Kampagne gegen Coca-Cola an Berliner Schulen


»Wir unterstützen die kolumbianische Gewerkschaft«

Seit heute werden an der Paul-Natorp-Schule in Berlin-Schöneberg keine Coca-Cola-Produkte mehr verkauft. Schülervertretung beschloß Boykott. Gespräch mit Neele Illner

Neele Illner ist in der Schülervertretung an der Paul-Natorp-Oberschule und aktiv bei der Kampagne »Coca-Killer« für einen Boykott von Coca-Cola an Berliner Schulen

In der Cafeteria der Paul-Natorp-Oberschule in Berlin-Schöneberg werden seit heute keine Coca-Cola-Produkte mehr verkauft. Wieso hat die Schülervertretung diesen Boykott beschlossen?

Es ist bekanntgeworden, daß Coca-Cola seine Milliardengewinne mit ziemlich unlauteren Methoden erzielt. In Kolumbien unterstützt der Konzern Mord und Unterdrückung von gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, in Indien verbraucht und verseucht er das Trinkwasser. Das wollten wir nicht hinnehmen.

Wie kam es dazu?

Von den Vorwürfen gegen Coca-Cola haben wir auf einer Infoveranstaltung erfahren. Kolumbianische Gewerkschafter sind durch die Welt gereist, um auf die Verbrechen in ihrem Land aufmerksam zu machen. Ein Student hat auf der Veranstaltung erzählt, daß an vielen Unis der Boykott von Coca-Cola-Produkten beschlossen wurde, unter anderem an der Universität der Künste und der Freien Universität in Berlin. Da haben wir uns entschieden, das an unserer Schule auch anzuregen.

Wir haben den Vorschlag der Schülervertretung unterbreitet, und sie waren dafür. Da unsere Cafeteria selbstverwaltet ist, war es kein Problem Cola, Fanta und Sprite aus dem Sortiment zu nehmen. Außerdem haben wir Plakate aufgehängt und Flugblätter verteilt, die den Boykott begründen und darauf hinweisen, welche Getränke, bei denen man es nicht erkennt, auch von der Coca-Cola Company vertrieben werden. Jetzt wollen wir noch eine Veranstaltung organisieren – schließlich war bei uns auch eine Veranstaltung Auslöser für das Engagement.

Wie reagieren die Schüler am Natorp-Gymnasium auf diesen Boykott?

Sie stehen dahinter. Schon als in der Cafeteria noch die Restbestände an Cola ausgeschenkt wurden, haben viele sich eher ein anderes Getränk gekauft und sich gegenseitig auf den Boykott hingewiesen.

Gab’s schon eine Reaktion der Schulleitung oder des Coca-Cola-Konzerns?

Der Schulleiter war nicht prinzipiell gegen den Boykott, hat aber sehr darauf geachtet, daß wir die Verbrechen nicht als sichere Tatsachen darstellen, sondern als Information, der wir glauben und deretwegen wir protestieren. Vom Coca-Cola-Konzern gab es bisher keine Reaktion. Das könnte aber durchaus noch passieren: Zur Universität der Künste wurden Konzernvertreter geschickt, um den dortigen Boykott abzuwenden.

Was macht die Kampagne »Coca-Killer« sonst?

Wir sind eine von vielen Kampagnen, die sich für einen Coke-Boykott einsetzen, aber unser Schwerpunkt liegt an den Berliner Schulen. Wir haben schon viele Schulen mit Aufklebern vollgeklebt. Als die Coca-Cola Company ein großes Weihnachtsfest vor dem Brandenburger Tor mit Sarah Connor und Jan Delay veranstaltete, hat rund ein Duzend junge Weihnachtsmänner zum Boykott aufgerufen. »Der Weihnachtsmann kündigt die Zusammenarbeit mit dem Coca-Cola-Konzern« war das Motto. Wir wurden innerhalb weniger Minuten vom Platz verwiesen, aber wir konnten immerhin einige tausend Flyer verteilen.

Aber man könnte einwenden, jeder Getränkehersteller beutet Arbeiter aus. Was soll die Kampagne bewirken?

Natürlich geht es bei der Kampagne erst mal darum, für einige hundert Beschäftigte bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. In den letzten Jahren mußte Coke zu den Morden in ihren Fabriken in Kolumbien Stellung nehmen, was sie früher strikt verweigert haben. Aber darüber hinaus setzen wir auch ein Zeichen: Uns Konsumenten in der westlichen Welt ist es nicht egal, auf welche Weise unsere Konsumgüter produziert werden. Gegen Verbrechen der großen Konzerne wehren wir uns, so gut wir können.

Wir unterstützen die Boykottkampagne der kolumbianischen Gewerkschaft, um darauf aufmerksam zu machen, wie ein solcher Konzern überhaupt arbeitet. Dabei wollen wir niemanden auffordern, Pepsi zu trinken – vielmehr geht es darum, ein besonders krasses Beispiel von Menschenrechtsverletzungen bekannt zu machen, um Bewußtsein darüber zu schaffen, wie die globale Wirtschaft funktioniert. Deshalb hoffen wir, daß sich ganz viele Schulen in Berlin dem Boykott anschließen. Wir sind keine besonders linke oder aktive Schule, und auch wir haben es geschafft!

Interview: Wladek Flakin

Quelle: junge Welt vom 19. März 2007

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