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REVO: Offizieller Nicht-Sponsor der Fussball-WM

Sponsoren der Weltmeisterschaft? Nationalismus, Sexismus, Kinderarbeit

„Schwarz und Weiß! Wir stehen auf eurer Seite...“. Von allen Seiten schallt uns derzeit die Begeisterung für die Deutsche Nationalmannschaft entgegen. Wie einst bei der „Du bist Deutschland!“-Kampagne kann sich niemand dem nationalen Freudentaumel entziehen. Die Botschaft ist auch wieder die Selbe.

„Wir“ sollen 61 Jahre nach Auschwitz endlich wieder stolz sein dürfen auf „unser“ Land, auch wenn bei „uns“ nicht alles rund läuft und die Deutschen in der Vergangenheit vielleicht etwas Mist gebaut haben, so sind wir heute eine sympathische Nation, die in der Welt nur Freunde hat und sich freut, wenn diese zu Besuch kommen, aber vor allem hier möglichst viel Geld ausgeben. Hier ist auch der entscheidende Paradigmenwechsel im nationalen Propagandaapparat zu erkennen.

Die Spitzen von Politik und Wirtschaft haben in einer Zeit, in der sie nach der ökonomischen und politischen Vorherrschaft in Europa streben, kein Interesse daran im Ausland negative Reaktionen auf ihre innere und äußere Aufrüstung zu kassieren. Da kommt das neue Saubermannimage gerade recht, insbesondere wenn es darum geht sich „besorgt“ über das erstarken des Rechtsextremismus vor der Fußball-WM zu zeigen.

Da allen Beteiligten klar zu sein scheint, was ihre neue deutsche Welle für eine gesellschaftliche Atmosphäre schafft, empfehlen einige Bundestagsabgeordnete, wie der SPD Parlamentarier Sebastian Edathy oder Ex-Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye, Menschen mit dunklerer Hautfarbe bestimmte Gegenden Ostdeutschlands nicht zu besuchen. Die große Mehrheit der Politiker hingegen (insbesondere die, die für das lokale Image ihres Dorfes, Landkreises oder Bundeslandes verantwortlich sind) schweigen, leugnen oder relativieren.

Es ist besonders dieser verlogene deutsche Freundlichkeitswahn, der für alle unterdrückten sozialen Schichten in diesem Staat gefährlich ist. Die ungelösten bzw. unlösbaren Probleme des deutschen Kapitalismus werden mit einem schwarz-rot-goldenem Mantel bedeckt. Jeder Bundesbürger wird 24 Stunden am Tag über Fernsehen, Radio, Internet und Printerzeugnisse mit oft einfach nur dümmlicher WM-Propaganda eingelullt. Arbeitslosigkeit, Steuer­erhöhungen, Sozialabbau – alles soll vergessen werden, denn wichtig für dich darf nur noch die Frage sein: Schaffen Klinsi, Ballack und co. die anderen Nationen zu bezwingen und den „Titel nach hause zu hohlen“? War da irgendwas mit ALG II? Das kann dir doch egal sein!

Für die offen faschistische Rechte in Deutschland kommt die WM wie ein Geschenk Odins. Vier Wochen, in denen es nahezu grenzenlos möglich ist, nationalistische und rassistische Propaganda unter die Leute zu bringen und auf einer Welle des kollektiven Deutschseins zu schwimmen.

Kinderarbeit

Die Fifa Fußball WM 2006 ist ein lukratives Geschäft. Besonders für international agierende Großkonzerne, wie die Sportartikelhersteller Adidas und Nike. Während unser eins bis zu 200€ für einen offiziellen WM Ball auf den Tisch blättern muss, lassen die global player ihre Erzeugnisse zu Spottpreisen in armen Entwicklungsländern produzieren.

Ein Beispiel: Im April 2002 veröffentlichte das Hong Kong Christian Industrial Comittee eine Untersuchung, die belegte, dass in zwei Fabriken in der chinesischen Provinz Guandong Schuhe für Adidas unter unmenschlichen Bedingungen hergestellt werden. Arbeitszeiten bis zu 14 Stunden am Tag, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Nichteinhalten des Lohnnieveaus. Alles illegal, aber nicht ungewöhnlich für China und/oder die Großkonzerne.

Besonders brutal ist die Ausbeutung bei der Produktion von Qualitätsfussbällen, die in Handarbeit hergestellt werden müssen. Hierfür werden in erster Linie kleine Kinder eingesetzt. Der Lohn pro Ball beträgt meist unter 30 Cent. Bei fünf Bällen am Tag reicht der Verdienst längst nicht aus um menschenwürdig zu leben.

Obwohl sich die FIFA 1996 verpflichtet hat, auf die Einhaltung sozialer Mindeststandarts bei der Produktion ihrer Erzeugnisse zu achten, sieht die Realität bei weitem anders aus. Es gibt keine Kontrollinstanzen, die sicherstellen, dass die Bälle, Turnschuhe etc. nur aus „zumutbarer“ Arbeit stammen und in einer Welt, in der die Kapitalinteressen im Vordergrund stehen, brauchen wir gar nicht erst zu hoffen, dass eines Tages die Ethik siegt.

Die KinderarbeiterInnen schuften weiter für ein Imperium aus Unternehmern und Verbandsfunktionären, welches laut eigenen Schätzungen der FIFA für diese WM einen Umsatz in Milliardehöhe erwartet.

Sexismus

Eine massenhafte Erscheinung dieses Turniers wird die Zunahme der (Zwangs-)Prostitution sein. Als die BILD-Zeitung noch vor kurzem eine Lawine von Sexcamperinnen auf Berlin zurollen sah, könnte sie tatsächlich einmal die Wahrheit geschrieben haben.

In Anbetracht von vielen hunderttausend Besuchern in Deutschland könnte die Nachfrage rapide ansteigen und in der Folge dessen auch das Angebot. Ein wichtiges Hilfsinstrument für die Zuhälter ist dabei das Ausländerrecht. Zwangsprostituierten Frauen, die oft unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt wurden, droht in den meisten Fällen die Abschiebung in ihre verarmten Heimatländer, aus eben denen sie versucht haben zu flüchten.

Deutschland wird so indirekt zu einem El Dorado des Frauenhandels, da viele verschleppte Frauen sich nicht trauen, ihre Peiniger öffentlich anzuzeigen. Denn oft haben sie selbst, aber auch ihre Familien, mit schlimmeren Strafen zu rechnen, als die mafiösen Strukturen, die für ihr Elend verantwortlich sind.

Für Freier aus den WM-Teilnehmerstaaten ist diese Situation ideal. Wird in den USA beispielsweise Prostitution strafrechtlich und gesellschaftlich hart sanktioniert, können zur WM-Feier in Deutschland Männer mehr oder weniger ungestört „zum Zug kommen“.

Für uns zeigt sich hier besonders, dass wir die unterschiedlichen Politikbereiche nicht voneinander lösgelöst betrachten können. Wer etwas gegen Sexismus tun will, muss sich auch für die Rechte MigrantInnen in diesem Land einsetzen. Wer die Kommerzialisierung des Sports ablehnt, muss sich auch für bessere Arbeitsbedingungen in den armen Ländern einsetzen. Wer von den vielen Deutschland-Fahnen angekotzt ist, muss gegen Kapitalismus sein!

//von Carsten aus Lichtenberg //REVOLUTION Nr. 18

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