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Innenministerkonferenz absägen!

Gegen Kontrolle, Überwachung und Kapitalismus!

In der Zeit vom 19.11 bis zum 21.11 2008 findet in Potsdam die Innenministerkonferenz (IMK) statt. Innenminister / -senatoren der Bundesländer, der Bundesinnenminister und dutzende Sicherheits- und Polizeiorgane nehmen an den zwei Mal im Jahr statt findenden Sitzungen teil. Vor allem innenpolitisch sicherheitsrelevante Fragen sollen auf den Treffen der Innenminister diskutiert werden. "Verfassungsrecht", "Ausländerrecht", "Gefahrenabwehr" oder "Bekämpfung des Terrorismus" - Worte aus der Bürokratie des Innenministeriums. Im Klartext heißt das nichts anderes als die Ausweitung und Verschärfung des Kontroll- und Überwachungsapparats. Innen- aber auch Außenpolitisch geht es um die Erhaltung und Erweiterung bestehender Machtverhältnisse und wirtschaftlicher Interessen.

Im Jahr 2006 einigten sich die Teilnehmer_innen der Innenministerkonferenz in einem Beschluss auf die so genannte „Antiterrordatei“. Ein Register den Polizei, Nachrichtenagenturen und unzählige Geheimdienste zur Nutzung stehen. Rein präventiv wird hierbei eine Datenbank von "Terrorverdächtigen" erstellt, wie selbst in den Beschlüssen der Konferenz beschrieben. Mit dem "Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder “ werden tausende Menschen, vermeintliche Verdächtige täglich überwacht und kontrolliert. Es findet eine undurchschaubare Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten statt, welche selbst der bürgerlichen Verfassung ein Dorn im Auge sein müsste. Das 1949 festgeschriebene Trennungsgebot von Nachrichtendiensten und Polizei hat seine Wirkung längst verloren. Es wurde damals als Lehre aus dem nationalsozialistischen Überwachungsapparat gezogen. Der vorbeugende Charakter von staatlichen Kontrollmaßnahmen wurde auch im Zusammenhang mit den Repressionen gegen Anti G8 Aktivist_innen im letzten Jahr deutlich. Hausdurchsuchungen und ständige Überwachung dutzender Personen fanden unter dem Vorwand der Paragraphen 129a und b ("Mitglied, Unterstützung einen terroristischen Vereinigung") statt. Fast ein Jahr nach den G8 Protesten wissen nur die Wenigsten, was Wenige auch schon zum Anfang der Ermittlungen wussten. Diese wurden vom Bundesgerichtshof für rechtswidrig erklärt, die Masse der Verfahren nach 129a eingestellt. Die Ausweitung der Überwachungssysteme dient offensiv dazu oppositionelle, progressive Strukturen und Bewegungen zu kriminalisieren. Neu ist, das Protagonist_innen der herrschenden Verhältnisse, Menschenrechtsverletzungen nicht mehr bestreiten. Wohin die Reise geht, zeigt uns das vor kurzem beschlossene Versammlungsgesetz in Bayern. Mit fadenscheinigen Begründungen wurde dort die Versammlungsfreiheit faktisch abgeschafft. "Versammlungen an privaten Orten" unterliegen der neuen Gesetzesänderung eben so wie die Anmeldepflicht des Flugblattverteilens.

Das die Innenministerkonferenz gesamtgesellschaftlich in einem weitaus größeren Kontext zu betrachten ist wird spätestens bei migrationspolitischen Themen sichtbar. Jährlich versuchen tausende Flüchtlinge, wegen fehlender Existenzgrundlagen in ihren Herkunftsländern, die Grenzen nach Europa zu überqueren. Viele von Ihnen sterben bei der Flucht, Andere werden Abgeschoben und wieder Andere schaffen es sich durch die äußerst prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Europa zu hangeln. In den halbjährlichen Berichten der IM-Konferenzen heißt es unter Anderem: "Ein „ausgewogener Gesamtansatz“ soll Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung umfassen und die Vorteile der legalen Migration nutzbar machen." Dem offensichtliche Problem der Migration wird mit kapitalistischer Verwertungslogik begegnet. Migrant_innen werden offen in gut und böse selektiert. Menschen werden zur Ware. "Arbeitsmigranten" und "Illegale". Den meisten Migrant_innen droht allerdings der rassistische Alltag. Sie werden mit Sondergesetzen wie Residenzpflicht, Drittstaatenregelung oder gar Abschiebung, was im Wortlaut des Gesetzbuches: "freiwillige Rückreise" lautet, konfrontiert. Die Festung Europa wird ununterbrochen aufgerüstet und Flüchtlinge bekommen es plötzlich mit "Grenzschutzagenturen" zu tun. Im Bericht der Innenminister heißt es dazu: "Im Rahmen der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sollen das Mittelmeer mit Hilfe von FRONTEX verstärkt überwacht und weitergehende Maßnahmen wie ein Küstenpatrouillennetz und ein Satellitenüberwachungssystem geprüft werden." Und wo Grenzschutzagentur drauf steht ist auch Grenzschutzagentur drin. Die "Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" erhält mit seinen über 150 Angestellten ein EU gefördertes Budget von über 70 Millionen Euro (2008). Grenzsicherung sowie "Abschiebung von nicht aufenthaltsberechtigten Ausländern" gehört zum Aufgabenfeld des Unternehmens. Frontex, Residenzpflicht und Co. vermitteln, dass wir uns über Nation zu identifizieren haben. Somit sollen wir uns als Menschen mit unterschiedlichen, gegensätzlichen Interessen wahrnehmen. Nicht aber als ausgebeutete, unterdrückte Menschen. Nicht als internationale Klasse.

Von Vorratsdatenspeicherung, "Terrorpagraphen 129 a und b" hin zum Projekt "Festung Europa". Staatliche Kontrolle und Repressionen ergeben einen Sinn. Sie sollen gesellschaftliche Widersprüche und Klassengegensätze negieren, gar unsichtbar machen. Gerade in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es das Ziel der Innenminister, präventiv Maßnahmen vorzubereiten, die angewandt werden sollen, wenn aus der Wirtschaftskrise eine politische Krise wird. Denn es wird immer klarer, heute geht es nicht um die „Gier“ und das „Fehlverhalten“ einzelnen Bänker, kapitalistische Verwertungsbedingungen und Wachstumslogik stehen zur Disposition. In den Beschlüssen der Sicherheitskonferenzen geht es also weniger um eine real existierende Bedrohung der deutschen Verfassung, als viel mehr um präventive Maßnahmen zur Stabilisierung labiler, kapitalistischer Verhältnisse.

Um allen Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, das auf Solidarität und Selbstbestimmung aufbaut, bedarf es einer revolutionären und antikapitalistischen Perspektive. Wir rufen auf sich an der Demonstration, am Donnerstag den 20.11 um 17.00 Uhr am Platz der Einheit, zu beteiligen.

Hinein in den antikapitalistischen Block!

Innenministerkonferenz absägen!

Für eine Welt frei von Überwachung, Ausbeutung und Kapitalismus!

//Antikapitalistisches Bündnis Potsdam

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