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100.000 beim Schulstreik!

SchülerInnen in 44 Städten bundesweit gehen auf die Straße

Etwa 100.000 Sch�lerInnen haben am Mittwoch den Unterricht verweigert. In mehr als 40 St�dten wurden Schulen bestreikt - statt Unterricht gab es Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Bildungsmisere. An vielen Orten solidarisierten sich Studierende und LehrerInnen. Der Ausstand richtete sich unter anderem gegen �berf�llte Klassen, LehrerInnenmangel, "Kopfnoten", das "Turboabitur", und gegen Elitebildung im allgemeinen. "Weg mit dem dreigliedrigen Schulsystem" war ebenfalls eine der zentralen Forderungen.

Berichte mit TeilnehmerInnenzahlen treffen noch ein, aber in einem vorl�ufigen �berblick hei�t es: In Braunschweig gingen 10.000 Sch�lerInnen auf die Stra�e, in Hannover 8.500, in Berlin 8.000, in Stuttgart 8.000, in Bremen 7.000, in Hamburg 6.000, in Rostock 5.000, in Kiel 4.500, in Oldenburg 4.000, in L�neburg 5.000, in L�beck 2.000, in Bremerhaven 4.000, in Kassel 3.000, in Frankfurt am Main 3.000, in G�ttingen 2.500, in K�ln 2.000, in M�nchen 2.000, in N�rnberg 2.000, in Gie�en 1.500. Auch in zahlreichen Orten wie Aachen (1.000), Gifhorn (1.500), Bad Hersfeld (250), Freiberg (100) und �ber 20 weiteren St�dten gingen Jugendliche auf die Stra�e. In Potsdam haben 150 Sch�ler eine Spontandemo durch die Innenstadt gemacht, um dann gemeinsam in den Zug zu steigen und nach Berlin zu fahren. In Dresden gab es einen Sch�lerInnenblock auf einer Studierendendemo gegen das s�chsische Hochschulgesetz, an der sich rund 6.000 beteiligt haben.

Die Erwartungen der VeranstalterInnen wurden weit �bertroffen. Aimo Belling vom Kieler Schulstreikkomitee kommentierte: "Das letzte Mal, da� 5000 Leute an einem Wochentag im November in Kiel demonstriert haben, war vermutlich 1918." Weil eint�gige Streiks nicht ausreichen, um den Bildungsabbau der letzten Jahre zu stoppen, kam es im Laufe des Tages immer wieder zu radikaleren Protestformen. In Hannover haben Sch�lerInnen am Mittwoch den Landtag blockiert, und dabei wurden sie von der Polizei brutal angegriffen. In Berlin wurde die Humboldt-Universit�t gest�rmt, Hunderte Jugendliche drangen in den Festsaal und schwenkten rote Fahnen vom Balkon. In Erfurt kam es kurzzeitig zur Besetzung des Schulamts. In Oldenburg wurde am Morgen eine Schule besetzt und alternativer Unterricht angeboten.

40.000 Sch�lerInnen waren bereits im Mai und Juni im ganzen Land auf der Stra�e. Die Bundesregierung versprach daraufhin Verbesserungen. Doch der Bildungsgipfel, den Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit gro�em Trara am 22. Oktober � ohne die Beteiligung von Sch�lerInnen � durchf�hrte, brachte so gut wie keine konkreten Ergebnisse. "Die PolitikerInnen haben wieder einmal �ber die K�pfe von uns Betroffenen hinweg diskutiert, anstatt die Probleme der Sch�ler anzugehen", erkl�rte Niklas Wuchenauer vom Berliner Sch�lerb�ndnis "Bildungsblockaden einrei�en" am Mittwoch. "Wenn sich etwas �ndern soll, m�ssen wir das selbst in die Hand nehmen. Das haben wir heute getan."

