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Große Koalition fürs Großkapital

Merkel und Müntefering haben Böses vor...

Nach langem Hin und Her bekommen die deutschen Kapitalisten bald ihre neue Regierung: die Große Koalition aus SPD und CDU/CSU. Es ging bei der Neuwahl darum, ein klares Mandat für eine Verschärfung der bisherigen „Reformpolitik“ zu organisieren. Das ist offensichtlich gescheitert, nicht zuletzt durch den Wahlerfolg der Linkspartei.PDS. Die Wahl hat insgesamt – wie meist in Momenten der Krise – die Ränder des politischen Spektrums auf Kosten der Mitte gestärkt: die Linkspartei bzw. die FDP, aber auch die NPD.

Weil die CDU so unerwartet schlecht abgeschnitten hat, muss jetzt die SPD in das Regierungsboot geholt werden. Doch daraus zu folgern, dass Merkel und CDU ihr Programm abmildern müssen, wäre ein Irrtum. Die Große Koalition wird unter einem immensen Handlungsdruck stehen – aus mehreren Gründen.

Schröder hat mit der Agenda 2010 zwar einen massiven neoliberalen Angriff gestartet, doch trotz großer Erfolge in dieser Richtung sind einige wesentliche Fragen ungelöst: die Staatsverschuldung ist höher als je zuvor, die Wachstumsraten sind weiterhin sehr niedrig, der militärische Rückstand gegenüber dem Hauptkonkurrenten USA ist nach wie vor riesig.

Das zentrale Problem ist dabei, dass es fürs deutsche Kapital nicht ausreicht, im Hier und Jetzt riesige Profite zu machen; um auch in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein, haben sie als Ziel gesetzt, die EU zum stärksten Wirtschaftsraum der Welt bis zum Jahr 2010 zu machen – deshalb Agenda 2010.

Von diesem Ziel ist das deutsche Kapital – nur 4,5 Jahre vor 2010! – noch weit entfernt. Soll es mit den „Reformen“ wirklich voran gehen, muss nicht nur bei Sozialausgaben massiv gekürzt und ein Heer von Millionen Billig-Jobbern geschaffen werden; dafür müssen wesentliche Rechte der Arbeiterbewegung wie Kündigungsschutz, Tarifsystem, betriebliche Mitbestimmung usw. – so unzureichend und widersprüchlich diese auch immer sind – zurückgedrängt oder abgeschafft werden.

Die Koalition

Nun erwarten deutsche Konzerne von der Regierung, dass sie alle möglichen Reformen durchpowert – mit „möglichst noch mehr Mut, mehr Kraft, mehr Tempo“, wie die Vertreter der Unternehmer-Verbände jeden Tag in den Medien verkünden.

Ex-CDU-Chef Laurenz Meyer sagt dazu: „Wir müssen aber aufpassen, dass in einer Großen Koalition die CDU nur für die Grausamkeiten zuständig ist und die SPD für die sozialen Wohltaten“. Welche „Wohltaten“ die SPD anbietet, haben wir in den letzten Jahren gesehen: 331 Euro Arbeitslosengeld, zum Beispiel.

Aber die „Grausamkeiten“ sind etwas klarer: die Mehrwertsteuer soll erhöht werden. Damit wird jeder Einkauf um einige Prozent teurer – das trifft natürlich Arbeitslose, Azubis und StudentInnen, die gerade so über die Runden kommen, am härtesten.

Die nächste Rentenerhöhung fällt aus, und das Rentenalter soll auf 67 Jahre erhöht werden. In einer Zeit, da offiziell fünf Millionen Menschen nicht arbeiten dürfen, ist der Vorschlag, die Arbeitenden noch länger arbeiten zu lassen, einfach absurd!

Dabei führen die Kapitalisten ihren Generalangriff auf betrieblicher Ebene weiter: auf Löhne, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen usw. Fast täglich lesen wir Meldungen über neue Massenentlassungen. Die Tarifverträge, die ein soziales Minimum in der Industrie garantieren, werden permanent untergraben.

Dabei ist die deutsche Wirtschaft nicht so arm, wie manch einer Glauben machen will: Siemens machte einen Profit von 3,4 Milliarden Euro; DaimlerChrysler 2,4 Milliarden; BMW 2,2 Milliarden. Insgesamt war 2004 ein Jahr von Rekordprofiten für deutsche Unternehmen.

Da zeigt sich der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Reichtum, der von Millionen ArbeiterInnen kollektiv produziert wird und den wenigen privaten Eigentümern, die sich diesen Reichtum individuell aneignen. Es ist der Widerspruch zwischen einer Wirtschaft, in der Produktionsprozesse global ausgedehnt werden und einer Welt, die immer noch zwischen verfeindeten Nationalstaaten und konkurrierenden Konzernen aufgeteilt ist. Kurz: es ist der Widerspruch des Kapitalismus!

Der Reformismus

Viele ArbeiterInnen und vor allem GewerkschafterInnen sehen die SPD trotz aller Bauchschmerzen mit deren Politik immer noch als „ihre“ Partei, sei es nur deshalb, weil sie angeblich ein kleineres Übel gegenüber FDP und Union wäre. Dass das nicht funktioniert, haben wir in den letzten Jahren gesehen, als Rot-Grün Angriffe gestartet haben, die sich zuvor die CDU unter Kohl noch nicht gewagt hat. Zum Beispiel in der Außenpolitik. Auslandseinsätze der Bundeswehr in angeblichen „humanitären“ Missionen haben erst Schröder und Fischer auf den Weg gebracht. Den Umbau der Bundeswehr zu einer global einsetzbaren Interventionsarmee kam erst unter den „Friedenstauben“ von Rot-Grün richtig in Schwung.

Die Gewerkschaftsbürokratie ist über tausend Kanäle mit der SPD verbunden und hat ihren Platz im kapitalistischen System gefunden. Deshalb beschränkte sie den Widerstand gegen die Agenda 2010 systematisch: Die Montagsdemos wurden von der DGB-Spitze bekämpft. Auch dort, wo sie, um die Basis zu beruhigen, selbst Massenproteste organisiert hat (z.B. am 3. April 04) waren diese nur zeitbegrenzte Demonstrationen und keine Kampfmassnahmen. Die wirkliche Perspektive der Reformisten bestand in – Unterschriftensammlungen. Betriebliche Widerstandsaktionen und Streiks (so bei Daimler und Opel) wurden ausverkauft und demobilisiert.

Trotz aller Kritik von der Linkspartei an der Politik von Rot-Grün: ihre Politik ist nichts anderes als eine wieder aufgewärmte Variante der SPD-Politik der 70er oder 80er Jahre. Ihnen geht es im Kern nur darum, eine starke parlamentarische Vertretung zu haben. Vorschläge, was wirklich notwendig ist, um die Angriffe des Kapitals zurückzuschlagen (als Schritte zum Sturz des Kapitalismus), sind bei ihnen schwer zu finden.

Unsere Vorschläge sind: Politische Massenstreiks, der politische Kampf gegen die reformistischen Gewerkschaftsführungen und die Organisation des Abwehrkampfes in Betrieben, Gewerkschaften, auf der Strasse, in Schulen und Unis. Wir treten für eine unabhängige sozialistische Jugendorganisation ein.

Die Jugendorganisation

Diese muss grenzüberschreitend organisiert sein, nicht nur um die Angriffe zu stoppen, sondern um jeder Art von Ausbeutung und Unterdrückung ein Ende zu setzen.

Gegen die Große Koalition des Kapitals brauchen wir eine Große Koalition der ArbeiterInnen und radikalen Jugendlichen!

//REVOLUTION Nr. 14

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