Solidarität mit den UPS-Streikenden in der Türkei!

Warum ist der Kampf bei UPS wichtig?

Seit dem 5. Mai protestieren Arbeitende des weltweiten Transport- und Frachtunternehmens UPS in der Türkei vor 3 UPS Zentralen, davon 2 in Istanbul und 1 in Izmir, dadurch, dass sie in Streikzelten ausharren. UPS will kompromisslos die gewerkschaftliche Organisierung in ihren Betrieben untersagen. Sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Löhne waren für die Arbeitenden unerträglich. Dieser erste Versuch, bei UPS eine gewerkschaftliche Organisierung in der Türkei zu ermöglichen, endete damit, dass in den oben erwähnten 3 Zentralen insgesamt 161 Arbeitende gefeuert wurden.

Sie organisieren seit dem 5. Mai Widerstandsaktionen und haben den Streik ausgerufen.

Mit Hilfe der Polizei gelang es dem Unternehmen, StreikbrecherInnen in die Betriebe einzuschleusen. Während UPS die Zentrale in Izmir mittlerweile aufgeben musste, weil der gesamte Betrieb sich auf die Seite der Entlassenen stellte, halten die Proteste vor den 2 verbliebenen Zentralen in Istanbul weiterhin an. In Izmir gibt es weiterhin jeden Samstag Protestaktionen von ehemaligen UPS-Angestellten, die für die Wiedereinstellung mit gewerkschaftlichen Rechten kämpfen.

Der Kampf gegen die UPS-Führung stellt eine neue Variante des politischen Klassenkampfes in der Türkei dar. Während gegen Ende des letztens Jahres der Streik beim ehemals staatlichen und mittlerweile privatisierten Tabak- und Alkohol-Unternehmen TEKEL ein Streik war, der sich gegen die AKP-Regierung wandte und dieser den Ausverkauf an Lucky Strike vorwarf, so ist der jetzige Streik beim Liefer-Unternehmen UPS einer, der sich gezielt gegen diesen Konzern wendet. Doch auch der Kampf gegen die Massenentlassungen beim über Jahre immer weiter privatisierten TEKEL-Konzern hält weiterhin an. Insgesamt haben die Arbeitskämpfe in der Türkei massiv zugenommen. Der UPS-Kampf stellt dabei im Moment nur die Spitze der Proteste dar.

Die jüngsten Entlassungen fanden statt, obwohl es gesetzlich verboten ist, gewerkschaftliche Organisierung zu verhindern. Pressesprecher von UPS diffamierten Tümtis (Gewerkschaft der Beschäftigten im Transportwesen) öffentlich als „kriminelle Bande“. Damit war die Unterstützung derjenigen Arbeitenden gemeint, die in Abwehrkämpfen gegen Polizeiräumungen versuchten, ihre Betriebe besetzt zu halten.

Am 1. September wurde bereits durch die Internationalen-Transportarbeiter-Föderation ( ITF, weltweiter Dachverband von Tümtis und auch Ver.di) ein weltweiter Aktionstag gegen die ArbeiterInnen-feindliche Politik des UPS-Konzerns organisiert. Am 16. September gab es in Istanbul eine Demo mit tausenden TeilnehmerInnen, darunter auch politische Parteien so wie Gruppen organisierter Fußballfans. Sollte dieser Kampf gewonnen werden, hieße das, dass sich 2000 Arbeitende gewerkschaftlich organisieren können. Diejenigen, die noch bei UPS beschäftigt sind, unterstützen den Kampf ihrer gefeuerten KollegInnen, indem sie heimlich einen Teil ihres Lohnes in eine Streikkasse zahlen.

Die bei UPS Arbeitenden sowie die Gewerkschaft Tümtis haben alle sonstig Arbeitenden des Landes dazu aufgerufen, die Kämpfe zusammenzuführen. Ein Vorteil des jetzigen Streiks ist es auch, dass ein Streikkomitee existiert, welches die Entscheidungen weitgehend selbst trifft. Nur dadurch konnte auf spontane Weise Eigeninitiative entwickelt werden.

Was sind die nächsten Aufgaben in diesem Kampf?