Auch die LehrerInnengewerkschaft GEW unterst�tzte die Schulstreiks. Laut GEW waren unter den rund 10.000 Besch�ftigten des bestreikten �ffentlichen Dienstes in Berlin, die sich am Mittwoch auf dem Bebelplatz versammelten, mehr als 1.000 angestellte LehrerInnen. An verschiedenen Schulen hatten LehrerInnen ihre Sch�lerInnen zum Streik mitgenommen, so da� beispielsweise das gesamte Beethoven-Gymnasium in Berlin-Steglitz auf der Stra�e war. Es waren auch LehrerInnen, die Schilder trugen, die die offizielle Imagekampagne der Stadt Berlin verarschten: "Sei Sch�ler. Sei gef�rdert. Sei Privatsch�ler" oder "Sei Lehrer. Sei gutbezahlt. Sei Hamburger." Leider kam es nicht dazu, dass die Demonstrationen der Sch�lerInnen und LehrerInnen aufeinander trafen. Beabsichtigt war, dass die Sch�lerInnendemo am Bebelplatz vorbeiziehen w�rde, w�hrend die Gewerkschaften ihre Abschlusskundgebung abhielten. Doch die Sch�lerInnen gingen viel zu sp�t los und kamen erst am Bebelplatz an, als die GewerkschafterInnen schon weg waren.

Die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke unterst�tzte den Protest. "Die unsoziale und undemokratische Bildungspolitik sollte sich niemand gefallen lassen", erkl�rte deren bildungspolitische Sprecherin Nele Hirsch. F�r die Sch�lerInnen m�sse es "wie ein Schlag ins Gesicht sein", wenn Bund und L�nder mehrere hundert Milliarden Euro f�r die Rettung der Banken bereitstellten, f�r kleinere Klassen, mehr Lehrer und den kostenlosen Zugang zu Bildung jedoch kein Geld da sei. Auch die Linksfraktion im th�ringischen Landtag unterst�tzte die Forderungen der Sch�lerInnen und forderte die CDU-Regierung auf, "sich den Problemen zu stellen, anstatt mit dem Androhen von Abstrafungen den berechtigten Protest der Sch�ler zu unterbinden". �ber ihre ParteigenossInnen im Berliner Senat, die selbst f�r die Bildungsmisere die Verantwortung tragen, sagten die Linkspartei-Funktion�rInnen nichts.

An etlichen Schulen war Streikwilligen mit Tadeln und anderen Disziplinarstrafen gedroht worden. Die hohe Beteiligung � �ber 100.000 Sch�lerInnen bundesweit � zeigt, dass solche Repressionsma�nahmen ihr Ziel verfehlten. In verschiedenen St�dten kam es zu brutalen Polizei�bergriffen auf DemonstrantInnen � unter anderem in Berlin, Hannover und Dresden. Die Abschlusskundgebung des Berliner Schulstreiks vor der HU wurde von der Polizei untersagt, weil sie eine erneute St�rmung des Hauptgeb�udes bef�rchteten. Stattdessen sollten die Sch�lerInnen ihre Demo in der Karl-Liebknecht-Stra�e am Alexanderplatz abschliessen, aber dann erkl�rte die Polizei auch diese Kundgebung f�r aufgel�st, griff die anwesenden Sch�lerInnen an und verhaftete einige. Paul von der Sophie-Scholl-Schule in Berlin-Sch�neberg berichtete, wie PolizistInnen seine Mitsch�lerInnen in Wannen zogen und sie ins Gesicht schlugen. Angesichts dieser Polizeigewalt ist es auch verst�ndlich, warum die Sch�lerInnen sich mit den Streiks von GEW und ver.di in Berlin, jedoch ausdr�cklich nicht mit den Streiks der Bullen in der sog. "Gewerkschaft der Polizei" solidarisiert haben.

Eine Schülerin vom Franz�sischen Gymnasium in Berlin erz�hlte in einem Redebeitrag auf der Auftaktkundgebung von den Erfahrungen der letzten Jahre in Frankreich, wo Sch�lerInnen, Studierende und ArbeiterInnen gemeinsam gegen Bildungs- und Sozialabbau gestreikt haben, und sich damit immer wieder durchsetzen konnten. Auf den Demonstrationen wurde immer wieder die Forderung nach einer gemeinsamen Bewegung von Sch�lerInnen und ArbeiterInnen gegen die Bildungsmisere erhoben. Bei diesem Streik wurde eine riesige Chance vertan, um eine gemeinsame Demonstration von Sch�lerInnen und LehrerInnen hinzubekommen. Aber der Schulterschluss mit der ArbeiterInnenbewegung muss weiterhin ein Ziel der Bildungsproteste sein.

//von Wladek Flakin, Revo Berlin //13.10.08 //Original auf Indymedia
//Bilder von Paul, Sophie-Scholl-Schule, und Stefan, RSO und Revo Berlin

 

Redebeitrag von Revo in Berlin und Kiel

Flyer von Revo zum Schulstreik

Alle Infos über Bildungsproteste

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