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Arrivederci, Silvio!


Salve, Romano!

Nach den Wahlen in Italien: Berlusconi geht. Prodi kommt. Ein guter Tausch?

Am 9. und 10. April waren Millionen ItalienerInnen dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Gegenüber standen sich das Mitte-Links-Bündnis des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Prodi und das Mitte-Rechts-Bündnis Berlusconis.

Bereits im Vorfeld der Wahl flogen heftig die Fetzen. So kam es z. B zu einigen verbalen Attacken Berlusconis, in denen er unter anderem die Wähler der Linken als „Idioten“ bezeichnete. Außerdem behauptete Berlusconi, unter Mao in China seien Kinder gekocht worden, um die Felder zu düngen.

Natürlich nutzte Berlusconi seine Medienmacht, um seine antikommunistische Propaganda zu verbreiten. Auf seinen drei Privatsendern und den drei staatlichen Fernsehanstalten konnte er so beliebig vor den Linken warnen, von denen er behauptete, sie würden im Falle eines Wahlsieges ganz Italien mit Terror überziehen. Neben dem Fernsehterror, den Berlusconi praktizierte, mussten sich die Italiener­Innen auch noch die riesigen Berlusconi-Plakate ansehen, die an fast jeder Straßenecke klebten.

Außerdem verglich Berlusconi sich binnen weniger Wochen mit Churchill („So wie Churchill gegen die Nazis gekämpft hat, werde ich gegen die Kommunisten kämpfen“), mit Napoleon („Nur Napoleon hat mehr getan als ich“) und mit Jesus („Ich bin der Jesus Christus der Politik, ein Opfer, leidend, ich nehme alles auf mich, ich opfere mich für jeden“), wofür er allerdings die Kritik mehreree Bischöfe einstecken musste, die befürchteten, er könne sich jeden Augenblick zur Gottheit erklären.

Das Ergebnis

Doch schließlich war der Wahlkampf inklusive seiner Schlammschlachten vorbei und die ItalienerInnen wurden an die Urnen gerufen.

Auch wenn sich Berlusconi wie verzweifelt an sein Amt klammert und wahrscheinlich am Liebsten so lange zählen würde, bis er gewonnen hat, scheint das Ergebnis festzustehen. Im Abgeordnetenhaus schlug Prodis Mitte-Links-Bündnis den Berlusconi-Block nur haarscharf mit 0,1% mehr Stimmen. Auch im Senat fiel die Entscheidung nicht viel deutlicher aus. Hier siegte Prodi nur mit zwei Sitzen Vorsprung.

Doch das Mitte-Links-Bündnis wird wohl eine einigermaßen stabile Regierung bilden können, da ihr ein Gesetz zugute kommt, welches eintritt, wenn kein Bündnis die 50%-Marke erreicht. Dieses Gesetz besagt, dass in diesem Falle dem Bündnis mit dem höchsten prozentualen Stimmenanteil automatisch 340 der insgesamt 630 Sitze zustehen. Mit 49,8% kann Prodis Mitte-Links-Bündnis daraus seinen Vorteil ziehen.

Die Bündnisparteien

Aber wer ist eigentlich gemeint, wenn man vom Mitte-Rechts-Bündnis oder dem Mitte-Links-Bündnis spricht? Im Jahre 2003 sagte Berlusconi folgendes: „Mussolinis Diktatur war, wie soll ich sagen, sanftmütig. Mussolini hat nie jemanden umgebracht. Mussolini schickte die Leute in die Verbannung, damit sie Ferien machen konnten.”

Dieser Satz zeigt sehr gut, mit welchen Leuten sich Berlusconi am Besten versteht. Auch dieses Mal waren zwei neofaschistische Parteien in seinem Bündnis vertreten, die ihm insgesamt über 15% einbrachten. Eine der beiden Parteien wird von der Mussolinienkelin Alessandra Mussolini geführt. Bei der zweiten faschistischen Partei, der „Alleanza Nazionale“, steht Gianfranco Fini an der Spitze. Beide Parteien entstammen ursprünglich der faschistischen Partei Italiens.

Neben den Neofaschisten war natürlich Berlusconis Partei, die „Forza Italia“, vertreten, die trotz eines 6%-Verlustes im Vergleich zu 2001 mit 23,7% die stärkste Partei innerhalb des Mitte-Rechts-Bündnisses ausmacht. Außerdem dabei ist die katholische „Unione dei Democratici Cristiani“ und andere kleine Parteien. Alle zusammen kandidierten unter dem Namen „Casa della libertà“, was soviel wie „Haus der Freiheit“ bedeutet. Kein besonders passender Name für die Irakbesatzer.

Berlusconi ließ sich größenwahnsinnig wie immer in allen 27 Wahlbezirken als Spitzenkandidaten aufstellen. Das Mitte-Links-Bündnis setzte auf mehrere Kandidaten. So kandidierte unter anderem auch die Witwe des im Irak ermordeten italienischen Geheimagenten Nikola Calipari für das Mitte-Links-Bündnis.

Prodis Bündnis besteht aus Sozialdemokrat­Innen, SozialistInnen, KommunistInnen, Grünen, ein paar Katholiken und anderen kleineren Gruppen. Fast alle italienischen Parteien sind in einem der beiden Bündnisse vertreten. Nur etwa 0,5% der Stimmen entfielen auf andere Organisationen.

