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Was ist eigentlich der.. Stalinismus? Auf Demos, vor allem auf der Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Demo, sieht man immer wieder Stalin-Bilder. Meist wird dieser Personenkult nur belächelt. Doch Stalinismus ist mehr als das Tragen von Stalin-Porträts. Unter Sozialismus stellen sich die meisten Menschen heutzutage ein stalinistisches Regime vor: mit nur einer einzigen Partei, einer allmächtigen Bürokratie, wenig politischen Freiheiten usw. Doch 1989 wurde nicht der Sozialismus, sondern der Stalinismus zu Grabe getragen. Die UdSSR und die DDR waren trotz ihrer sozialistischen Floskeln weit entfernt vom Sozialismus – und noch viel weiter vom Kommunismus. Der Stalinismus entstand aus der Isolation und Degeneration der Russischen Revolution nach 1917. Er war aber nicht das unausweichliche Endergebnis der Revolution. Der junge Sowjetstaat war mit der Zerstörung und dem wirtschaftlichen Ruin des Ersten Weltkriegs konfrontiert und erlebte Attacken konterrevolutionärer Kräfte aus dem eigenen Land und dem Ausland. Die russische Arbeiterklasse wurde dezimiert, viele ihrer besten KämpferInnen fielen im Bürgerkrieg. Hungersnöte entstanden, die Industrie kam zum Stillstand und die Sowjets, die demokratischen Räte, auf die sich die Revolution gestützt hatte, waren nur noch ein Schatten ihrer selbst. Zu Lenins Zeiten wartete man auf siegreiche Revolutionen in den entwickelten Industriestaaten des Westens. Man wusste, dass Sowjetrussland allein aufgrund seiner Rückständigkeit nicht in der Lage sein würde, den Sozialismus aufzubauen. Noch 1922, auf einem Kongress der Kommunistischen Internationale, hieß es in einer von Lenin verfassten Resolution, dass “die proletarische Revolution nie vollständig siegreich in einem einzigen Land sein kann, sondern (sie) muss den Sieg international erringen, als Weltrevolution.” Sozialismus in einem Land? Die Stalin-Fraktion innerhalb der Kommunistischen Partei jedoch brach, nach dem Ausbleiben siegreicher Revolution im Westen, mit dieser Konzeption. Bereits 1924, nach der Niederlage der deutschen Revolution von 1923, verkündete Stalin, dass der Sozialismus auch nur in einem Land aufgebaut werden könnte. Somit wäre die Internationalisierung der Revolution nicht mehr notwendig – stattdessen wäre ein friedliches Nebeneinander mit den kapitalistischen Staaten anzustreben. Diese Konzeption äußerte sich unter anderem in der Theorie der Volksfront. Nach dieser 1935 verkündeten Strategie hätten sich KommunistInnen und die Arbeiterklasse mit den „demokratischen” Teilen der Bourgeoisie zu verbinden. Das führte zur Blockade möglicher sozialistischer Revolutionen in mehreren Ländern: 1936 in Spanien, 1944 in Italien und Frankreich, wo die jeweiligen KPen eine Schlüsselrolle spielten, um die Kämpfe der Arbeiterklasse im Rahmen des Kapitalismus zu halten, damit die Sowjetunion gute diplomatische Beziehungen zu den jeweiligen herrschenden Klassen pflegen könnte. Diese Politik war alles, nur keine Politik des revolutionären Kommunismus. Das praktische Ergebnis war die Unterordnung der Weltrevolution unter die Bedürfnisse der sowjetischen Bürokratie und die Manipulation der Parteien der Kommunistischen Internationale als Instrumente ihrer Außenpolitik. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kommunistische Internationale aufgelöst, um den guten Willen der Bürokratie gegenüber den Alliierten zu beweisen. Die Idee, dass sie eine Weltrevolution anstreben würde, sei – O-Ton Stalin – „ein tragikomisches Missverständnis“ gewesen. Gegen diese Strategie gab es eine breite innerparteiliche Opposition. Zehntausende KommunistInnen, unter ihnen bekannte Revolutionäre wie Trotzki, Radek, Sinowjew und unzählige andere kämpften weiterhin für eine revolutionäre Perspektive. Diese Opposition wurde jedoch mit aller Härte bekämpft. Auf den Bruch mit dem sozialistischen Internationalismus, musste der Bruch mit der sozialistischen Demokratie folgen. Immer mehr KritikerInnen des Stalin-Regimes wurden als „Verschwörer“ verhaftet, deportiert und erschossen. Die stalinistische Bürokratie 1921 war Russland bei weitem keine sozialistische Gesellschaft. Lenin beschrieb sie als Arbeiterstaat mit bürokratischen Deformationen. In dieser Situation der Isolation entwickelte sich eine Schicht immer einflussreicher werdender BürokratInnen, die sich bald zu einer neuen Kaste verfestigte. In den bürgerlichen Geschichtsbüchern wird sie oft Nomenklatura genannt. Diese Bürokratie hatte Privilegien und wollte deswegen den Status Quo wahren. Stalin und seine Nachfolger waren nichts weiter als Repräsentanten dieser bürokratischen Kaste. Zwar hat Stalin die Herrschaft der Bürokratie durchgesetzt, doch die Geschichte zeigte, dass die Bürokratie auch ohne Stalin weiter überleben konnte. Stalinismus ist daher mehr als die Herrschaft Stalins. Trotzki, der den Stalinismus analysierte, erkannte, sollte die Bürokratie eines Tages ihre Macht in Gefahr sehen, so würde sie bei der Restauration des Kapitalismus eine führende Rolle spielen. Restauration des Kapitalismus Der Stalinismus war zum Zusammenbruch verurteilt, denn er war auf dem Widerspruch von sozialistischem Eigentum und Entrechtung der Arbeiterklasse aufgebaut. Er blieb eine Kraft für die Reaktion, ein Hindernis für den Sozialismus und ein Feind für die Arbeiterklasse. Das Bestehen des Stalinismus und seine Ausdehnung erwiesen sich historisch als nicht überlebensfähig, weil die eigene Arbeiterklasse von der Machtausübung ausgeschlossen war. Die Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie bewies nicht das Scheitern des Sozialismus oder des Marxismus. Vielmehr war sie ein Beweis für die Untauglichkeit der Perspektive des Sozialismus in einem Land. Wie schnell sich die „kommunistischen“ Parteien der Sowjetunion angepasst haben, sieht man u.a. am reibungslosen Verlauf der kapitalistischen Restauration von 1989/90 – ehemalige KommunistInnen wurden schnell zu Unternehmern und Oligarchen. //von Okko aus Prenzlauer Berg //REVOLUTION Nr. 15 |
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