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"Für uns sind der Bildungsstreik und der Studentenwerksstreik ein Kampf" Beschäftigte des Studentenwerks Berlin legten gestern die Mensa der FU lahm – mit Unterstützung der Studierenden. Ein Gespräch mit Stefan Neumann Stefan Neumann studiert Politikwissenschaft an der Freien Universität (FU) Berlin und ist Sprecher der "AG Arbeitskämpfe" Warum sind die Beschäftigten des Studentenwerks Berlin in den Warnstreik getreten? Ver.di hatte zum Warnstreik aufgerufen, weil die Beschäftigten in den vergangenen Jahren auf acht bis zwölf Prozent ihrer Gehälter verzichten mussten. Nun fordert die Tarifkommission eine Lohnerhöhung von 3,1 Prozent und einen Sockelbetrag von 50 Euro. Zusätzlich sollen auch das Ost-West-Gefälle der Löhne abgeschafft, die Ausbildungsvergütungen erhöht und die Leiharbeitsplätze durch Festeinstellungen ersetzt werden. Wie ist der Streik gelaufen? Um 11 Uhr, als die Mensa aufmachen sollte, versammelten sich etwas mehr als 100 Beschäftigte des Studentenwerks davor. Insgesamt arbeiten in diesem Unternehmen etwa 900 Menschen, darunter 100 LeiharbeiterInnen, und der Organisierungsgrad ist nicht besonders hoch. Die Beschäftigten stellten Streikposten auf und verteilten Flugblätter. Vielleicht zwei Drittel der Menschen, die die Mensa besuchen wollten, wurden dadurch abgehalten. Zusätzlich haben Studierende in der Mensa weitere Flyer verteilt und mit Beschäftigten, die sich nicht trauten, am Warnstreik teilzunehmen (darunter waren Azubis, LeiharbeiterInnen und Leute in der Probezeit), sowie auch KundInnen diskutiert. Dadurch konnten zusätzliche Leute überzeugt werden, Essen woanders zu suchen. Über den Tag gesehen sind gestern die Einnahmen der größten Universitätsmensa in Berlin, die täglich ungefähr 20000 Euro umsetzt, fast vollständig ausgefallen. Was haben die Studierenden während des Streiks gemacht? Gleich neben dem Eingang zur FU wurde eine Volksküche aufgemacht, damit Leute, die etwas zu essen brauchten, nicht in die Mensa gehen mussten. Bei Sonnenwetter haben Hunderte Studierende dort gegen eine Spende ihre Linsensuppe gegessen. Kurz vor 12 Uhr bildete die Gruppe der "Überflüssigen" eine Menschenkette vor den Kassen und ließ niemanden mehr durch. Diese Aktion hatten die StudentInnen von sich aus geplant, sie hatte nichts mit dem Warnstreik von ver.di zu tun. Nach ein paar Minuten wurden dann die Ein- und Ausgänge gesperrt, womit die Mensa erst einmal komplett dicht war. Zufällig sollte zur selben Zeit eine studentische Vollversammlung im besetzten Hörsaal stattfinden. Die wurde aber spontan in die Mensa verlegt, so dass rund 600 Studierende den Essensaal besetzen und über den bisherigen Verlauf der Proteste und weitere Perspektiven diskutieren konnten. Als Beschäftigte des Studentenwerks hinzukamen, wurden sie mit stehenden Ovationen begrüßt. Wie soll es jetzt weitergehen? Die KollegInnen vom Studentenwerk erleben seit Monaten, dass die Geschäftsleitung auf ihre Forderungen nicht eingeht. Deswegen gehe ich davon aus, dass es weitere Arbeitsniederlegungen in den kommenden Wochen geben wird, bevor es zu einem Ergebnis kommt. Nach dem heutigen Erfolg bin ich mir sicher, daß beim nächsten Mal wieder mit viel Unterstützung der Studierenden zu rechnen ist. Wir halten seit zwei Wochen den größten Hörsaal der FU besetzt. Allerdings wurden wir bislang von vielen nicht so recht zur Kenntnis genommen, vor allem nicht von der