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Ein Hess-licher Anblick Am 20. August gab es mehrere Naziaufmärsche zur Ehre des Hitlerstellvertreters Rudolf Hess Alljährlich finden in Wunsiedel in Nordbaynern Gedenkmärsche anlässlich des Todestages des Kriegsverbrechers Rudolf Hess statt. Diese stellen ein besonders offensichtliches Beispiel für NS-Verherrlichung dar. In den letzten Jahren hat sich der Hess-Gedenkmarsch sich zu einem der wichtigsten Treffpunkte der deutschen und internationalen Naziszene entwickelt. An dieser Demonstration, die seit 2001 legal im Ort Wunsiedel durchgeführt werden darf, nahmen im letzen Jahr etwa 4.800 Personen aus 20 Ländern teil. Rudolf Der Bezug auf Hitlerstellvertreter Rudolf Hess bietet die Möglichkeit, direkt einem Protagonisten des Dritten Reiches zu huldigen, ohne staatliche Repressionen fürchten zu müssen. Der fanatische Antisemit Rudolf Hess bietet sich als Identifikationsfigur für die nationalsozialistisch orientierte Bewegung an, weil sein Name mit verschiedenen Mythen verknüpft ist. Hess wird als das personifizierte Deutschtum glorifiziert („treu bis in den Tod“). Im Prozess gegen die 22 Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg erklärte er: „Ich bereue nichts. Stünde ich wieder am Anfang, handelte ich wieder, wie ich gehandelt habe, auch wenn ich wüsste, dass am Ende ein Scheiterhaufen für meinen Flammentod brennt.” Weiterhin wird Hess von den heutigen Nazis zum „Friedensflieger“ umgelogen, weil er im Mai 1941 nach Schottland flog, um dort einen Separatfrieden mit Großbritannien abzuschließen,weil er angesichts des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion einen Zweifrontenkrieg vermeiden wollte. Er habe eigentlich den Frieden gewollt, aber der Krieg sei Deutschland von den Alliierten aufgezwungen worden. Damit wird das Hitlerregime als Opfer einer internationalen Verschwörung dargestellt. Der dritte Mythos rankt sich um den Selbstmord Hess’, welcher von heutigen Nazis als Mord britischer Agenten beweint wird. Beim Hessmarsch finden Nazis unterschiedlichsten Alters und Couleur in ihrer Verherrlichung des Nationalsozialismus zusammen. Seit dem Jahr 2003 ist die NPD auch offiziell dabei und 2004 liefen der NPD Bundesvorsitzende Udo Voigt und NDP-Fraktionsvorsitzender im sächsischen Landtag Holger Apfel nebeneinander an der Demonstrationsspitze. Verbot Die diesjährige Hess-Demo, geplant für den 20. August, wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVG) verboten. Spätestens am 17.8. war klar, dass am Samstag kein Nazi in Wunsiedel zu sehen sein wird. Die Kampagne „NS-Verherrlichung-Stoppen“ hat trotzdem an dem Antifa-Action-Day festgehalten. Ihr ging es an diesem Tag hauptsächlich darum, zu verhindern, dass der Hauptort des „Trauerns“ besetzt wird. Das Konzept, für das die Kampagne ein Jahr lang mobilisiert hatte,beruhte auf der Idee,die Stadt und den antifaschistischen Protest nicht der so genannten „Zivilgesellschaft“ (also der CSU und anderen bürgerlichen Parteien) allein zu überlassen. Letztes Jahr standen 350 AntifaschistInnen fast fünf tausend Nazis gegenüber. Aber die breite Kampagne dieses Jahr konnte das Thema Wunsiedel wieder präsent machen. Die bundesweite Mobilisierung von über 40 Bussen hat erst dazu geführt, dass der Aufmarsch verboten wurde. Ob dieses Verbot aufrecht gehalten wird, ist nicht sicher, da das BVG angekündigt hat, seine Entscheidung vom 17.8.05 noch einmal zu prüfen. Es ist also möglich, dass ein Urteil im nächsten Jahr ganz anders ausfallen kann. Dieses Jahr jedenfalls – das machte das BVG klar – waren Nazis in Wunsiedel unerwünscht.VertreterInnen etablierter Parteien nutzten diesen Tag für eine so genannte „Meile der Demokratie“, jedoch ging es in erster Linie um die Propagierung der guten alten Totalitarismustheorie, wonach links und rechts gleichermaßen zu bekämpfen wären. Zum Beispiel sprach CSU-Staatsminister Werner Schnappauf in seinem Grußwort auf dem Marktplatz in Wunsiedel nicht von Neonazis, sondern von „Radikalen, die wir aus unseren Städten treiben müssen“ – wohl auch an die AntifaschistInnen gerichtet, durch deren Zwischenrufe er sich gestört fühlte. Während sich Wunsiedel mit gerichtlicher Hilfe „bunt statt braun“ feiern konnte, kam es in anderen Städten zu rechten Aufmärschen. In Berlin haben rund 600 Nazis von den sog. „freien Kameradschaften“ gegen das Verbot der Hess-Gedenk-Demo in Wunsiedel am gleichen Tag demonstriert. Die Demo ging vom Alexanderplatz zum Bahnhof Lichtenberg, quer durch den überwiegend linken Bezirk Friedrichshain. Die Versammlungsbehörde hatte angekündigt, bei jeglicher Bezugnahme zu Heß sofort einzuschreiten und den Aufzug aufzulösen, hielt sich aber zurück. Am Rande des Aufmarsches protestierten lautstark Demonstranten gegen die Provokation der Neonazis, wobei die Polizei mit Platzverweisen und teilweise auch mit Schlagstöcken vorging. Klein Leider waren nur wenigeund sehr versprengte antifaschistische GegendemonstrantInnen auf der Straße, so dass der Naziaufmarsch mehr oder weniger störungsfrei durchgeführt werden konnte. Nur vor dem Rathaus Lichtenberg kam es zu einer Straßenblockade, die aber schnell von der Polizei weggeprügelt wurde. (Dafür haben sich die Nazis bereits per Internet bei der Berliner Polizei bedankt!) Erst am Abend, als die Busse aus Wunsiedel wieder da waren, fand eine geschlossene und lautstarke Antifa-Demo durch Lichtenberg statt. Mit Parolen wie „Lichtenberg, wir sind da...“ wurde gezeigt, dass in diesem Bezirk die Nazis nur unter massivem Polizeischutz aufmarschieren können. Aber es gilt nach wie vor: Wir müssen Nazis dort bekämpfen wo sie sind, und nicht wo sie gewesen waren!!! //von Natalie aus Falkensee //REVOLUTION Nr. 13 //weitere Bilder von Krasse Zeiten |
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