Diese Seite ist ein Archiv und wird nicht mehr aktualisiert. Die neue Seite von RIO ist: www.klassegegenklasse.org


 

Hurra, die Schule brennt

Die schockierenden Ergebnisse der PISA-Studie: das Bildungssystem der BRD ist Scheiße

PISA ist nicht nur der Name einer toskanischen Stadt, sondern auch die Abkürzung für “Programme for International Student Assessment”, einer OECD-Studie, bei der weltweit tausende von 15jährigen SchülerInnen auf ihre Fähigkeiten überprüft werden. Wieder mal schnitten die deutschen SchülerInnen mittelmäßig bis schlecht ab. Die Verbesserungen gegenüber der ersten internationalen Studie sind nur redundant. Deutschland konnte sich gerade mal um ein paar Plätze verbessern.

Laut OECD hat sich die soziale Chancenungleichheit im deutschen Schulsystem verschärft. Nur in Ungarn, Belgien und Portugal haben demnach Kinder aus sozial benachteiligten Familien und Zuwandererkinder ähnlich schlechte Bildungschancen wie in Deutschland. Bei gleicher Begabung hat ein Akademikerkind in Deutschland eine mehr als dreimal so große Chance, das Abitur zu erlangen als ein Arbeiterkind und fast jeder vierte Schüler hat nach Ablauf der Pflichtschulzeit gerade mal das Bildungsniveau, das man von einem Grundschüler erwartet, erreicht. Der schulische Fortgang eines deutschen Schülers ist somit so abhängig von seiner sozialen Herkunft wie Schnee von der Kälte oder wie eine Prostituierte vom Beischlaf.

Das deutsche Schulsystem

Das gesamte deutsche Schulsystem ist nach marktwirtschaftlichen Erwägungen aufgebaut. Fast einzigartig auf der gesamten Welt ist die frühe Selektion in den deutschen Schulen. Schon nach der vierten Klasse bestimmt sich der weitere Werdegang eines Schülers, denn ab diesem Zeitpunkt entscheidet sich, ob man auf Gymnasium, Haupt- oder Realschule kommt. Das „Reife“zeugnis nach Beendigung der Schullaufbahn gibt dann an, ob man als Professor an der Uni oder als Müllmann auf der Straße arbeitet.

Die SchülerInnen in Deutschland sind ganz auf Leistung gedrillt und das Notensystem bis in die kleinste Perversion geregelt. SchülerInnen haben praktisch kaum Rechte bei der Erarbeitung des Lerninhalts oder der Notenvergabe. Nur die Angepasstesten kommen weiter. In einigen Bundesländern manifestiert sich dies sogar in der Vergabe von Kopfnoten für den sozialen Umgang.

Die gegenwärtigen Rufe nach Reformen im Bildungssystem sind fast ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen durchdrungen: Ganztagsschulen, damit man auch die Mütter als Wirtschaftskraft ausbeuten kann; Verkürzung der Schulzeit, damit man früher ins Berufsleben einsteigen kann; Wegfall des dreigliedrigen Schulsystems – an sich eine gute Idee –, weil sich dieses aufgrund der radikalen Abnahme der Schülerzahl bundesweit als zu kostspielig erweist; Bildungsstandards, damit man sicher gehen kann, das auch alle SchülerInnen einheitlich das „richtige“ lernen, um gute kapitalistische Menschen zu werden etc.

Das deutsche Bildungssystem braucht nicht mehr Geld. Dies bestätigt sogar die PISA-Studie, in der bewiesen wird, das Länder wie die Tschechische Republik, obwohl sie weniger Geld für Bildung ausgeben, teilweise bessere Ergebnisse erzielen als Deutschland oder die USA.

Welche Gründe sind also für die Misere des Bildungssystems angeblich verantwortlich?

Zu einem wird die Teilnahme von Immigrantenkindern am PISA-Test bemängelt. Dies würden aufgrund sprachlicher Defizite das Ergebnis herunterziehen. Sieht man davon ab, dass der Ausländeranteil in Deutschland bei gerade mal 9 Prozent liegt und knapp 20 Prozent der ImmigrantInnen in Deutschland geboren sind, erweist sich diese Behauptung als „unwiderlegbar“. Zudem zeigt die PISA-Studie, dass AusländerInnen die zugewandert sind höhere Bildungs-Kompetenzen aufweisen als AusländerInnen, die in Deutschland geboren sind. Man muss also davon ausgehen, dass Deutschland dumm macht und dass selbst die Klügsten Immigranten schlechte Karten im deutschen Bildungssystem haben.

