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Repression zu Newroz

Riesige Menschenmassen tummeln sich auf den Festplätzen und singen auf Kurdisch. Millionen von KurdInnen begehen ihren Nationalfeiertag Newroz am 21. März.

In Türkisch-Kurdistan leben 15-20 Millionen Menschen. Überall sind die Farben Gelb, Grün, Rot – die Farben der kurdischen Fahne – zu erblicken. Mindestens genau so viele Fahnen der PKK (Partiye Karkeren Kurdistan; Kurdische Arbeiterpartei) und des PKK-Vorsitzenden, Abdullah Öcalan, werden in der Luft geschwenkt. Eigentlich sind solche Fahnen verboten, aber die Polizei kann nichts unternehmen. In türkischen Fernsehsendern, die entweder vom Staat oder anderen türkischen Chauvinisten kontrolliert werden, wird gemeldet: Die Leute, die diese Fahnen tragen, seien Terroristen. Der türkische Staat geht soweit, dass er Hunderttausende zu Terroristen erklärt.

Für die ungebrochene Sympathie zur PKK gibt es aber einfache Gründe. Die PKK ist die einzige Partei in der Türkei, die sich je wirklich für die Rechte der KurdInnen eingesetzt hat. In den Augen von Millionen KurdInnen ist dieses Kürzel mit dem Kampf gegen Unterdrückung und für Selbstbestimmung verbunden.

Die gefallenen Guerillas

14 kurdische Guerillas der HPG (militärischer Arm der PKK) fielen wenige Tage später in den Bergen Kurdistans im Kampfe gegen das türkische Militär, das immer noch der chauvinistischen, kemalistischen Ideologie nachhängt. Viele KurdInnen nahmen aus Solidarität an der Beerdigung teil. Es fanden unerlaubte Demonstrationen statt. Türkische Jets flogen enorm tief über die Köpfen der kurdischen Demonstranten hinweg. Die nächsten Demonstrationen, für die man jetzt auch noch zwei Gründe hatte – nämlich die Massaker an den Guerillas und die gezielten Provokationen der Armee –, wurden gewaltsam mit Panzern aufgelöst.

Das Fass war übergelaufen. Überall entflammten Proteste und Demonstrationen. Vielerorts musste die Polizei weichen, da sie auch von der Zivilbevölkerung angegriffen wurde und konnte erst wieder einrücken, als Verstärkung eintraf. Die Polizisten wurden mit Molotow-Cocktails und Steinen beworfen. 15 ZivilistInnen starben, darunter 3 Kinder.

Reaktion der Chauvinisten

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Während die legale kurdische Partei DTP (Partei für eine demokratische Gesellschaft) und türkische Linke zu Ruhe mahnten, gingen in vielen Städten, die von der rechtsradikalen MHP (Nationalistische Bewegungspartei) dominiert werden, Faschisten auf die Strasse, demolierten kurdische Geschäfte und lynchten „Kommunisten, Kurden und Terroristen“.

Die nationalistische türkische Presse brandmarkte die Proteste als eine „Gefährdung der türkischen Staatseinheit“ und forderte ein hartes Durchgreifen: Man sollte den Ausnahmezustand ausrufen und das Militär in die Unruhegebiete lassen. „Das Militär werde schon Ordnung schaffen“, meinten türkische User im Internet.

Die Proteste flauen allmählich ab. Die KurdInnen haben viele Opfer zu verzeichnen. Man fand entstellte Leichen von kurdischen Häftlingen, die wegen „illegaler Proteste und Sympathie mit dem Terrorismus“ inhaftiert waren. Aber die PKK hat reagiert: Sie hat für die gefallenen Guerillas Rachefeldzüge unternommen und türkische Soldaten und Offiziere erschossen.

Die stalinistische Partei

Die PKK wurde 1978 als stalinistische Partei gegründet. Die PKK war die erste Partei im türkischen Staat, die Kurdistan ins Spiel brachte. Denn Kurdistan gab es damals offiziell nicht, selbst das Wort Kurdistan war verboten.

Nachdem viele SympathisantInnen der PKK vom türkischen Staat ermordet wurden, nahm sie 1984 den bewaffneten Kampf auf. Ihr Ziel war ein kurdischer Staat, der sozialistisch (beziehungsweise „realsozialistisch“) sein sollte. Dieser Kampf dauerte bis 1999, als der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan durch ein internationales Komplott in Kenia von amerikanischen und türkischen Spezialeinheiten verhaftet wurde. Von da an wechselte die PKK ihren Kurs und änderte mehrmals den Namen.

Die PKK war bereit zu verhandeln, doch der türkische Staat lehnte dies ab. Abdullah Öcalan sitzt seit sieben Jahren unter menschenunwürdigen Bedingungen in Isolationshaft auf einer Insel, die permanent bewacht wird und hat nur selten die Gelegenheit, mit seinen Anwälten zu reden.

Die PKK wurde ihrem kommunistischen Namen nie gerecht, erstens weil sie stalinistisch war, zweitens weil sie eher patriotisch als klassenkämpferischen Charakter besaß. Die Partei hat aber viele fortschrittliche Elemente in ihrer Politik. Zum Beispiel setzt sich die PKK für die Befreiung der Frau ein und unterhält eine eigene, selbstständige Frauenarmee.

Doch ihre Strategie – Guerilla-Kampf auf der einen Seite und Verhandlungen mit dem türkischen Staat auf der anderen –, ist zum Scheitern verurteilt. Die Guerilla-Einheiten werden nie die von den USA aufgebaute türkische Armee schlagen, und die Verhandlungsführer werden den türkischen Staat nie dazu bringen, den KurdInnen Selbstbestimmung zuzugestehen.

Ein Ende der Unterdrückung der Kurd­Innen kann nur im vereinten Kampf mit den türkischen und irakischen ArbeiterInnen gegen den Kapitalismus und die imperialistischen Mächte erreicht werden.

//von Cenk aus St. Gallen (CH) //REVOLUTION Nr. 17

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