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Jugend-Internationale

//von Wladek //REVOLUTION Nr. 2

„Wir sind jung, wir sind radikal, wir haben nichts zu verlieren. Wir wollen das Scheißsystem stürzen, und zwar jetzt!“

Seit der Entstehung der Klassengesellschaft waren es vor allem Jugendliche, die für Veränderung und Fortschritt gekämpft haben. In den letzten Jahren hat man das immer wieder gesehen: Jugendliche bauen Barrikaden auf den Straßen von Buenos Aires, Jugendliche werfen Steine gegen israelische Panzer in Palästina, Jugendliche streiken gegen Krieg und Sozialabbau in den imperialistischen Ländern.

Während die Erwachsenen nach und nach die Ideologie der herrschenden Klassen verinnerlichen, sich mit den Ausbeutungsverhältnisse in ihrer Umgebung abfinden, in einem gewissen Grad ein Interesse daran entwickeln, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind, sind junge Leute eher bereit, für eine bessere Welt zu kämpfen.

„Aber ich muss für meine Kinder sorgen“, „Meinen Job darf ich auf keinen Fall verlieren“, „Ändern kann man sowieso nichts“ hört man oft von Erwachsenen. Nachdem sie zum 100. Mal von der Gewerkschaftsführung und den „SozialistInnen“ der SPD und der PDS verraten worden sind, haben sie oft keinen Bock mehr zu kämpfen.

Bei Jugendlichen ist das anders. Sie haben die Niederlagen der älteren Generationen nicht miterlebt. D.h. ihre Gehirne stecken nicht in einem reformistischen Käfig und glauben, dass man nur über die Wahlurnen was ändern kann und die einzige Antwort auf einen Verrat der Führung Resignation ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Jugendlichen von sich aus revolutionär sind, aber sie sind auf jeden Fall viel spontaner und dynamischer.

Unterdrückung

Jugendliche sind auch in der Regel radikaler, weil sie besonderen Formen von Repression ausgesetzt sind. Die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen liegt viel höher als bei Erwachsenen. Mit immer weniger Ausbildungsplätzen, immer teureren Studiengängen, immer schlechteren Schulen usw., sind viele Jugendliche gezwungen, irgendwelche Billigjobs anzunehmen.

Dazu kommt das Patriarchat in der bürgerlichen Familie: „Vater weiß am besten, was gut ist“, „Mutter macht den Haushalt“ usw. Wenn wir Sex haben wollen, spüren wir alle möglichen Einschränkungen unserer sexuellen Freiheit durch das Jugend„schutz“gesetz und die christliche Moral der CDU. Mit den Bullen kann es Stress geben wegen Partys und Drogen. In der Schule nervt uns die Diktatur der LehrerInnen. Das Studium wird immer mehr der Ausbildung nützlicher Fachidioten untergeordnet.

Jugend & Klasse

Man kann also feststellen, dass Jugendliche für revolutionäre Ideen (und revolutionäre Praxis) eher bereit sind als ältere Menschen. Sie können nicht einfach durch ihren Enthusiasmus die Erwachsenen „ersetzen“ – die Arbeiterklasse ist nach wie vor die einzige konsequent revolutionäre Klasse im Kapitalismus. Doch Jugendliche können beispielhafte Aktionen durchführen, die auch Erwachsene inspirieren.

Ein Beispiel also. Am Tag X haben SchülerInnen auf der ganzen Welt gestreikt, um gegen den Krieg zu protestieren – allein in Berlin waren es 80.000. An mindestens zwei Schulen in London ist es den SchülerInnen gelungen, den Betriebsrat der Lehrer zu überzeugen, sich auch offiziell am Streik zu beteiligen. Das war zwar eine kleine Aktion, aber trotzdem einer der wenigen Fälle von Streiks von ArbeiterInnen in den kriegstreibenden Ländern.

Vor allem in der antikapitalistischen Bewegung ist zu sehen, dass Jugendliche die treibende Kraft darstellen. „Alte“, langweilige Intellektuelle wie Susan George oder Lindsey German mögen versuchen, sich selbst zu führenden Köpfen der Bewegung zu ernennen – doch ohne die Hunderttausenden Jugendliche in Europa und weltweit, die mit antikapitalistischen Ideen auf die Straße gehen, würde es diese Bewegung nicht geben.

Ob bei den Anti-G8-Protesten in Genua, beim ersten Europäischen Sozialforum in Florenz oder bei den Anti-EU-Protesten in Barcelona, waren die überwiegende Mehrheit der TeilnehmerInnen – und gerade der aktivistische Teil, der diese Aktionen zu Erfolgen gemacht hat – SchülerInnen, StudentInnen und junge ArbeiterInnen.