Wofür steht Berlusconi?

Berlusconi kontrolliert drei private Fernsehsender, er ist Besitzer des AC Mailands und ein Versandhaus gehört ihm auch. Berlusconi ist der reichste Mann Italiens. Da ist es nicht schwierig zu erraten, für wen Berlusconi Politik machte. Wie unter jeder bürgerlichen Regierung fand natürlich auch unter Berlusconi eine massive Umverteilung von unten nach oben statt. In Berlusconis Fall kam sogar noch Amtsmissbrauch zu seinen Gunsten dazu. Berlusconi steht schon lange unter dem Verdacht der Bestechung, Korruption, Bilanzfälschung und der Kooperation mit der Mafia. Allerdings kam es nie zu einer Verurteilung, da Berlusconi immer rechtzeitig Gesetze erließ, um sich zu schützen. So verabschiedete das Parlament zum Beispiel ein Gesetz, welches die Verjährungszeit bei Verbrechen für Abgeordnete auf zwei Jahre heruntersetzte. Das führte dazu, dass viele Verfahren wegen Verjährung fallengelassen wurden.

Die AktivistInnen von den Demonstrationen gegen den G8-Gipfel in Genua im Jahr 2001 können sich allerdings nicht an dem Gesetz erfreuen, denn für sie gilt es nicht. Bis heute müssen sich einige von ihnen vor der Justiz verantworten. Des weiteren fiel Italien während Berlusconis Regierung bei der 3.-Welt-Hilfe europaweit auf den letzten Platz.

Wofür steht Prodi?

Prodi wird die italienischen Truppen aus dem Irak abziehen. Das ist allerdings eine der wenigen guten Änderungen, die das Mitte-Links-Bündnis mit sich bringt. Wer sich eine Kursänderung in der Sozialpolitik erhofft hat, wird von den nächsten Monaten enttäuscht sein.

In der Mitte der neunziger Jahre leitete Prodi unter anderem die Privatisierung des gigantischen, staatlichen Konzerns IRI ein. Als er 1996 das erste Mal italienischer Regierungschef wurde, führte er drastische Sozialkürzungen durch, während er die Sozialabgaben für Unternehmen um 5 Prozentpunkte senkte. Nach dem Wahlsieg Berlusconis wurde Prodi EU-Kommissionspräsident. Als solcher setze er sich für die Einführung des Euros und für die EU-Osterweiterung ein, um die europäische Union als neoliberalen Block auszudehnen. Der Traum von einem linken Italien zerplatzt angesichts dieser Fakten wie eine Seifenblase.

Prodi wird die neoliberale Politik seiner Vorgänger fortführen. Dieses Programm tragen auch die zwei „kommunistischen“ Parteien mit, welche in Prodis Bündnis vertreten sind. Während die eine mit nicht mal 2% eher unbedeutend ist, nimmt die andere, die „Rifondazione Comunista“, mit 5,8% einen höheren Stellenwert innerhalb Prodis Bündnis ein. Bei deutschen und anderen europäischen Linken genießt die Partei einen sehr guten Ruf, da sie oft als Paradebeispiel für eine kommunistische Arbeiterpartei angeführt wird. Doch diesen Ruf hat die „Rifondazione Comunista“ nicht verdient. Zwar vernimmt man ab und zu revolutionäre Rhetorik von den Mitgliedern der Partei, doch in der Praxis bleibt davon nicht viel übrig. In Zukunft werden die „Kommunisten“ die Angriffe auf die Arbeiterklasse ähnlich mitverantworten, wie es in Deutschland bereits die PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern macht.

Das italienische Kapital wird also seinen Nutzen von Prodis Wahlsieg haben. Für die Kapitalisten ist es positiv, dass die Regierung Prodi auf einen Dialog mit den Gewerkschaften setzen wird, statt auf permanente Konfrontation wie Berluconi. Wie auch unter der Regierung Schröder wird es zu einem „Schulterschluss“ zwischen Gewerkschaften und Regierung kommen. Die Gewerkschaften werden sich auf die „Reformen“ einlassen und von der Taktik des Generalstreiks, die in den Jahren viele Sozialabbau-Maßnahmen blockieren konnte, abkehren.

Und was nun?

Wie in allen europäischen Staaten sieht sich auch in Italien keine bürgerliche Partei dazu fähig, die Probleme der Gesellschaft zu lösen. Die WählerInnen haben sich für das „kleinere Übel“ entschieden, doch das darf nicht unser Ziel sein. Übel bleibt Übel. Kapitalismus bleibt Kapitalismus, egal wie „links“ die Regierung redet. Man muss den Menschen die Perspektive einer anderen Gesellschaft eröffnen.

Das führt uns wieder vor Augen, wie wichtig es ist, eine internationale, revolutionäre Arbeiterpartei aufzubauen, um die Proteste zu bündeln und eine Strategie gegen das staatenübergreifende neoliberale Projekt „Europäische Union“ zu entwickeln. Denn im Endeffekt gibt es nur eine Lösung: Revolution!

//von Bartholomäus aus Bernau //REVOLUTION Nr. 17

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