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Jung, links, mundtot

Linke Jugendliche dürfen sich bei der Fusion zwischen PDS und WASG nicht viel einbringen

Die Linkspartei.PDS und die WASG wollen bis zum Sommer fusionieren und damit die „Neue Linke” gründen. Im Rahmen dessen soll auch ein linker Jugendverband entstehen, der die verschiedenen Jugendstrukturen in und um die PDS vereint.

Die Notwendigkeit einer starken linken Jugendbewegung wird immer deutlicher. Junge Menschen leiden besonders an den Angriffen der Herrschenden: Seit letztem Jahr haben Arbeitslose unter 25 kein Recht auf eine eigene Wohnung! Dazu kommen die Einführung von Studiengebühren, der Mangel an Ausbildungsplätzen, die Kürzungen an der Schule, die rassistische Hetze gegen junge MigrantInnen... die Liste könnte ewig weitergehen!

Wir Jugendliche versuchen, uns gegen diese Angriffe zu wehren. Bei den Schülerstreiks der letzten Monate, bei Protesten zur Verteidigung von Jugendzentren, bei Demos gegen Naziaufmärsche – um nur ein paar Beispiele zu nennen – sieht man den Willen, die Verhältnisse zu ändern. Aber wir brauchen eine linke Jugendbewegung, die die verschiedenen Kämpfe vernetzen, vorantreiben und organisieren kann.

Jedoch: Abgesehen von ein paar Berufsjugendlichen aus dem Bundestag, findet man nirgendwo Jugendgruppen, die die „Neue Linke” irgendwie mitgestalten. Die Diskussionsbeiträge, auch zur Frage der Jugendorganisation, kommen von den Parteivorständen oder von Jung-FunktionärInnen. Wo bleiben die Antifas, die jungen MigrantInnen, die Tausenden unorganisierten SchülerInnen, die in den letzten Monaten gestreikt haben? Sollen sie nicht in die „Neuformierung der Linken” einbezogen werden?

Wir möchten einen Beitrag zur Diskussion leisten, auch wenn wir nicht direkt dazu eingeladen wurden. Wir hoffen, dass möglichst viele linke Jugendliche in der BRD sich Gedanken darüber machen, was für eine Linke wir brauchen.

Die Voraussetzungen

Fangen wir mal von vorne an: Wie sieht es aus mit der Beteiligung von Jugendlichen an den beiden fusionierenden Parteien?

Die Mitgliedschaft der Linkspartei.PDS steht bekanntlich mit einem Fuß im Grab: Rund 70% der Mitglieder sind über 60 Jahre alt. Bei der WASG ist das Durchschnittsmitglied männlich und etwa 40.

Es laufen jetzt Verhandlungen zwischen Solid, dem PDS-nahen Jugendverband, der PDS-Jugend Sachsen und lokalen Jugend- und Hochschulgruppen der WASG, über die Bildung eines einheitlichen linken Jugendverbandes im kommenden Jahr. Auch in diesen Strukturen sind die offiziellen Mitgliederzahlen nicht gerade ermutigend: 1.730 bei Solid und 755 bei der PDS-Jugend Sachsen. Einschliesslich aller Überschneidungen hat die PDS gerade mal 1.490 Mitglieder unter 30 – 3% der Mitgliedschaft.


Linkspartei-Jugendorganisation: Oski und Gregörchen

Die WASG hat gar keine Jugendstrukturen, die über Lokalgruppen hinausgehen. Insgesamt sind etwa 10% der WASG-Mitglieder unter 30, was nur im Vergleich zur PDS den Eindruck einer jungen Partei vermittelt. Es gab so gut wie keine Versuche, Jugendliche bei der Bildung der WASG einzubinden. Im Gegenteil: Versuche der linken Strömung SAV, eine „WASG Jugend” zu gründen, wurden bürokratisch geblockt, weil die WASG-Vorstände befürchteten, dass dadurch der linke Flügel in der Partei stärker werden könnte.

Um das alles in einen internationalen Kontext zu stellen: die Socialistisk UngdomsFront (SUF) aus Dänemark – ein linkerer Verband als Solid, in einem Land mit nur fünf Millionen EinwohnerInnen – hat 900 Mitglieder in 30 Regionalgruppen.

Die Verhandlungen

Beim Kuhhandel für einen neuen linken Jugendverband ging es vor allem um die Frage, ob das Ziel eine „Partei-AG” oder ein „Beteiligungsverband” sei. Die PDS-Apparatschiks wollten eine Parteijugend, in der alle Parteimitglieder unter 35 automatisch Mitglieder des Jugendverbandes sein würden, um eine größere Kontrolle durch den Apparat zu ermöglichen (so läuft es bei den JuSos, die eine AG der SPD sind). Die VertreterInnen von Solid, die jetzt keine direkte Parteijugend ist und über eine gewisse Autonomie verfügt, wollten, dass nur im Jugendverband aktive Menschen als Mitglieder anerkannt werden. Ein Vertreter von Solid musste sogar in der Presse drohen, falls das Konzept „Partei-AG” durchgesetzt werden sollte: “Wir gehen davon aus, daß etwa die Hälfte unserer Mitglieder diesen Schritt nicht mitmachen würden.” Damit konnten sich die Solids letztendlich durchsetzen.

Außerdem ging es darum, wie der neue Verband heißen soll. Solid wollte ihren Namen behalten, während die PDS-Jugend Berlin-Brandenburg schon vor Monaten Fahnen mit dem Logo „Linke Jugend” drucken ließ. Das ist schon so etwas wie eine politische Frage, weil im Namen SOLID (SOzialistisch, LInks, Demokratisch) der Begriff „sozialistisch“ steht, was die PDS-Fürsten am liebsten ganz aus dem Profil der „Neuen Linken” streichen würden.