Jetzt ist die Zeit gekommen, wo die Jugendliche den nächsten Schritt machen müssen, um die gesamte antikapitalistische Bewegung voranzutreiben: Wir müssen eine internationale Organisation aufbauen, die all unsere Kämpfe vereint.

Die Internationale

Wir werden auf der ganzen Welt systematisch unterdrückt – es ist nur logisch, dass wir uns weltweit zusammen schließen, um gegen diese Unterdrückung zu kämpfen. So bald die Kapitalisten sich entscheiden, einen neuen Krieg zu führen, werden wir es sein, die die Gewehre halten müssen. Also wenn wir überhaupt überleben wollen, müssen wir alle gemeinsam für unsere Interessen kämpfen.

Aber was sind unsere Interessen? Wollen wir, dass die Freiheit der Kapitalisten, uns auszubeuten, eingeschränkt wird? Dass sie uns nur 10 Stunden am Tag ausbeuten dürfen? Dass sie uns für 5 Euro die Stunde ausbeuten? Nein, natürlich nicht! Wir wollen eine Welt, in der niemand andere ausbeutet, in der niemand unterdrückt wird. Aber da der Kapitalismus auf Ausbeutung basiert, ohne Ausbeutung nicht vorstellbar ist, müssen wir den Kapitalismus stürzen.

Leicht ist das natürlich nicht. Die Kapitalisten haben Millionen Soldaten und Millionen Polizisten, Panzer und Bullenwagen, Nuklearraketen und Nervengas, Richter und Gefängnisse. Wenn wir den Imperialismus als Weltsystem stürzen wollen, müssen wir die ArbeiterInnen der Welt in Bewegung setzen. Dazu ist eine internationale Organisation, eine Weltpartei, eine Internationale notwendig. Trotzki hat so eine Organisation als „Generalstab der Revolution“ beschrieben. Genauso wie die Kapitalisten einen Generalstab für ihre Armeen haben, braucht die revolutionäre Klasse einen Generalstab für ihre Kräfte.

Das hört sich vielleicht utopisch an, wie etwas, das noch nie zustande kam? Doch so etwas hat es in der Geschichte schon mindestens drei Mal gegeben...

Liebknechts Internationale

Die erste Jugend-Internationale wurde 1907 vom 36jährigen Revolutionär Karl Liebknecht gegründet. Es war das Jugendbüro der Sozialistischen Internationale und vereinte die Jugendorganisationen aller sozialistischen Parteien – vor allem die, die mit der radikalen antimilitaristischen Agitation Liebknechts übereinstimmten.

Der Kampf gegen den Militarismus stand immer im Vordergrund der Arbeit der Sozialistischen Internationale. In unzähligen Resolutionen warnte sie vor der Gefahr eines Weltkriegs, auf den der Imperialismus durch Aufrüstung und internationale Konkurrenz zwangsläufig hinsteuert. Sie betonte, dass die ArbeiterInnen eines Landes die ArbeiterInnen eines anderen Landes nicht bekämpfen sollten, um die Profitquellen „ihrer“ herrschende Klasse zu sichern. Im Gegenteil: die ArbeiterInnen haben tiefe Gefühle der internationalen Solidarität und streben der Brüderschaft aller Völker im Sozialismus an. Daher sollten alle ArbeiterInnen im Fall eines Krieges „mit allen Kräften ... die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur politischen Aufrüttelung der Volksschichten und zur Beschleunigung des Sturzes der kapitalistischen Klassenherrschaft ausnutzen.“ (Stuttgarter Kongress der Sozialistischen Internationale, 1907)

Doch als am 4. August 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, haben die Rechten und Zentristen in der Internationale ihre internationalistischen Sonntagsreden weggepackt und sich alle Mühe gegeben, um „ihr“ Vaterland im Krieg zu unterstützen. Diese Sozialpatrioten hatten jedes Prinzip des Marxismus aufgegeben – die französischen Sozialpatrioten verteidigten ihr „demokratisches“ Vaterland gegen „den deutschen Militarismus“, die deutschen Sozialpatrioten verteidigten ihr „zivilisiertes“ Vaterland gegen den „russischen Zarismus“. Nur eine kleine revolutionäre Strömung in der Internationale erinnerte sich an Marx' Aussage, dass die Arbeiterklasse gar kein Vaterland hat. Oder, wie Rosa Luxemburg es ausgedrückt hat, die Internationale ist das einzige Vaterland der internationalen Arbeiterklasse.

