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Sozialforum neben
der langen Brücke

Das fünfte Europäische Sozialforum findet
vom 17.-21. September in Malmö statt

Was gibt es in der Stadt Malmö in Südschweden? Laut Wikipedia gibt es, außer der langen Brücke nach Dänemark, nicht wahnsinnig viel. Aber vom 17.-21. September findet das fünfte Europäische Sozialforum (ESF) in Malmö statt. Ein größeres Treffen der europäischen Linken gibt es nicht: Bis zu 20.000 Menschen aus ganz Europa werden erwartet.

Was ist dieses „Sozialforum“? In erster Linie ist es eine Gegenveranstaltung zum „Weltwirtschaftsforum“, dem jährlichen Treffen tausender KapitalistInnen und PolitikerInnen im Schweizer Skiort Davos. Seit 2001 findet das Weltsozialforum regelmässig statt und seit 2002 gibt es auch das Europäische Sozialforum als regionalen Ableger.

Die Foren bisher

Im November 2002 begann das erste ESF im italienischen Florenz. Dieses Treffen war ein Knotenpunkt für Massenbewegungen gegen den drohenden Irak-Krieg und gegen die rechte Berlusconi-Regierung: 70.000 TeilnehmerInnen strömten zum ESF, das unter dem Motto „eine andere Welt ist möglich“ stand. Zur Anti-Kriegsdemo am letzten Tag kamen über eine Million Menschen zusammen. Von diesem Forum ging der Aufruf für einen globalen Protesttag gegen den Irak-Krieg aus, was zu den Demonstrationen am 15. Februar 2003 mit bis zu 30 Millionen TeilnehmerInnen weltweit führte.

Aber eine solche linke Megaveranstaltung hängt stark von den politischen Verhältnissen zur jeweiligen Zeit im jeweiligen Land ab. Das zweite Forum im Jahr 2003 in Paris war mit rund 20.000 TeilnehmerInnen deutlich kleiner. Die Aufbruchsstimmung war weg und die meisten Veranstaltungen waren nur „Business as Usual“ für BerufsweltverbesserInnen von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs). Das dritte Forum im Jahr 2004 in London kann rückblickend nur als ein Desaster bezeichnet werden: Londons sozialdemokratischer Bürgermeister dominierte die Organisierung, so dass PolizistInnen statt GlobalisierungskritikerInnen die Eingänge kontrollierten.

Da hätte auch schon Schluss sein können. Aber das vierte Forum im Jahr 2006 in Athen konnte das ganze Projekt doch noch retten. Die radikale Linke aus Griechenland und der Türkei war im Athener Olympia-Komplex, das als Veranstaltungsort fürs ESF fungierte, stark vertreten. Außerdem sorgten große StudentInnen­bewegungen in Frankreich und Griechenland, die in den Monaten vor dem ESF in ihren Ländern tobten, dafür, dass wieder viele radikale Jugendlichen dabei waren.

Die Widersprüche

Das ESF besteht aus vielen widersprüchlichen Elementen. Auf den Podien sitzen BürokratInnen von reformistischen Parteien, Gewerkschaften und NGOs, die ihr Brot damit verdienen, von utopischen Plänen zur Rettung der Welt zu erzählen. Im Publikum sitzen politisch aktive Jugendliche, die irgendwie nach „Action“ suchen. Genauer gesagt: sie haben bestimmte Kämpfe erlebt und wollen das ESF als eine Plattform nutzen, um diese Kämpfe international auszuweiten.

Der Zusammenprall dieser Elemente bestimmt das ESF. Wenn sehr viele junge, radikale TeilnehmerInnen dabei sind, drängen sie auf die Vernetzung von Kämpfen (z.B. von Studierendenprotesten in verschiedenen Teilen Europas) und die Organisierung von Aktionen (z.B. von weltweiten Antikriegsprotesten). Aber wenn die inoffizielle ESF-Bürokratie in der Überzahl ist, kann das Ganze schon fast unerträglich langweilig werden.

Offiziell heißt es, dass beim Forum keine Entscheidungen getroffen werden dürfen. Aber wer hat das eigentlich entschieden?!? Das Statut des ESF, die „Charter of Porto Alegre“, wurde von selbsternannten FührerInnen ausgearbeitet, die allen anderen außer sich selbst verbieten wollen, Entscheidungen im Namen des Forums zu treffen. Damit soll von vornherein eine Radikaliserung unmöglich gemacht werden.

Trotzdem!

Die Aktionen am 15. Februar 2003 haben gezeigt, welches unheimliche Potential bei einem so großen linken Treffen vorhanden ist. Aber dieses Potential verpufft immer wieder. Statt konkreten Schritten für die Organisierung von Protesten gibt es nichtssagende Aufrufe für eine bessere Welt.

Die Jugendorganisation REVOLUTION will diese Gelegenheit nutzen, um die Vernetzung von linken Jugendorganisationen europaweit voranzutreiben.

Deswegen treten wir für den Aufbau von eigenen Jugendstrukturen im Rahmen des ESFs ein, also Jugendversammlungen und -räumlichkeiten. Diese Strukturen könnten mitten im bürokratischen Chaos des ESF einen Rahmen bieten, in dem Jugendliche diese Foren selbst gestalten und ihre eigenen Projekte voranbringen können.

Beim diesjährigen ESF gibt es Planungen für einen „Labour Youth Space“, der u.a. von der deutschen Gewerkschaftsjugend getragen wird. Viele Teile der Gewerkschaftsjugend organisieren Busse nach Malmö, und es werden mehrere hundert junge GewerkschafterInnen beim ESF erwartet. Außerdem hat die linke Jugendbewegung in Skandanavien durch die Proteste rund um das Kopenhagener Jugendzentrum „Ungdomshuset“ eine Radikalisierung erlebt, die sich auch beim ESF widerspiegeln könnte.

Aber es wird sich noch zeigen müssen, ob wir es mit einer Cocktailparty für Berufsjugendliche oder einem konkreten Rahmen für politische Aktionen zu tun haben. Wir glauben auf jeden Fall nicht, dass aus dem ESF heraus die Weltrevolution beginnen wird. Aber linke AktivistInnen aus ganz Europa können sich kennenlernen, diskutieren und Erfahrungen austauschen. Schon dafür lohnt sich die Fahrt nach Malmö!

//von Wladek, Revo Berlin //REVOLUTION Nr. 30

 

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