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Streik bei Samsung-Berlin

Die 700 Beschäftigten gingen gegen die geplante Schliessung auf die Straße...

aber am Ende haben sie sich doch noch die Hände gereicht. Samsungboss Dong-Sik Kim und IG-Metall-Verhandlungsführer Klaus Abel haben, nach monatelangem Widerstand der Beschäftigten, einen Sozialplan für das Bildröhrenwerk in Berlin-Oberschöneweide zustande gebracht. Die Zustimmung der Belegschaft in Form einer 2/3 Mehrheit bekamen die Beiden noch gleich obendrauf.

Eine schöne Sache könnte man denken. ArbeiterInnen und UnternehmerInnen finden einen Kompromiss, mit dem alle gut Leben können. Doch was hinter der Zustimmung der Beschäftigten steckt ist nichts anderes als pure Not.

18,1% beträgt die derzeitige Arbeitslosenquote in Berlin – sie ist damit eine der Höchsten in ganz Deutschland. Darunter eine exorbitant hohe Zahl an gelernten IndustriearbeiterInnen, die in den vergangenen 15 Jahren Opfer des Ausschlachtens ehemaliger DDR-Staatsbetriebe und der Standtortverlagerungen geworden sind. Für beides ist das Samsungwerk ein hervorragendes Beispiel. Zu DDR-Zeiten arbeiteten in dem VEB „Werk für Fernsehtechnik“ 7000 Menschen. Mit der Wiedervereinigung kam der Kapitalismus und mit dem Kapitalismus die Unwirtschaftlichkeit. 1993, kurz vor dem Konkurs, kaufte der Elektronikriese aus Korea das Werk für den symbolischen Preis von einer Mark. Den wirklichen Preis zahlten stattdessen die ArbeiterInnen und der Steuerzahler.

Von den ursprünglich 7000 Jobs blieben nach kurzer Zeit nur noch 800 übrig. Dem Unternehmen wurden vom Senat Fördergelder in Höhe von ca. 30 Millionen Euro bis in das Jahr 2005 bewilligt. Dieses Geld wurde auch sofort verbaut, in einem zweiten Bildröhrenwerk in Ungarn, wo die Löhne im Vergleich zu Berlin nur ein Viertel betragen.

Szene 1: Protest

Trotz 12%er Lohnkürzungen im März 2005 entscheidet die Konzernführung im September, das Werk zu Jahresende dicht zu machen. Kurz darauf versammelten sich mehrere Hundert MitarbeiterInnen zu einer Protestkundgebung vor dem Roten Rathaus und auch die sich im Wahlkampffieber befindende Politik reagierte. Wirtschaftsenator Wolf (PDS) schlug zum Beispiel vor, einfach die Laufzeiten für die Fördergelder zu verlängern, was selbst vom Samsungkonzern abgelehnt wurde. Bürgermeister Wowereit (SPD) traf sich stattdessen mit der Firmenleitung zu einem Gespräch, bei dem jedoch nur Nettigkeiten ausgetauscht wurden.

Szene 2: Streik

Möglicherweise motiviert durch den Arbeitskampf im Bosch-Siemens-Werk in Berlin-Spandau ein paar Monate zuvor, entschied sich die Belegschaft im November zum Warnstreik. Langsam wurden die Aktionen der ArbeiterInnen für Samsung zu einem Imageproblem, so war Gesprächsthema Nr. 1 am Samsung-Stand auf der internationalen Funkausstellung in Berlin nicht die neuen Produkte des Großkonzerns, sondern die Werksschließung in Schöneweide.

Man entschloss sich zu Verhandlungen mit der IG-Metall und das Ergebnis eben dieser ist der sogenannte Sozialplan. Das Werk wird trotzdem geschlossen und 750 der 800 Angestellten werden arbeitslos, aber dafür können sie sich jetzt auf ein Jahr von Samsung bezahlte Qualifizierungsmaßnahmen „freuen.“ In den Ohren der Beschäftigten muss das einfach nur zynisch klingen, aber allein die Hoffnung ein Jahr länger von Hartz IV entfernt zu sein, lies die überragende Mehrheit dem Plan zustimmen.

Nun stellt sich für alle Beteiligte sowie alle BeobachterInnen die Frage: Was ist die Perspektive eines solchen Kampfes? Sind wir nicht alle hoffnungslos den Gesetzen des Marktes unterworfen? Lohnt es sich überhaupt, Widerstand gegen solche übermächtigen, multinationale Konzerne zu leisten?

Kurze Antwort: Ja. Wenn irgendwo Beschäftigte entlassen oder Betriebe geschlossen werden sollen, müssen diese sofort von den ArbeiterInnen besetzt und blockiert werden, um den Bossen die faktische Verfügungsgewalt zu entziehen. Arbeitskämpfe müssen miteinander Verbunden werden – zum Beispiel läuft momentan in einem tschechischen Samsung-Werk eine ähnliche Auseinandersetzung, weil die Firma ebenfalls mit Standortverlagerung droht. Wenn die Konzerne grenzüberschreitend agieren können, müssen die ArbeiterInnen das auch können.

Szene 3: Bewegung

Für solche Auseinandersetzungen brauchen wir kampfbereite Gewerkschaften, die sich nicht der „Nation“ und ihrem „Standort“ verpflichtet fühlen, sondern einzig und allein den Rechten der ArbeiterInnen. Um die Gewerkschaften von der Herrschaft der ReformistInnen, die ihren Parteifreunden im Senat nicht schaden wollen, zu befreien, ist eine klassenkämpferische Basisbewegung in den Gewerkschaften notwendig..

//von Carsten aus Lichtenberg //REVOLUTION Nr. 15

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