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„Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ Dieser Spruch fiel dem Maler Max Liebermann ein, als er am 30. Januar 1933 den Fackelaufmarsch durchs Brandenburger Tor anlässlich der Machtübergabe an Adolf Hitler sah. Das hat aber natürlich nichts mit dem Fackelaufmarsch zu tun, den die Bundeswehr am 26. Oktober veranstaltet... Das ganze Jahr lang wird das 50. Jubiläum der Wiederbewaffnung des deutschen Staates gefeiert. Am 26. Oktober wird in Berlin ein Höhepunkt der Geschmacklosigkeit zelebriert: der Große Zapfenstreich. Die Bundeswehr wird mit Fackeln und Ramtamtam vor dem Reichstag aufmarschieren – auf eben jenem Rasen, auf dem Fußballspielen und Live-8-Konzert, ja überhaupt das Betreten mit mehr als leichten Sommerschuhen bisher verboten war. Aber die Bundeswehr will sich unbedingt als „Parlamentsarmee“ inszenieren und braucht dazu die Fläche vor dem Reichstag, wo der deutsche Staat seit mehr als einem Jahrhundert seine militärische Macht zur Schau stellt. Bis zu 9.000 Polizisten sollen, ergänzt durch BGS und Feldjäger, dafür sorgen, dass die Bundeswehr ihren „Großen Zapfenstreich“ ungestört durchführen kann. Mehrere Quadratkilometer in Berlins Mitte werden zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Vor handverlesenem Publikum soll vorgegaukelt werden, dass die deutsche Armee seit „50 Jahren entschieden für den Frieden“ arbeitet – doch ihr Verständnis von Frieden schließt zahlreiche Kriege ein. Die Gründung Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte die Mehrheit der Bevölkerung kein neues Heer. Sie hatten erlebt, zu welchen schrecklichen Verbrechen der deutsche Militarismus in der Lage war. Ein aufstrebender Jungpolitiker namens Franz Josef Strauß rief noch 1946: „Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen!“. Eben jener Strauß sollte später als zweiter Verteidigungsminister der bundesdeutschen Geschichte und als kalter Krieger schlechthin bekannt werden. Der heutzutage viel gelobte Bundeskanzler Adenauer hatte laut eigener Aussage im November 1949 die Absicht „mit allen Mitteln die Neubildung irgendwelcher Streitkräfte zu verhindern“. Doch noch im selben Monat beauftragte er den Wehrmachts-General Manteuffel mit der Erstellung eines Gutachtens über die technische Seite eines deutschen Wehrbeitrags. Neun Tage nach der obiger Aussage kündigte Adenauer – ohne Absprache mit dem Parlament – die „Aufstellung westdeutscher Truppen“ an. Auf die Bevölkerung, die laut Umfragen eine Wiederbewaffnung zu mehr als 70% ablehnte, wurde nicht geachtet. Ein Friedenskongress forderte wie auch der zurückgetretene Innenminister Gustav Heinemann eine Volksbefragung, sie wurden aber von Parlament und Regierung ignoriert. Als daraufhin diese Volksbefragung auf trotzdem durchgeführt werden sollte, schaltete sich Heinemanns Nachfolger Lehr ein und verbot diese. Die geheimen Vorbereitungen für die Wiederbewaffnung wurden vom „Amt Blank“, unter Leitung des CDUlers Theodor Blank und alten Hitlergenerälen wie Speidel und Heusinger ab Ende 1950 begonnen. Doch es gab immer noch keine große Zustimmung für eine neue deutsche Armee. Noch im Dezember 1954 musste Blank, nachdem er bei einer Veranstaltung niedergebrüllt worden war, von Polizisten geschützt werden, damit ihm nicht noch mehr passierte, als dass ein Weinglas um die Ohren flog und er sich einen Schlag mit der Krücke eines Kriegsversehrten zuzog. 