Wegen dieses Verrats der Führung haben sich Millionen ArbeiterInnen der kriegführenden Ländern gegenseitig abgeschlachtet. Es hat Jahre gedauert, bis revolutionäre MarxistInnen eine neue Führung bilden und die ArbeiterInnen auf den internationalistischen Kurs zurückbringen konnten.

Es lief schon besser bei den Jugendlichen. Das offizielle Jugendbüro war wie die gesamte Internationale entlang nationaler Linien gespalten. Aber die internationalistischen Jugendlichen haben auf Initiative des Schweizer Sozialistischen Jugendbundes schon ein Jahr nach Kriegsausbruch ein europaweites Treffen der sozialistischen Jugendorganisationen organisiert: im April 1915 tagte eine Konferenz in Bern, wo Delegierte aus neun Ländern, die fast 50.000 Jugendliche vertraten, ein neues internationales Jugendbüro gründeten. Es gab die Zeitung „Jugend-Internationale“ mit revolutionären Artikeln von Lenin und Liebknecht heraus und organisierte die ersten internationalen Protestaktionen gegen den Krieg.

Am 3. Oktober 1915 war der erste internationale Protesttag gegen Krieg und Militarismus, organisiert von Jugendlichen – boykottiert von den sozialdemokratischen Führungen.

Die KomJugIntern

1917 stürzte die russische Arbeiterklasse unter Führung der Bolschewistischen Partei um Lenin und Trotzki den Zaren und errichtete einen auf Sowjets (Arbeiterräte) gegründeten Arbeiterstaat. Das war eine riesige Errungenschaft für die internationale Arbeiterklasse! Endlich hatten sie ein ganzes Land – und damit ein Sechstel der Erdoberfläche – unter ihrer Kontrolle.

Die Bolschewiki wollten diese Errungenschaft benutzen, um die Weltrevolution voranzutreiben, denn es war den russischen RevolutionärInnen klar, dass eine Revolution, die sich auf das rückständige und isolierte Russland beschränken würde, zum Scheitern verdammt wäre.

Daher wurde 1919 in Moskau die Kommunistische Internationale (Komintern) gegründet. Diese neue Internationale sollte vom rechten Opportunismus der vorherigen Internationale, der das Weltproletariat blind in den Massenmord des 1. Weltkriegs geführt hatte, frei sein. Deshalb basierte die Komintern auf einem wissenschaftlichen revolutionären Programm. Und sie war keine lose Föderation wie die alte Internationale, wo jede Partei alles machen konnte, was sie wollte. In der Komintern haben alle Sektionen die Politik der Internationale auf den Weltkongressen demokratisch beraten und beschlossen und sie dann auch gemeinsam durchgeführt.

Nach 1917 gründeten sich weltweit in vielen Ländern Kommunistische Parteien; in Deutschland am 1. Januar 1919 unter Leitung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Gleichzeitig wurde von der Komintern die Kommunistische Jugend-Internationale ins Leben gerufen. Die große Mehrheit des alten Jugendbüros ging zur neuen Jugend-Internationale über – zum Beispiel Willi Münzenberg, der ab 1915 Sekretär des neugegründeten Jugendbüros und zugleich erster Sekretär der Kommunistischen Jugend-Internationale war.

Doch sie war nicht wie früher ein unterordnetes Büro in der „Erwachsenen“-Internationale. Lenin und die Bolschewiki legten großen Wert darauf, dass die jungen KommunistInnen ihre eigene Organisation hatten, um selbst Erfahrungen über revolutionäre Theorie und Praxis zu sammeln. Die Kommunistische Jugend-Internationale hatte daher ihre eigenen Kongresse, ihre eigene Führung und ihre eigene Politik.

Stalin vs. Trotzki

Die Kommunistische Jugend-Internationale organisierte junge RevolutionärInnen auf der ganzen Welt und gewann Millionen Mitglieder. Doch was Lenin und Trotzki immer gefürchtet hatten, passierte: revolutionäre Bewegungen in Ungarn (1918/19), Deutschland (1918/19, 1920, 1923), England (1926), China (1926/27) waren gescheitert und der russische Arbeiterstaat blieb somit isoliert. Auf Dauer war es unvermeidlich, dass die russische Revolution degenerieren würde. Stalin, hinter dem eine millionenstarke Kaste von BürokratInnen stand, entmachtete nach und nach die Arbeiterräte, schaffte die innerparteiliche Demokratie ab und schaltete die alten Bolschewiki aus: sie wurden verleumdet, verhaftet, ausgewiesen und ermordet.