Bei den bisherigen Veröffentlichungen der Verhandlungsgruppe ging es mehr um sowas und weniger um die politischen Fragen: Was soll eine linke Jugend machen? Für welche Ziele und mit welchen Mitteln soll sie kämpfen?

Dabei wären die Aufgaben der AktivistInnen in einem Linkspartei-(nahen-)Jugendverband besonders schwierig, weil die Mutterpartei keine allzu linke Politik betreibt. Die Linkspartei ist momentan an der Berliner Regierung beteiligt – in Sachsen und Sachsen-Anhalt wäre sie am liebsten auch dabei. In dieser Position betreibt sie, den „Sachzwängen” des Kapitalismus folgend, Kürzungspolitik. Sie lassen Naziaufmärsche durch die Polizei schützen und machen alles, was zum Regieren im Kapitalismus dazu gehört.

Gegen solche Politik, gegen solche Regierungen müsste eine linke Jugendbewegung mit allen Mitteln kämpfen. Sie müsste sich nicht nur inhaltlich mit so einer Linkspartei auseinandersetzen – sie müsste diese Partei direkt bekämpfen. Auf solche Auseinandersetzungen muss eine linke Jugendorganisation politisch und organisatorisch vorbereitet sein.

Ein Beispiel: momentan ist es so, dass Solid hauptsächlich von der PDS finanziert wird. Was macht sie, wenn der „rot-rote” Senat in Berlin Studiengebühren einführt? Könnte eine „Linkspartei-Jugend“ Streiks und Demonstrationen gegen die Mutterpartei organisieren? Kann sie in der Situation Flugblätter gegen den SPD-PDS-Senat drucken, oder wird ihr Budget vorher durch den PDS-Apparat gestrichen?

Das ist nur ein Beispiel von vielen. Was macht ein linker Jugendverband, wenn ein Hausprojekt von einer „linken” Bürgermeisterin geräumt wird? Was macht man, wenn „linke” Bundestagsabgeordnete für Auslandseinsätze der Bundeswehr stimmen?

Die Kids

Um die Interessen der Jugend trotz des Verrats durch ReformistInnen zu verteidigen, muss eine linke Jugendorganisation unabhängig sein.

Um eine kämpferische Antwort auf Studiengebühren, Sozialabbau und Militarismus geben zu können, dürfen linke Jugendliche keinen Rücksicht auf die Pläne von (Möchtegern-)Ministern der Linken nehmen. Bei jeder Auseinandersetzung müssen wir eine klare revolutionäre Perspektive aufzeigen – aber das geht nicht, wenn uns ein reformistischer Apparat durch Finanzierung erpressen kann.

Manche mögen denken, eine eigenständige Jugendorganisation könnte gar nicht funktionieren. Doch wir von der unabhängigen kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION beweisen in der Praxis, dass eine Jugendorganisation ohne eine Kontrolle oder auch finanzielle Hilfe von außen Erfolg haben kann. Außerdem gibt eine unabhängige Struktur jungen Aktivist­Innen die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und sich zu selbstständigen Kämpfer­Innen zu entwickeln.

Der beste Beitrag, den revolutionäre Jugendliche zum Aufbau einer „Neuen Linken”, die diesen Namen auch verdient, tun können, ist der Aufbau einer starken revolutionären Jugendorganisation.

Die meisten linken Jugendlichen werden durch die bevormundende Politik der reformistischen Parteien und Gewerkschaften von jeglicher Partei oder sonstiger Organisation abgestossen. Deshalb ist die sozialistische Linke unter der Jugend in der BRD immer so schwach gewesen, deshalb gibt es so viele „autonome” Gruppen wie Antifas, Hausprojekte usw.

Auch die linkesten Kräfte der „Neuen Linken”, wie SAV, Antikapitalistische Linke und Netzwerk Linke Opposition, haben es nicht geschafft, mehr als ein paar Jugendliche in diesen Prozess einzubinden. Das liegt am Misstrauen der Jugendlichen gegenüber Parteien.

Es ist die Aufgabe der linken Kräfte, nicht einfach der Jugend selbst, dieses Misstrauen zu überwinden. Dafür muss man der Jugend nicht einfach einen Mitgliedsausweis und ein paar Plakate zum Kleben geben. Man muss sie in ihrer eigenen Aktivität unterstützen und ihnen beim Aufbau einer unabhängigen Jugendorganisation helfen.

Manche werden das auf „Jugend-Avantgardismus” (d.h. den Glauben, dass Jugendliche allein die Gesellschaft umwälzen könnten) reduzieren. Aber wie Karl Liebknecht vor 100 Jahren schon feststellte: „Lediglich dem Zwange der Verhältnisse folgend, strebt der Jugendliche heute mehr denn je nach Selbstständigkeit. Dieser Trieb der Jugendlichen läßt sich nicht gewaltsam unterdrücken.” Um eine neue Generation von Aktivist­Innen in die Arbeiterbewegung einzubinden, muss man diesen Trieb nach Unabhängigkeit respektieren.

Das Programm

Eine linke Jugendorganisation muss sich in jeden Kampf der Jugend einmischen und eine antikapitalistische Perspektive aufzeigen. Es reicht nicht, gegen diesen oder jenen Beschluss der reformistischen Parteiführung zu protestieren – man braucht eine klare politische Alternative zur reformistischen Ideologie.

Deshalb sollen alle AktivistInnen in den fusionierenden Jugendorganisationen, die mehr als ein Anhängsel für „linke“ Verwalter des Kapitalismus sein wollen, jetzt schon eine revolutionäre, antikapitalistische Strömung bilden.

//von Wladek aus Kreuzberg //REVOLUTION Nr. 22

 

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