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Fahrenheit 9/11

Für Bush steigt die Hitze auf 911 Grad

//von Okko aus Osnabrück //REVOLUTION Nr. 7

Ein Film, dessen Handlung auf dem alten Gegensatz von Gut und Böse basiert, mit reichlich Action und obendrein mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Ihr habt richtig gelesen, die Rede ist von Michael Moores „Fahrenheit 9/11“.

Die Dokumentation beginnt da, wo alles angefangen hat: mit Bushs Wahlbetrug.

Nach etwa 10 Minuten ist der Zuschauer mitten im Film: Ein schwarzer Bildschirm. Schreie, Polizeisirenen, ein Knall. Durchbrochen wird das Geräuschchaos von einem ausweglosen „Oh, my God“. Dann taucht plötzlich wieder das Bild auf, die Geräusche klingen ab, man nimmt jetzt nur noch eine ruhige Musikuntermalung, die man sonst eher aus Hollywood-Spielfilmen kennt, wahr. Dann der Blick auf Vermisstenanzeigen, verzweifelte Menschen – der 11. September.

Es folgen viele Nahaufnahmen von Bush Jr. und seinen Gefolgsleuten Cheney, Rumsfeld, Rice, Wolfowitz usw. Moore lässt bewusst häufig einfach nur die Bilder sprechen – böse grinsende Gesichter der Republikaner, das fast unverständliche Plappern und ahnungslose Starren des Präsidenten – dies ist eine große Stärke des Films und zugleich Quelle der Faszination, die von ihm ausgeht. Informationen, die man schon irgendwo gelesen oder gehört hat, werden noch mal visuell aufgearbeitet.

Gut gegen Böse

Moores Werk ist zwar in Farbe, aber dennoch schwarz und weiß. Es bedient sich des klischeehaften Kampfes Gut gegen Böse. Das Böse ist zweifelsohne die Bush-Adminis-tration und das Gute – das ist im Film vielmehr das betrogene amerikanische Volk als die Partei der Demokraten. Im privaten Leben ist Moores Hang zu den Demokraten unverkennbar. Er unterstützte zunächst Wesley Clark (Ex-General und Oberbefehlshaber im Angriffskrieg gegen Serbien 1999) als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei. Nachdem dann Kerry als Kandidat nominiert wurde, setzte sich Moore auf dem Parteikongress der Demokraten im Juli für ihn ein – obwohl Moore noch 2000 argumentierte, dass Demokraten und Republikaner die selbe Politik machen und den Wahlkampf Naders, den Kandidaten der Grünen, unterstützte!

Im Film kommen die Demokraten dementsprechend gut weg. Kritik wird gerade an zwei Stellen erkennbar: zum einen, als sie Bushs Wahlbetrug unbestritten vom Kongress anerkannten; zum anderen, werden sie angegriffen, weil sie Bushs Feldzüge im Namen der „Vaterlandsverteidigung“ und des „Kampfes gegen den Terrorismus“ unterstützten. Diese Kritik umfasst insgesamt nicht mehr als drei Sätze! Bezeichnend für diese stille Pro-Haltung ist die Szene, in der ein schwer verletzter Kriegsheimkehrer, der vor dem Krieg noch überzeugter Republikaner war, sich nun für die Demokraten engagieren will.

Bush hingegen wird geradezu zerrissen. Kein Wunder, seine dunklen Machenschaften bieten genug Stoff dafür. Während der Dokumentation schweift Moore von seinem Hauptfeind Bush immer wieder ab, jedoch nur, um auf ihn zurück zu kommen. Seine Misere ist, dass Bush sich in seine Gehirnwindungen so tief eingebrannt hat, dass es wie eine Zwangsneurose ist, ihm an allem die Schuld zu geben. Das grausame Verhalten der US-Soldaten im Irak wird dabei so erklärt: „Unmoralisches Verhalten verursacht wiederum unmoralisches Verhalten. Wenn ein Präsident unmoralisch handelt und Kinder in den Krieg schickt, basierend auf Lügen, dann geschieht so was.“ Glaubt Moore wirklich, dass der Angriff auf den Irak durch die fehlende Moral eines Mannes zu erklären ist? Oder war es doch ein Projekt der großen Öl-Konzerne, die hinter diesem Mann stehen, um sich das irakische Öl unter den Nagel zu reißen?

Worüber werden wir aufgeklärt?