Leo Trotzki ist aus der UdSSR ausgewiesen worden. Alte Bolschewiki wie Sinowjew, Kamenjew, Bucharin, Radek und zehntausende mehr sind aus der Partei ausgestoßen und später erschossen worden.

In seinem Kampf gegen die RevolutionärInnen stieß Stalin den größten Widerstand bei der Kommunistischen Jugend. Die Jugendlichen bestanden auf ihrem Internationalismus gegen Stalins reaktionäre Theorie des „Sozialismus in einem Land“ und auf der Demokratie der Komintern gegen Stalins bürokratisch-zentristische Clique. Deshalb haben die Stalinisten eine lügnerische Kampagne gegen „Trotzkismus“ gestartet. Trotzdem hat es Jahre gedauert, bis die Kommunistische Jugend-Internationale zu einem passiven Diener Stalins gemacht werden konnte. Lenin hatte offenkundig Recht, dass die politische Unabhängigkeit der Jugendlichen für die revolutionäre Partei unverzichtbar sei.

Mit der Stalinisierung und der schließlichen Auflösung der Komintern 1943 war die Bewegung für die Weltrevolution natürlich nicht zu Ende. Trotzki und seine AnhängerInnen auf der ganzen Welt gründeten 1938 eine neue, Vierte Internationale, eine neue Weltpartei der sozialistischen Revolution, welche die internationale Arbeiterklasse zum Sieg führen sollte. Dabei spielten Jugendliche, die früher als „Linksabweichler“ aus den kommunistischen Jugendorganisationen von den Stalinisten ausgeschlossen worden waren, eine Schlüsselrolle.

Doch leider sind während der revolutionären Krisen in den 1930ern und im 2. Weltkrieg viele der besten RevolutionärInnen der Vierten Internationale von Stalinisten und Faschisten ermordet worden, einschließlich Trotzki selbst.

Die junge Internationale war zu schwach, hatte zu wenig Verankerung im Proletariat, um eine revolutionär-internationalistische Kraft gegen den imperialistischen Weltkrieg aufzubauen. Nach dem Krieg ist sie zwar wieder aufgebaut worden, doch den Mitgliedern fehlte eine Perspektive und eine Orientierung. Die meisten von ihnen passten sich konterrevolutionären Strömungen wie dem Stalinismus oder der Sozialdemokratie an. Im Ergebnis dieser politischen Fehlentwicklung zersplitterte die Internationale schließlich in hunderte Bruchstücke, die z.T. noch heute existieren.

Vorwärts, GenossInnen!

Als RevolutionärInnen dürfen wir unsere Hoffnung auf eine bessere Welt nie aufgeben. In den letzten Jahren hat sich die Krise des Kapitalismus verschärft. Die Bourgeoisie und ihre PolitikerInnen haben den ArbeiterInnen und den Armen der Welt nur Elend und Misere anzubieten. Die USA und die EU geben Milliarden für Aufrüstung aus – ein deutliches Zeichen, dass die Imperialisten sich längerfristig auf einen neuen Weltkrieg vorbereiten. Wozu würden sie so viele Waffen kaufen, hätten sie nicht vor, sie auch irgendwann zu benutzten?!?

Wir Jugendliche müssen, wie 1915 die jungen Schweizer SozialistInnen, den ersten Schritt machen, um die Weltrevolution voranzutreiben. Wir müssen uns vom Konsum und der Konkurrenz der bürgerlichen Gesellschaft abwenden, um all unsere Kräfte dem Aufbau einer weltweiten revolutionären Organisation zu widmen. Wenn wir das tun, wird das eine Inspiration für das gesamte Weltproletariat sein. Das könnte der Weg sein, auf dem eine neue Weltpartei der sozialistischen Revolution – die Fünfte Internationale – entsteht.

Diese Aufgabe ist riesig – das kann niemand bezweifeln. Doch es ist die einzige Alternative zu einer Zukunft, in der der Imperialismus die Menschheit zerfleischt und den Planeten zerstört. Der Aufbau einer neuen Internationale ist die einzige Möglichkeit, dieses System von Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg, das als „freie Marktwirtschaft“ bekannt ist, endlich von der Bühne der Geschichte hinweg zu fegen!

Im Sinne von Leo Trotzki rufen wir Euch zu:

ArbeiterInnen und revolutionäre Jugendliche aller Länder:
Versammelt euch unter dem Banner der 5. Internationale!
Es ist das Banner eures kommenden Sieges!

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