Als weiterer Grund wird angegeben, dass der Abstand zwischen PISA I und II zu gering ist, dass die Reformen noch keine volle Wirkung zeigen. Außer der Ausweitung von Ganztagsschulen und allgemeinen Bildungsstandards, die teilweise so locker gehalten sind, das man kaum von einem Standard sprechen kann, war der Schock um PISA I dann doch eigentlich sehr unfruchtbar.

Bildung im Kapitalismus

Das Bildungssystem ist nur Spiegel der sozialen Verhältnisse, d.h. der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse. Die immer komplexer werdende Technologisierung hat dazu geführt, dass die Herrschenden dazu gezwungen sind, immer qualifizierterere Menschen zu erziehen. Denn die Kapitalisten brauchen diese als Arbeitskraft für ihre gestiegenen Anforderungen in der Wirtschaft. Reichte es früher schon einen Hebel zu bedienen, um eine Maschine in Gang zu bringen, ist es heute schon notwendig mit Computern umzugehen. Genau deswegen gibt es die Schulpflicht, was im Grunde einen Fortschritt bedeutet, im Kapitalismus jedoch zwiespältig gesehen werden muss. Das Bildungssystem im Kapitalismus ist dazu da, den Menschen für die Marktwirtschaft abzurichten. Somit ist Bildung im Kapitalismus nicht frei. Man lernt nur das, was für den Kapitalismus verwertbar und auch in ihrem Sinne ist. Radikale Systemkritik z.B. wird einem im Unterricht nie beigebracht und die meisten Menschen beenden die Schule ohne jemals was von Marx, Lenin oder der Russischen Revolution gehört zu haben. Eine vernünftige Bildung müsste unabhängig von kapitalistischer Dominanz sein und den SchülerInnen wirklich selber entscheiden lassen, was er lernen möchte, um einen eigenen freien und kritischen Verstand zu schulen.

Was ist also die Lösung? 1.) Freut euch, dass auch PISA II verpatzt wurde und somit den Kapitalisten indirekt gezeigt wurde, dass ihr Spiel nicht mitgespielt wird. 2.) Errichtet unabhängige und demokratische Schülerräte, die im Gegensatz zu den relativ machtlosen SchülerInnenvertretungen wirklich frei von äußeren Einflüssen (Lehrer, Eltern, Kultusminister und anderen „Privilegierten“) sind und in denen gemeinsam mit anderen SchülerInnen für mehr Mitbestimmung gekämpft wird, um euch gegen die „Bildungspolitiker“ zu behaupten. 3.) Stoppt den selektiven Charakter der Schulen. Weg mit dem Notensystem! Verteidigt die Idee der Einheitsschule, jedoch nicht aufgrund von Kostengründen, sondern um allen SchülerInnenn die gleichen Möglichkeiten zu bieten. 4.) Beschränkt den Kampf gegen die Bildungsmisere nicht allein auf eure Schule, denn die Misere ist nur Resultat der kapitalistischen Verhältnisse. Sozialabbau, Massenarbeitslosigkeit, Privatisierungen etc. mögen euch nicht direkt treffen, werden aber früher oder später auf euch zurückfallen. Als SchülerInnen habt ihr die Möglichkeit, AGs (z.B. Antisozialabbau-AGs) zu gründen, in denen ihr mehr SchülerInnen für eure Sache hineinziehen könnt. All diese Maßnahmen werden jedoch niemals den vollen Umfang des Bildungsnotstandes beheben. Man muss das ungerechte System beseitigen, dass arme Familien nicht vollständig am Bildungssystem teilhaben lässt. Hierzu ist die soziale Revolution notwendig.

//von Okko aus Osnabrück //REVOLUTION Nr. 9

RIO • Revolutionäre Internationalistische Organisation • www.revolution.de.com • info[ät]revolution.de.com • (c)opyleft   

Diese Seite ist ein Archiv und wird nicht mehr aktualisiert. Die neue Seite von RIO ist: www.klassegegenklasse.org