Bush und Bin Laden sind privilegierte Söhne alter, reicher Öl-Familien. Zwischen den Bushs und den Saudis, speziell den Bin Ladens, existiert ein tiefer Bund. Allein die Familie Osama Bin Ladens investierte 1,4 Mrd. US-Dollar in Familie Bush (dies ist nicht mal ein Prozent der allgemeinen Investitionen der Saudis in Amerika) und finanzierten somit Bush Jr.s gescheiterte Unternehmen. Das Verhältnis zwischen Bush und den Saudis ist die große Liebesbeziehung des Films.

Der 11. September offenbarte der Bush-Regierung viele neue Möglichkeiten. Die Pläne zur Bombardierung Afghanistans existierten schon lange vor dem 11. September und der Krieg diente dem Bau einer Pipeline durch Afghanistan zur leichteren Beförderung des kaspischen Öls. Genauso wie der Patriot Act, der die Grundrechte der Bevölkerung beschneidet und schon Jahre zuvor ausgearbeitet war.

Die Bush-Administration herrscht durch ein Klima von Angst und Bedrohung. Dies sollte den Angriff auf den Irak vorbereiten: „Natürlich gab die Bush-Regierung keine Anleitung raus, um die Bedrohung zu bewältigen. Denn genau die wollte man sich erhalten. Sie wollten uns so verängstigen, dass wir nicht hinter das kommen, was sie wirklich beabsichtigte“ (damit greift er ein Motiv aus „Bowling for Columbine“ auf).

Zuletzt erfahren wir, dass der Rüstungskonzern Halliburton, wo der jetzige US Vize-Präsident jahrelang Vorsitzender war, durch den Irakkrieg Milliarden verdient hat.

Antiamerikanistisch oder Neoreformistisch?

Kritiker werfen Moore Antiamerikanismus vor – es wird sogar eine Doku mit dem märchenhaften Titel: „Michael Moore hates America“ vorbereitet. In der Dokumentation selbst ist keine Spur davon zu entdecken. Nicht Amerika (auch nicht der amerikanische Kapitalismus) ist Schuld an der Krise, nein, Schuld hat Satan in Gestalt von Bush Jr. Er hat das Volk betrogen: z.B. die arme Britney Spears, die immer noch auf ihren Präsidenten vertraut. Ihr Vertrauen, so Moore, wurde gewissenlos ausgenutzt.

In einer Szene spricht Moore mit einer Patriotin, die ihren Sohn im Irakkrieg verloren hat. Sie erzählt, dass viele ihrer Kinder beim Militär sind. Moores Kommentar dazu: „Was für ein Geschenk an das Land.“ Es ist wohl eher ein Geschenk an die Räuberheere des amerikanischen Imperialismus, welche die unterdrückten Völker auf der ganzen Welt im Interesse der US-Konzerne terrorisieren!

Was ist die Lösung, die uns Moore zu bieten hat? Nur Reformismus! In erster Linie soll man nach Moore im Herbst fleißig Bush abwählen. Was dann kommt? Moores Aufgabe auf Erden wäre erfüllt und vielleicht würde er zurück in den Weltraum fliegen, um anderen Planeten zu helfen, oder er wird sich in seine Bestandteile auflösen (Vorsicht: Spekulation!).

Aber der Kapitalismus wird weiter bestehen und weitere Bushs, Irakkriege und Halliburtons hervorrufen. Eine „demokratische“ Regierung unter John Kerry würde die Besatzung des Iraks fortsetzen, Bürgerrechte weiter einschränken und Sozialausgaben für Arme, Rentner und Jugendliche weiter kürzen, wie er in seinem Wahlprogramm bereits ankündigt.

Eine endgültige Lösung erfordert den Bruch mit diesem System. Die Entscheidung, ob man Reformist oder Revolutionär ist, ist nicht genetisch bedingt. Es ist eine bewusste Entscheidung. Reformisten wählen ihren Weg, weil sie sich nicht vom Kapitalismus trennen können. Doch es wird der Tag kommen, an dem der Reformismus für die große Mehrheit der Bevölkerung so überholt und veraltet erscheint wie Stierkämpfe und Hexenverbrennungen. Die Reformisten werden in der Schmähung des „falschen Gottes“ enden! Dan würden sich der Menschheit gewaltige Möglichkeiten offenbaren, weitere Horizonte eröffnen – wenn sie sich doch nur von ihrem konservativen Irrglauben befreit.

In diesem Sinne: schaut euch Michael Moore’s Film an – aber mit offenen, kritischen Augen!

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