Uni-Leitung. Doch gestern konnten Studierende und Beschäftigte gemeinsam erreichen, dass niemand unsere Forderungen ignorieren konnte. Das zeigt, wieviel Kraft wir haben, wenn wir an einem Strang ziehen. Wie kann das konkret aussehen? Unsere "AG Arbeitskämpfe" schlägt vor, die Forderungen der Uni-BesetzerInnen so zu erweitern, daß wir nicht nur gegen schlechte Studien-, sondern auch gegen schlechte Arbeitsbedingungen kämpfen. Für uns sind der Bildungs- und der Studentenwerksstreik in Wirklichkeit ein gemeinsamer Kampf – denn Kürzungen an den Hochschulen sind nur Ausdruck eines gesamtgesellschaftliches Phänomens. Die Solidarität mit Arbeitskämpfen ist ja eigentlich im Eigeninteresse der Studierenden. Auch wenn viele von ihnen hoffen, später einmal selbst zur Elite zu gehören, erleben sie die miesen Arbeitsbedingungen am eigenen Leib – sei es in Form von unbezahlten Praktika, von schlechtbezahlten Nebenjobs oder einem Job im Callcenter nach dem Abschluss. Wir treten deswegen dafür ein, daß Uni-BesetzerInnen auch die Arbeitskämpfe unterstützen – z.B. auch Zehntausende in den Opel-Werken, die momentan um ihre Jobs fürchten. Gerade unter der schwarz-gelben Regierung ist zu erwarten, daß es viele Arbeitskämpfe geben wird. //Interview: Wladek Flakin, Revo Berlin //Original in der jungen Welt //Original auf Indymedia
Redebeitrag der AG Arbeitskämpfe Heute haben wir, Beschäftigte und Studierende, die Mensa dichtgemacht. Seit mehr als zwei Wochen halten wir den Hörsaal 1A besetzt. Aber seien wir mal ehrlich, wir werden von vielen, gerade der Unileitung, einfach ignoriert. Heute haben wir es geschafft, dass uns niemand ignorieren konnte! Es stellt sich jetzt die Frage, wie es mit den Besetzungen weitergeht. Für uns von der AG Arbeitskämpfe ist ganz klar, dass wir nur weiterkommen können, wenn Bildungsproteste und ArbeiterInnenkämpfen zusammengeführt werden. Heute hatten wir ein kleines Beispiel dafür, wieviel Kraft wir haben, wenn wir an einem Strang ziehen. Aber das bezieht sich nicht nur auf die Beschäftigten an dieser Uni. Wir sollten uns z.B. auch mit den Zehntausenden ArbeiterInnen bei Opel solidarisieren, die in diesen Tagen auf die Straße gehen. Wir können uns sicher sein, dass es unter Schwarz-Gelb mehr Arbeitskämpfe geben wird, und wir müssen immer wieder vorne dabei sein. Wir dürfen unsere Forderungen nicht auf die Studienbedingungen beschränken – denn Kürzungen an den Hochschulen sind nur ein Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens. Wir müssen uns für ein Ende prekärer Arbeitsverhältnisse, für ein Ende von Billigjobs, für ein Ende von Massenentlassungen einsetzen. Lasst uns auch keine Illusionen haben: von den 600 Studierenden, die heute hier sind, werden nicht alle ProfessorInnen oder ManagerInnen werden. Viele von uns werden nach dem Abschluss in Callcenters und Cafés landen. Zum Schluss möchte ich ein kleines Beispiel nennen: bei der letzten großen StudentInnenprotestbewegung, 2006 in Hessen, haben 500 Studierende den Frankfurter Hauptbahnhof blockiert und lahmgelegt. Aber gleichzeitig hätten zwei streikende LokfüherInnen gereicht, um den gleichen Effekt zu erzielen. Das zeigt, wieviel Kraft wir haben, wenn wir mit Beschäftigten gemeinsam kämpfen. Also wir müssen es hinkriegen, dass Beschäftigte und Studierende gemeinsam streiken! Wir müssen vom Bildungsstreik zum Generalstreik kommen! Danke!
Flyer zum Studentenwerksstreik |
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