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Ist die Krise jetzt vorbei?

In der BRD stehen Massenentlassungen und Kürzungen an – was bieten die Parteien dagegen an?

„Die Krise ist vorbei“ – das sind Sätze, wie sie bis vor einigen Monaten wohl niemand in den Mund genommen hätte. Doch seitdem manche Aktienkurse wieder ansteigen und auch einige andere Wirtschaftsdaten langsam wieder ins Positive drehen, scheint die Stimmung schlagartig zu kippen.

Tatsächlich ist die Wirtschaftsleistung der BRD im letzten Quartal erstmals wieder gewachsen – allerdings nur um 0,3%, während die Bilanz für das gesamte Jahr bei minus 5 oder 6% liegt – und die Statistik der Auftragseingänge in der Industrie zeigt auch ein leichtes Plus.

Als Folge klopfen sich die PolitikerInnen jetzt gegenseitig auf die Schultern und gratulieren sich zu ihrem entschlossenen und erfolgreichen Handeln. Vor allem die Abwrackprämie – offiziell Umweltprämie genannt – soll beweisen, wie gut die Bevölkerung von der Politik durch die Krise geführt wurde. Nebenbei werden auch die Gewerkschaften von Angela Merkel gelobt, sie hätten sich in der Krise sehr „verantwortungsbewusst verhalten“ – konkret heißt das, sie haben Massenentlassungen und Lohnkürzungen hingenommen und dabei rein symbolische Proteste dagegen organisiert.

Für die breite Bevölkerung kommt die wirkliche Krise erst noch, auch wenn die meisten PolitikerInnen und Medien das verheimlichen wollen. Im kommenden Winter werden die Arbeitslosenzahlen aller Voraussicht nach drastisch ansteigen, weil das Kurzarbeitergeld bald ausläuft und viele ArbeiterInnen, die jetzt Kurzarbeit machen, danach auf die Straße gesetzt werden. Keine der Parteien will vor der Wahl zugeben, dass aufgrund der Krise wieder drastisch eingespart werden wird. Deswegen gab es Absprachen zwischen den KapitalistInnen und ihrer Regierung, die große Entlassungswellen auf die Zeit nach der Bundestagswahl zu verschieben.

Kürzungen sind aus Sicht der herrschenden Klasse und ihrer PolitikerInnen nicht zu umgehen, denn die enormen Schulden, die für die Rettung von Banken und Konzernen angehäuft wurden, müssen schließlich zurückgezahlt werden. Um die Löcher im Haushalt zu stopfen, werden aber wohl kaum die KapitalistInnen herhalten müssen, sondern wie so oft in den letzten Jahren werden Sozialleistungen gekürzt oder ganz gestrichen, an der Bildung gespart und öffentliche Unternehmen privatisiert. Außerdem ist wieder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Gespräch, was vor allem Gering- und MittelverdienerInnen treffen würde.

Die Armut steigt an

Die KapitalistInnen wollen die Kosten der Krise auf die ArbeiterInnen abgewälzen. Als Folge wird die Armut in der BRD weiter ansteigen, weil Arbeitsplätze vernichtet und prekäre Beschäftigungsverhältnisse weiter ausgebaut werden.

All diese Dinge werden, ganz unabhängig davon, ob die Krise jetzt überwunden ist oder nicht, auf die arbeitende Bevölkerung zukommen. Und dabei steht noch nicht einmal fest, dass die Krise ihren Tiefpunkt wirklich erreicht hat. So streiten sich KonjunkturforscherInnen weltweit darüber, wie die Weltwirtschaft sich in den nächsten Jahren entwickeln wird. Sie benennen ihre Modelle nach Buchstaben, je nach Verlauf der Konjunkturkurve: Die einen halten eine „V-Entwicklung“ (also eine rasche Erholung) für das Wahrscheinlichste, die anderen sehen eine „L-Entwicklung“ (also eine längere Stagnation) kommen.

Manche Parteien, vor allem die Grünen, sehen einen Ausweg aus der Krise durch einen „ökologischen Umbau der Wirtschaft“ oder Ähnliches. Dabei müsste klar sein, dass ein System, das auf Profitmaximierung basiert, immer die längerfristigen Interessen des Planeten (und der Menschen auf ihm) den kurzfristigen Zwängen des Marktes opfern muss.

Ihre Krise und unsere

Fest steht jedenfalls, dass das Ausrufen des Endes der Krise verfrüht ist. Dass, während immer mehr Menschen weltweit in große soziale Not kommen, einige Finanzkonzerne an der Börse wieder Milliardengewinne verkünden, wird dann auch noch als gutes Zeichen gewertet.

Aber unsere Krise fing schon vor Jahren an, schon vor dem Crash an den Finanzmärkten. Wir spüren diese Krise in Form von stagnierenden Löhnen, längeren Arbeitszeiten, Mangel an LehrerInnen, überfüllten Klassen usw. usf. Die KapitalistInnen werden ihre Krise nur lösen können, wenn sie uns die Rechnung dafür auftischen. Die Frage ist, ob wir diese Rechnung bezahlen wollen, um dieses System durch weitere Verschlechterungen am Leben zu halten, oder ob wir doch lieber selbst die Kontrolle übernehmen wollen.

Wenn Unternehmen sagen, dass sie Löhne kürzen und ArbeiterInnen entlassen müssen, dann fordern wir die Öffnung der Geschäftsbücher aus den letzten Jahren. Wenn die KapitalistInnen sagen, dass sie Fabriken dichtmachen und Belegschaften auf die Straße werfen müssen, dann müssen wir die Produktion selbst übernehmen.

Klingt das unrealistisch? Es gibt in der heutigen Welt Beispiele, wie ArbeiterInnen ihre Kontrolle durchsetzen (siehe Kasten zu Zanon). Und eine solche Perspektive ist auf jeden Fall realistischer als zu hoffen, dass die etablierten Parteien unsere Probleme lösen.

Zanon gehört den ArbeiterInnen!

Vor acht Jahren wurde die Keramikfabrik Zanon in der argentinischen Stadt Neuquén von der Belegschaft besetzt, um die Schliessung des Werkes zu verhindern. Seit März 2002 produzieren die Zanon-ArbeiterInnen unter Eigenregie: sie verwalten die Fabrik durch demokratische Versammlungen.

Am 12. August dieses Jahres wurde die Fabrik enteignet und der GenossInnenschaft „FaSinPat“ übertragen. Dieses Beispiel zeigt, dass ArbeiterInnen, denen in Folge der Krise Entlassungen drohen, sich sehr wohl wehren können: mit Besetzungen und ArbeiterInnenkontrolle!

//auf unserer Website gibt es ein Statement zur Enteignung von Zanon und demnächst auch ein Interview mit dem Zanon-Arbeiter Raul Godoy

//von Felix, Revo Berlin //REVOLUTION Nr. 36

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