1955 wurde die Bundeswehr schließlich gegründet. Nicht 1933, sondern 2005 Die Tradition Nicht nur personell, auch traditionell knüpfte die Bundeswehr an ehemalige deutsche Armeen an. Ab 1957 konnten die alten Nazis bei der Bundeswehr auch wieder stolz ihre Wehrmachts-Orden tragen; sie mussten nur das Hakenkreuz entfernen. Das Ritual des Zapfenstreichs, das uns nun erneut bevorsteht, ist ein Kind des preußischen Militarismus. Offiziell gibt es keine Kontinuität zwischen dem Heer des Kaiserreiches, der nationalsozialistischen Wehrmacht und der „demokratischen“ Bundeswehr. Aber die wichtigsten Konzerne in Deutschland haben im letzten Jahrhundert weder ihre Namen noch ihre Besitzer und schon gar nicht ihre Begehrlichkeiten geändert. Entsprechend muss die deutsche Armee immer wieder in denselben Gebieten intervenieren. So wurde z.B. die serbische Hauptstadt Belgrad 1915 vom kaiserlichen Heer, 1941 von der Wehrmacht und 1999 von der Bundeswehr angegriffen. Ob es der Belgrader Bevölkerung aufgefallen ist, dass es diesmal „demokratische“Bomben waren?!? Im Moment strebt der deutsche Staat danach, als stärkste Komponente der EU, eine Weltmacht auf gleicher Augenhöhe mit den USA zu werden. Dazu reicht es nicht, dass deutsche Konzerne überall auf der Welt Profite machen: sie müssen ihre wirtschaftlichen Interessen auch militärisch durchsetzen können. Deshalb wird die bisherige Wehrpflichtigenhorde, deren Muttis es doch nie erlauben würden, dass sie in den Dschungel geschickt werden, zu einer professionellen Interventionsarmee umgebaut. Zur Zeit sind rund 6.000 Bundeswehr-Soldaten im Ausland eingesetzt. In Afghanistan stellt die Bundeswehr die meisten Soldaten in der Besatzer-Koalition ISAF. Auch im Kosovo, in Mazedonien, Sudan und anderen Ländern sorgt die Bundeswehr für „Frieden“ – im Interesse des deutschen Imperialismus. Insofern ist die „Anti-Kriegs-Rhetorik“ von Schröder, Chirac und anderen europäischen Politikern reine Heuchelei. Die Achse Paris-Berlin-Moskau, die gegen den Irak-Krieg appellierte, umschloss nicht zufälligerweise gerade jene Staaten, die – im Gegensatz zu den USA und Britannien – über wunderbare wirtschaftliche Beziehungen zu Saddams Irak verfügten. Die neue imperialistische Ausrichtung der Bundeswehr ist 1992 vom damaligen Generalinspektor Naumann zu Papier gebracht worden. Die Ziele der Bundeswehr sind danach „Vorbeugung, Eindämmung und Beendigung von Krisen und Konflikten, die Deutschlands Unversehrtheit und Stabilität beeinträchtigen könnten“. Dabei geht es um die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Wirtschaftsordnung“. Im Klartext: Es geht nicht mehr darum, die Grenzen der BRD zu schützen, wie im Grundgesetz festgelegt, sondern die Interessen deutscher Konzerne in jedem Winkel der Welt zu verteidigen. Heeresinspektor Generalmajor Budde erklärt heute: „Wir brauchen den archaischen Kämpfer und den, der den High-Tech-Krieg führen kann.“ Einen, der „fern der Heimat bei dieser Art Existenz in Gefahr steht, nach eigenen Gesetzen zu handeln.“ Die Rekrutierung Die Bundeswehr hat – wie jede Armee ?]großes Interesse an der Jugend. Kaum ist man 18, schon bekommt man die erste Aufforderung zur Musterung. In Zeiten, in denen Massenarbeitslosigkeit, Ausbildungsnot und Studiengebühren grassieren, lockt die Bundeswehr mit Köderangeboten potentielle Rekruten. Der Noch-Verteidigungsminister Struck lobte z.B. die Bundeswehrakademie in Hamburg als gute Alternative für Studierende, die nicht in der Lage sind, die neuen Studiengebühren zu bezahlen. Angebliche Ausbildungsangebote und Karrieremöglichkeiten sollen Jugendliche in Scharen in die Hände des Militärs treiben. Selbst vor Rekrutierungen an Schulen schreckt das deutsche Militär nicht mehr zurück. Bei zahlreichen “Berufswochen” präsentiert sich die Bundeswehr als ganz normales Unternehmen. SchülerInnen, die sich dagegen zu Wehr setzen, bekommen in der Regel eine Strafanzeige. Aber weltweit machen sich gerade Jugendliche gegen diesen zunehmenden Militarismus stark. Beispielsweise in den USA werden regelmäßig “Die In’s” (Aktionen, bei den Aktivisten blutige Leichen spielen) vor den Rekrutierungsbüros organisiert. Und den größten Widerstand erlebt die US-Armee im Irak, wo zehntausende Jugendliche gegen die Besatzung kämpfen. Also lasst uns gegen dieses Ritual, das stark an die NS-Zeiten erinnert, und gegen jede Art vom Militarismus Millionen Jugendliche auf die Straße bringen. Bundeswehr raus aus den Schulen! Zapfenstreich abpfeifen! 26. Oktober 17 Uhr Alexanderplatz www.zapfnix.de |
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