Die schwierigste Aufgabe scheint es zu sein, die türkischen linken Organisationen dazu zu bewegen für den Kampf bei UPS ein gemeinsames Komitee zu bilden. Es werden ideologische oder organisatorische Gründen in den Vordergrund gestellt, um nicht gemeinsam in einem Komitee aufzutreten. Während am 1. Mai in Istanbul 300.000 ArbeiterInnen auf der Demo und Kundgebung waren, kann keine linke Kraft allein große Teile dieser ArbeiterInnen mobilisieren. Um für den UPS Kampf massentauglich zu mobilisieren, muss die erste Aufgabe sein ein gemeinsames UPS Komitee zu bilden, in dem jede Gruppe und Partei ihren Platz hat, sowie die Forderungen der UPS ArbeiterInnen unterstützt werden, natürlich mit Kritik- und Redefreiheit. Um die Kämpfe zu vereinigen, brauchen die ArbeiterInnen adäquate demokratische Organe: das heißt gemeinsame Komitees Arbeitender von verschiedenen Betrieben, in denen sie über die möglichen gemeinsamen Aktionen miteinander diskutieren können.

Eine andere wichtige Aufgabe ist es, diesen Kampf von den Straßen in die Betriebe zu tragen. Die streikenden ArbeiterInnen werden von den Delegationen der anderen Gewerkschaften besucht und auch finanziell unterstützt, was für den Kampf sehr wichtig ist. Noch wichtiger und in diesem Moment entscheidender ist aber, dass in anderen Betrieben der UPS für die Streikenden bei UPS Aktionen durchgeführt werden, womit der alltägliche Geschäftsablauf von UPS massiv beeinflusst werden könnte. Zum Beispiel ein verlangsamtes Entladen der UPS Flugzeuge in der Türkei. Dafür zuständige Gewerkschaften sind auch Mitglieder der ITF. Es gibt in der Türkei sieben ITF Gewerkschaften:

1. Birlesik Tasimacilik Çalisanlari Sendikasi (BTS) (United Transport Workers‘ Union)
2. National Port and Land Stevedores Union of Turkey (LIMAN-IS)
3. Railway Workers‘ Trade Union of Turkey (DEMIRYOL-IS)
4. Turkish Civil Aviation Union Hava-Is
5. Deniz Çalisanlari Dayanisma Dernegi (DAD-DER) Marine Employees’ Solidarity Association (MESA)
6. Türkiye Denizciler Sendikasi (Seafarers‘ Union of Turkey)
7. Türkiye Motorlu Tasit Isçileri Sendikasi (TÜMTIS)

Es besteht also die Möglichkeit in Kooperation mit den ITF Gewerkschaften in der Türkei den UPS Geschäftsablauf zu stoppen oder zu verlangsamen. Die Möglichkeit dies zu tun, ist in anderen Ländern viel einfacher als in der Türkei. Solange es nicht geschafft wird, dem Konzern UPS durch Niederlegung der Arbeit, Entsagung der Unterstützung etc. das Fürchten zu lehren, wird seine Führungsspitze kein bisschen nachgeben. Aktionen auf den Straßen sind notwendige und wichtige Aktionen, die aber irgendwann in die Betriebe hineingetragen werden müssen, wenn diese Kämpfe tatsächlich seitens der organisierten ArbeiterInnenklasse gewonnen werden sollen.

UPS ist ein internationales Unternehmen. Es bring nichts, wenn UPS ArbeiterInnen allein in der Türkei gegen UPS kämpfen. Das ist den UPS ArbeiterInnen durchaus klar. Auch ist es den ArbeiterInnen in Belgien einsichtig, die in Solidarität mit dem Generalstreik der ArbeiterInnen in Frankreich einige Betriebe besetzt haben. Die ArbeiterInnen in Griechenland haben die ArbeiterInnenklasse in ganz Europa zum Handeln aufgerufen! Es gibt also unterschiedliche Kämpfe auf dem gesamten Kontinent. Jeder dieser Kämpfe wird stärker, wenn sie gemeinsam geführt werden. Daher sollte der UPS Streik als eine Vorarbeit und Brücke zum europäischen Generalstreik verstanden werden. Durch den weltweiten Aktionstag vor Weihnachten legen wir einen Grundstein für diesen Generalstreik und zeigen, dass über die Grenzen hinweg ein gemeinsames Auftreten und die Einheit der ArbeiterInnenklasse möglich ist.

//RIO München //3. Dezember 2010

Weitere Informationen und Hintergründe zu den Protesten gegen die Entlassungen bei UPS, sowie eine öffentliche Diskussionsmöglichkeit der Geschehnisse mit dem Tümtis-Vorsitzender und Ver.di-Mitgliedern gibt es auf der:

Diskussionsveranstaltung über den UPS-Streik in der Türkei:
Montag, 6. Dezember, 18 Uhr im Gewerkschaftshaus,
Schwanthalerstr. 64 (Nähe U5 Theresienwiese), München


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