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Der TEKEL-Kampf geht weiter

Obwohl der Generalstreik am 26. Mai abgeblasen wurde

Die Gewerkschaftsbürokratie der Türkei hat den Kampf der TEKEL-ArbeiterInnen sabotiert. Das staatliche Unternehmen TEKEL wurde an British-American-Tobacco verkauft und die Beschäftigten sollen unter anderem mit Lohnhalbierung, ohne Gewerkschaften und soziale Versicherungen befristet beschäftigt werden (die sogenannte 4/C Regelung).

Anfang März beschlossen die TEKEL-ArbeiterInnen, am 26. Mai einen Generalstreik zu organisieren: Sie waren nach ihrem Sieg bei der türkischen Justiz bereit, den Kampf um ihre Arbeitsplätze wie bisher weiterzuführen. Die türkische Justiz hatte das Zwangsangebot der Regierung mit der endgültigen Fristsetzung für die Arbeitenden für verfassungswidrig erklärt

Der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes TÜRK IS, Mustafa Kumlu, geriet immer mehr in die Kritik, je weiter sich der Kampf entwickelte. Der Widerspruch zwischen den Forderungen der TEKEL-ArbeiterInnen und der Bereitschaft Kumlus, für diese Forderungen zu kämpfen, ist immer offensichtlicher geworden. Die ArbeiterInnen haben schon in der Anfangsphase des TEKEL-Kampfes Kumlu auf der Bühne nicht reden lassen. Zudem haben sie auch aus Protest das TÜRK IS Hauptquartier in Ankara besetzt.

Am 1. Mai haben die TEKEL-ArbeiterInnen mit anderen Sektoren Kumlu wieder nicht reden lassen. Er musste den Taksim-Platz in Istanbul unverzüglich verlassen und sich verstecken. Danach hat die Gewerkschaftsbürokratie ihren Beschluss, am 26. Mai einen Generalstreik zu organisieren, revidiert. Eine einstündige Arbeitsniederlegung am 26. Mai war nun das Ziel – alles andere sei unrealistisch.

Dieser Beschluss wurde in einer Zeit gefasst, wo die ArbeiterInnenklasse in der Türkei nach Jahrzehnten wieder landesweite Kämpfe in unzähligen Betrieben führt. Die Wirtschaftskrise hat die Zahl der Arbeitslosen wieder in die Höhe getrieben, ohne irgendeine soziale Versicherung für Beschäftigten. Viele Unternehmen sind am Rande der Pleite oder schon praktisch zahlungsunfähig.

Neben ökonomischen Kämpfen wurden sporadisch auch politische Kämpfe geführt. Der Generalstreik am 4. Februar war nicht der einzige solche Kampf. Viele Abgeordnete, FunktionärInnen und MinisterInnen der Regierungspartei AKP wurden in vielen Städten von tobenden TEKEL-ArbeiterInnen mit Tomaten und Eier empfangen. Es wurde auch versucht, Veranstaltungen der AKP zu sprengen oder ihre Büros zu besetzen.

Die türkische Bourgeoisie strebt nach einem der besten Plätze auf der Liste der sogenannten “Entwicklungsländer” weltweit. Doch jetzt schon ist Türkei auf dem europäischen Kontinent auf dem ersten und weltweit auf dem dritten Platz bei der Zahl getöteter BergarbeiterInnen. Dazu kommen die haarsträubenden Erklärungen von der Regierungspartei, die eben die Geringschätzung des Lebens von ArbeiterInnen zum Ausdruck bringen. Erst erklärte der Ministerpräsident, dass “zum Schicksal von BergarbeiterInnen auch der Tod” gehöre. Der Arbeitsminister erklärte darauf als Steigerung, dass „die Arbeiter in den Minen schön gestorben seien“, weil an ihren Körpern keine Verbrennungen zu sehen waren.

Nachdem der Beschluss der Gewerkschaftsbürokratie der großen Gewerkschaftsföderationen bekannt wurde, dass es statt eines ganztägigen Generalstreiks nur eine einstündige Arbeitsniederlegung geben sollte, wurde das TÜRK IS-Gebäude in Istanbul von ArbeiterInnen besetzt. Es wurden Transparente aufgehängt, auf denen stand, dass Mustafa Kumlu zurücktreten sollte, oder dass TÜRK IS tatenlos zuschaut, während die ArbeiterInnen in den Minen sterben. Ein Tag später wurde auch das TÜRK IS-Gebäude in Izmir besetzt. Das Gebäude in Ankara konnte nur mit Polizeihilfe vor den ArbeiterInnen geschützt werden.

Trotz der Bemühungen der Gewerkschaftsbürokratie gelang es den ArbeiterInnen am 26. Mai, landesweit aufzutreten. Durch die kämpferische Stimmung ist diese Aktion mehr geworden, als sich die Gewerkschaftsbürokratie gewünscht hat. Obwohl es kein Generalstreik war, war es eine landesweite Aktion. Dazu hat auch das Schicksal der getöteten BergarbeiterInnen beigetragen, denn in vielen Städten wurden Gedenkminuten für die BergarbeiterInnen gehalten. Das zeigte das Potential, das vorhanden gewesen wäre, wenn die beiden Themen vorher als doppelte Anliegen des Generalstreikes popularisiert worden wären. (Siehe dazu: Generalstreik in der Türkei.)

In den nächsten Wochen und Monaten wird sich die Lage weiterhin verschärfen. Im Angesicht der Wirtschaftskrise verfügt der türkische Kapitalismus über wenig Spielraum. In dieser Phase gehen auch kleine Zugeständnisse an die Schmerzgrenze der Bourgeoisie. Zudem lernen die ArbeiterInnen wieder, gemeinsam für ihre Interessen zu kämpfen. Durch den TEKEL-Kampf haben sie auch Teilerfolge erlebt. Die große Unterstützung aus der Bevölkerung und Weiterführung der Kämpfe gegen den Staat und trotz der Gewerkschaftsbürokratie tragen dazu bei, dass die Arbeiter nicht demoralisiert den Kampf abgebrochen haben

Es fehlte jedoch von Anfang eine politische Kraft, die die verschiedenen Kämpfe hätte zusammenführen können. Die Gewerkschaftsbürokratie bewegt sich, wenn sie sich bewegen muss. Die linken Kräfte haben teilweise keine Erfahrungen mit der ArbeiterInnenklasse, weil sie sich nie für sie interessiert haben. Einige sehen nicht die ArbeiterInnenklasse als das zentrale Subjekt, sondern beziehen sich auf “das Volk”, in dem die ArbeiterInnenklasse eine Klasse neben anderen, genauso wichtigen Klassen darstellt. Die Irrtümer und Wirrungen der linken Kräften werden das Schicksal der Kämpfe bestimmen, es sei denn, es gelingt den türkischen und kurdischen RevolutionärInnen, eine revolutionäre internationale Organisation aufzubauen, die in und mit der ArbeiterInnenklasse kämpft.

//von Suphi Toprak, RIO, München //30. Mai 2010

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