sie auch alleine krasse Aktionen organisieren können.

Es war die Selbstorganisierung der Jugendlichen, die diese überraschend großen Demonstrationen möglich gemacht hat.

Allerdings hat sich auch gezeigt, dass sporadischer Protest und auch wiederholte Schulstreiks nicht ausreichen, um die „Reformpolitik“ der Herrschenden zu stoppen. Dazu muss man den Kampf an der Schule mit dem der Studis an den Universitäten, mit dem der ArbeiterInnen in den Fabriken, der Arbeitslosen und der MigrantInnen zusammenführen. Denn Jugendliche können Massen von Menschen inspirieren und in Bewegung setzen.

Als erster Schritt dahin müssen wir uns an den Schulen organisieren und dauerhaft politische Kampagnen gegen die Missstände vor Ort machen.

//von Tom aus Bernau und Antonio aus Tempelhof //REVOLUTION Nr. 22

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