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Fahnenflucht

Die Zahl der Deserteure aus der US-Armee nimmt zu

Seit fast vier Jahren tobt im Irak der Krieg. Sadamm Hussein ist gestürzt, doch das Land verfällt zunehmend in einen Bürgerkrieg und die Berichte über Kriegsverbrechen der US-Armee häufen sich. Ungefähr 650.000 tote ZivilistInnen und 3.238 tote SoldatInnen auf der Seite der „Achse der Willigen” (davon etwas über 3.000 Angehörige der US-Armee) sind die Bilanz des Krieges. Die herrschende Klasse der USA bekam eine neue Kolonie – die Rohstoffe des Irak stehen unter westlicher Kontrolle und das US-Militär bekam einen neuen Außenposten im Nahen Osten – aber diese Kolonie wird durch den Widerstand der Bevölkerung immer unregierbarer.

Gegen den Krieg und die Besatzung sind Millionen Menschen auf der ganzen Welt auf die Straßen gegangen. Doch es gibt noch eine ganz andere Bewegung, die ihren Teil leistet, auch wenn sie oft totgeschwiegen wird.

Die Desertation

Nur etwa 50% der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung werden in den USA anerkannt. So kommt es immer häufiger dazu, dass US-SoldatInnen aus Gewissengründen den Einsatz im Irak verweigern. Dafür müssen sie die Armee verlassen und in vielen Fällen fliehen oder untertauchen. Auch SoldatInnen, die ursprünglich mit großer Begeisterung in den Irak gingen, ändern im Laufe des Krieges ihre Einstellung und begehen Fahnenflucht.

Diese ist allerdings strengstens verboten und wird mit Gefängnisstrafen geahndet. Das Gesetz der USA würde auch die Todesstrafe zulassen, aber diese wird nur in absoluten Ausnahmefällen verhängt. Trotz aller Repressionen und Strafen sind seit Beginn des Irakkrieges mindestens 8.000 US-SoldatInnen desertiert.

Besonderes Aufsehen erregte dabei Ehren Watada, der erste höhere Offizier, der den Kriegsdienst verweigerte, und dessen Verfahren bis heute andauert. Zu den Gründen seines Handels äußerte er sich wie folgt:

„Meine Kameraden kämpfen und sterben im Irak und ihre Familien leiden wegen der Lügen und der Täuschungen der Regierung Bush. Der Irak Krieg ist nicht nur ein Verbrechen gegen inländisches und internationales Gesetz, er ist vor allem auch ein schreckliches moralisches Unrecht gegen die irakischen Menschen.“

Dafür muss er sich jetzt vor der US-Justiz verantworten. Er ist nicht der einzige, dem es so geht. Auch der US-Soldat Augustin Aguayo verweigerte den Befehl. Als der in Mannheim stationierte Aguayo die Anweisung bekam, sich fertig zu machen, da seine Einheit in den Irak verlegt werde, sprang er aus dem Fenster und floh. Später stellte er sich der Armee und nun wartet er auf seinen Prozess. Ihm drohen über zwei Jahre Gefängnis.

Der Weg in die Armee

In den wenigsten Fällen spielt eine „patrio­tische“ politische Überzeugung die entscheidende Rolle bei dem Entschluss, der Armee beizutreten. Vielmehr ist es ein Schritt, um der sozialen Misere, die in den unteren Schichten der US-Gesellschaft vorherrscht zu entgegen. Die US-Armee scheint oftmals die einzige Alternative zu einem Job bei McDonalds, denn die Rekrutierer locken mit einem guten Gehalt, einer kostenlosen Ausbildung und der Chance auf ein Studium. Viele junge AmerikanerInnen lassen sich so blenden und verkaufen sich an die Kriegsmaschinerie. Ist man erst mal mit 17 Jahren in die Armee eingetreten, so ist es schwierig, ihr wieder zu entfliehen.

Um den harten Strafen aus dem Weg zu gehen, sind desertierte SoldatInnen auf Asyl in anderen Ländern angewiesen. Den überwiegenden Teil zieht es dabei nach Kanada. Doch dieses Land weigert sich, ebenso wie die meisten anderen Länder, die Deserteure aufzunehmen und erkennt die Kriegsdienstverweigerung nicht als Asylgrund an.

Obwohl die Bush-Administration erst vor kurzem mit den verlorenen Kongresswahlen erneut den Unmut der amerikanischen Bevölkerung über die anhaltenden Besatzung im Irak zu spüren bekam, erwägt sie nun, weitere SoldatInnen ins Zweistromland zu senden. Von bis zu 50.000 SoldatInnen ist die Rede, die aller Voraussicht nach abkommandiert werden, in der Hoffnung, die stärker werdende irakische Widerstandsbewegung zerschlagen zu können.

Doch einzelne Deserteure werden nicht in der Lage sein, die Besatzung und die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen wie Massaker, Massenvergewaltigungen und Folter zu verhindern. So begrüßenswert die Bewegung der Fahnenflüchtigen auch ist, wird sie die modernste Armee der Welt nicht aufhalten können.

Die SoldatInnen brauchen eine Widerstandsbewegung, die gegen die US-Politik kämpft, die Befehle verweigert, sich mit der irakischen Bevölkerung zu verbrüdern versucht und – vor allem – sich gegen die Offiziere organisiert.

Dass eine solche Bewegung der Soldat­Innen, verbunden mit dem Widerstand der einheimischen Bevölkerung, erfolgreich sein kann, hat sich bereits in Vietnam bewiesen.

//von Bartholomäus aus Bernau //REVOLUTION Nr. 22

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