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Die Rote Karte

Merkels Mannschaft landet viele Treffer für die Herrschenden, aber begeht viele Fouls...

Die Medien kennen seit Monaten nur noch Themen wie „Wer wird Fußball-Weltmeister“ oder „Wie geht es Ballacks rechtem Knie?“. Das führt nicht nur dazu, dass aus den Fenstern immer mehr penetrante Deutschland-Fahnen hängen, sondern auch dazu, dass nur noch über die Angriffe geredet wird, die zu Toren führen und nicht mehr über jene Angriffe, die Sozialabbau, Arbeitslosigkeit oder Bildungsklau bedeuten.

Der Generalangriff der unter Rot-Grün begonnen hat, geht auch unter Merkels Großer Koalition weiter; ja, die Angriffe auf soziale Errungenschaften, auf Löhne, Arbeitszeiten usw. werden noch verschärft und im nächsten Jahr sorgt die Erhöhung der Mehrwertsteuer dafür, dass wir noch weniger Geld haben als früher.

Als wenn wir nicht schon genug belastet worden wären durch zwei Jahre weniger Kindergeld, durch die Einführung von offenen oder versteckten Studiengebühren und die immer weitergehende Aufhebung der Lernmittelfreiheit. Auf einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz können wir auch immer vergeblicher hoffen. Dass sich viele die eigene Wohnung (wenn man nicht sowieso im Elternhaus angekettet wird, weil man ALG-II-Sklave und noch keine 25 ist), den Studienplatz und die Klassenfahrt nicht mehr leisten können, ist klar. Die allbekannte „Schere“ zwischen arm und reich öffnet sich weiter – gnadenlos. Auf die leeren Kassen verweisend, werden die einfachen Menschen zur Kasse gebeten, während die großen Konzerne Rekordgewinne erzielen – auch dank massiver Steuervergünstigungen.

Die Krise

Die Angriffe der herrschenden Klasse auf uns sind aber nicht nur Ausdruck einer neoliberalen Politik, sie sind v.a. Ausdruck der tiefen Krise des globalen Kapitalismus, die sich in schärferer Konkurrenz, in einer immer hektischeren Suche nach profitablen Ausbeutungsmöglichkeiten, Absatzmärkten und Ressourcen äußert. Das wiederum erfordert, dass die stärksten kapitalistischen Staaten auch immer mehr zu Sozialabbau und Krieg greifen, um ihre Ziele durchzusetzen und jede Art von Widerstand oder unbotmäßige Regime zu bekämpfen – das nennen sie dann „Krieg gegen den Terror“ oder „Verteidigung des Standorts“. Das alles ist in Wahrheit das, was „Globalisierung“ (oder besser: Imperialismus) genannt wird.

Deutschland und die europäischen Kapitalisten wollen die EU zu einem imperialistischen Block formieren, welcher der Weltmacht USA die Führung streitig machen kann: ökonomisch, politisch, militärisch. Dazu, und um die Profite und die Konkurrenzfähigkeit von Siemens, Daimler, RWE, Peugeot oder anderer Konzerne zu steigern, müssen nicht nur die Kosten der Krise den Lohnabhängigen, den Arbeitslosen, Rentnern und der Jugend aufgehalst werden, vor allem muss die millionenstarke organisierte Gewerkschaftsbewegung geschlagen werden, die als einzige die potenzielle Kampfkraft hat, die Pläne der Bosse und ihrer Regierung zu durchkreuzen.

Die Proteste

Die Bewegung gegen Sozialabbau, mit den verschiedensten Protesten gegen Studiengebühren, HartzIV usw., verzeichnete bisher keine nennenswerten Erfolge. Warum gelang es ihr bisher nicht, die Offensive von Staat und Kapital zu stoppen?

Die Hauptverantwortung dafür liegt in der Tatsache, dass die reformistischen Kräfte in Arbeiterparteien und Gewerkschaften, die für einen den kapitalistischen Umständen entsprechenden Sozialstaat eintreten, die Arbeiterklasse fest im Griff haben. So, über den „sozialen Frieden” wachend, sorgen sie dafür, dass die Lebensumstände derjenigen, welche die Wirtschaftsmacht quasi in ihren Händen halten, immer miserabler werden.

Die Gewerkschaftsführer unterstützen den aufkommenden Widerstand nur halbherzig, um ihn schließlich zu demobilisieren. Vor allem verhindern sie, die Ausweitung betrieblicher Streiks und das effektivste (Klassen-)Kampfmittel: den Generalstreik. DGB-Chef Sommer oder ver.di-Chef Bsirske haben das nicht einfach vergessen – sie wollen die „Sozialpartnerschaft” nicht in Gefahr bringen; sie wollen den Kapitalismus nicht in Gefahr bringen; sie wollen ihre Privilegien nicht in Gefahr bringen!

Auch in Frankreich waren die reformistischen Gewerkschaften zu keinem Widerstand gegen die Angriffe von oben bereit, dennoch konnten sie durch den öffentlichen Druck, den die Jugend mit ihren Massenprotesten aufgebaut hatte, nicht umhin, dem CPE mit einem Generalstreik den Todesstoß zu versetzen. Das ist hier genauso möglich!

Und jetzt?

Auch am 3.Juni 2006, bei der bundesweiten Demo gegen „Massenentlassungen, Sozialabbau, innere Aufrüstung und Krieg“ haben die Reformisten wieder ihr Bestes getan: Sie haben nicht zentral zur Demo aufgerufen oder gar mobilisiert, obwohl ver.di-Chef Bsirske, der seinen Mitgliedern einen faulen Kompromiß nach dem anderen (z.B. die Arbeitszeitverlängerung trotz langem, harten Streik) als Erfolg verkaufen will, Hauptredner sein darf.

Doch kein Grund für Pessimismus! Die Gewerkschaftsbürokraten können zwar noch eine größtmögliche Mobilisierung, jedoch nicht unseren lautstarken Protest verhindern – nein, sie sind sogar gezwungen bei uns aufzutreten!

Die Zunehmende Krise des Kapitalismus bringt auch die politischen Helfershelfer des Kapitals wie die SPD-, PDS-, WASG- oder Gewerkschaftsbürokratie in Schwierigkeiten, weil ihr Konzept der Einbindung und Befriedung der Klasse nicht mehr so gut funktioniert.

Während sie auf Frieden hoffen, geht die bürgerliche Klasse unentwegt zum Angriff über und zwingt sie zu immer weitergehenden Zugeständnissen. Mit den reformistischen Führern ginge das immer so weiter...

//von Jalava aus Kreuzberg + Peter aus Bernau //REVOLUTION Nr. 18

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