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Konsens Nonsens //von Franci & Peter //REVOLUTION Nr. 4 Das hat wahrscheinlich jedeR schon erlebt: es wird endlos diskutiert, ohne dass man sich einig wird. Oder weil nicht alle einer Meinung sind, wird eine geplante Aktion dann mangels Übereinstimmung nicht durchgeführt. Was können eine Organisation oder ein Bündnis bei solchen Problemen tun? Soll man gar nicht mehr diskutieren? Soll ein „Häuptling“ alles allein bestimmen? Sollen die Meinungsverschiedenheiten zugunsten eines „faulen“ Kompromisses beendet werden? Konsensprinzip Eine weit verbreitete Methode in der Linken ist das sog. „Konsensprinzip“. Es bedeutet, so lange zu diskutieren, bis alle Meinungsverschiedenheiten überwunden sind. Diese Vorgehensweise ist meist von einigen anderen „Gewohnheiten“ begleitet: es werden keine Abstimmungen durchgeführt, denn das würde ja nur bedeuten, unterschiedliche Meinungen zuzulassen; es ist natürlich auch damit verbunden, dass die Mehrheit etwas gegen die Minderheit durchsetzen kann. Wozu führen nun diese Prinzipien in der Praxis? Zuerst einmal dazu, dass Meinungsverschiedenheiten verschleiert werden, weil unter dem Druck, um jeden Preis einen Konsens zu erreichen, sich viele nicht mehr trauen, ihre wahre Meinung zu vertreten. Wenn dann ein Konsens zustande kommt, dann oft nur, weil die TeilnehmerInnen einfach die Nase voll davon haben, ewig weiter zu diskutieren. Der erreichte Konsens ist oft nur ein fauler Kompromiss, der – damit er überhaupt zähneknirschend akzeptiert werden kann – allerlei nichts sagende Allgemeinplätze enthält und die strittigem Punkte ausspart. Der Verzicht auf Abstimmungen – d.h. auf Mehrheitsentscheidungen – lässt nicht nur im Dunkeln, wer welche Meinung vertritt, wer wofür oder wogegen ist. Er verschleiert auch das wahre Kräfteverhältnis – wie viele Leute vertreten welche Meinung. Dadurch, dass der Konsens eine (scheinbare) Übereinstimmung suggeriert, wird die Klärung von Differenzen überflüssig, da ja alle einer Meinung sind. Wenn es aber z.B. um wesentliche politische Fragen geht, die langfristig von Bedeutung sind, kann es nicht nur – es muss fatale Folgen haben. Denn die politische Praxis, der alltägliche Klassenkampf wirft tausend Fragen auf. Wenn eine Organisation aber die Diskussion und Klärung wesentlicher Fragen einem fragwürdigen Konsens opfert, wird sie nie in der Lage sein, sich inhaltlich zu entwickeln und sich auf die verschiedenen Herausforderungen der Praxis einzustellen. Die Diskussion mag faule Kompromisse dulden – die Praxis nicht! Die Verhinderung von Abstimmungen und die Verschleierung der tatsächlichen Kräfteverhältnisse arbeitet automatisch jenen in die Hände, die am „lautesten“ ihre Meinung vertreten, die VielrednerInnen, oder die, welche am meisten Informationen haben. In der Regel sind das die – oft ungewählten – FührerInnen. Das Konsensprinzip bringt es auch mit sich, dass sie ihre Meinung leichter durchsetzen können und Widerspruch unter den Tisch fällt. Wenn es keine Abstimmung gibt, ist auch niemand so richtig für das Beschlossene verantwortlich. Damit ein Konsens erricht werden kann, einigt man sich meist auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“. Das bedeutet in der Praxis meist, dass man sich den rückständigsten, zögerlichsten Kräften anpasst. Arbeiterdemokratie REVOLUTION macht das anders. Gibt es etwas zu organisieren, dann treffen wir uns und diskutieren das Für und Wider. Kann ein Konsens gefunden werden, ist das natürlich ideal. Aber wenn das nicht der Fall ist, werden die verschiedenen Positionen dargestellt, damit jedeR weiß, worum es geht, wer warum welche Auffassung hat. Wenn die Alternativen klar sind, wird abgestimmt. Die Position der Mehrheit gilt dann als Beschluss. Die Minderheit kann an dieser Position innerhalb von REVOLUTION Kritik üben. Doch sie muss die beschlossene Aktion, ein Programm oder eine Position unterstützen. Gerade dadurch, dass man die Mehrheitsposition umsetzt, kann man auch anhand der Praxis überprüfen, ob sie richtig ist. Dabei kann sich auch herausstellen, dass die Minderheit richtig lag. Wie haben wir es zum Beispiel beim letzten REVOCAMP gemacht? Bei diesem Camp waren Leute aus REVO-Gruppen verschiedener Länder. Es gab viele Workshops und Diskussionen. Außerdem beschlossen wir dort unser Programm, das Manifest Der Weg zur REVOLUTION. Für die Programmdiskussion gab es mehrere Plena, an denen alle AktivistInnen teilnehmen konnten. Dort präsentierten wir unsere Änderungs-Vorschläge. Die Vorschläge, welche die Mehrheit der Stimmen erhielten, wurden angenommen. Unser Manifest fasst wesentliche Fragen unserer Politik zusammen: die Ziele und die Mittel und Methoden, wie wir sie erreichen wollen. Diese Programmatik ist einerseits eine systematische Grundlage unseres Handelns und bewahrt uns davor, jede Frage bei jeder Gelegenheit wieder vom Urschleim an zu diskutieren. Andererseits bietet das Programm auch die Möglichkeit, dass es selbst anhand der Praxis auf seine Richtigkeit überprüft und verbessert oder korrigiert werden kann. Wer profitiert dabei? Es ist sicher kein Zufall, dass die Befürworter des Konsensprinzips in weiten Teilen der Autonomen oder bei attac gerade auch jene sind, die sich weigern, ein Programm zu erarbeiten und klare und verbindliche Beschlüsse zu fassen. Ein Grund dafür ist, dass – z.B. bei attac – die Chefs sich nicht gerne an Beschlüsse oder Programme binden lassen. Warum? Ihnen geht es nicht um den Erfolg im Kampf, nicht um den Sturz des Kapitalismus, sondern um Kompromisse mit den Herrschenden und darum, dabei selbst als Vermittler eine wichtige Rolle zu spielen. |
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